19.12.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 77 / Tagesordnungspunkt 22

Peter SteinCDU/CSU - Regierungserklärung zur UN-Klimakonferenz

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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie soll man die Ergebnisse der 20. Klimakonferenz in Lima bewerten? Ich glaube, wer auf einen klar umrissenen Entwurf für ein weltweites Klimaabkommen mit konkreten Zielen und Zusagen gehofft hatte, wurde enttäuscht. Aber war das wirklich zu erwarten? Aber auch ein völliges Scheitern der Konferenz, wie es bei solchen Konferenzen immer droht, ist nicht eingetreten. Man hat sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner geeinigt. Das Gesicht des peruanischen Umweltministers zeigte deutlich die Spuren der Anstrengungen, die alleine dazu nötig waren.

Der Klimaprozess geht weiter. Das Abschlussdokument hält uns als Weltgemeinschaft den Weg frei, um im nächsten Jahr in Paris zu einer besseren Einigung zu kommen. Wir in Deutschland sind mit unseren sehr ambitionierten Klimazielen sehr gut aufgestellt und wollen Vorreiter und Vorbild bleiben. Das ist kein leichter Weg; aber wir stehen unerschütterlich zu diesen Zielen – und das quer durch alle Ministerien und Fraktionen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es ist dringend notwendig, dass es solche selbst auferlegten Ziele gibt. Ich fordere hier andere Staaten auf, im nächsten Jahr ebenso verbindliche Ziele zu benennen. Wir gestehen dabei selbstverständlich jedem Land das Recht auf eine eigene Entwicklung zu. Dazu haben wir ja unsere Konzepte und Projekte in der Entwicklungszusammenarbeit. Schon alleine deshalb wäre es als paradox zu bezeichnen, wenn wir bei unserer Hilfe und Unterstützung die dafür erforderliche Entwicklungsfreiheit in den Zielländern und deren staatliche Souveränität missachten würden.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Diese sind Grundvoraussetzungen des gemeinsamen Arbeitens und des gegenseitigen Vertrauens. Verantwortung bedeutet, dass wir aus dem Handeln der Vergangenheit lernen und anderen Ländern bessere Lösungen anbieten, als sie uns selber noch vor Jahren zur Verfügung standen.

Deutschland steht zu seiner Industriegeschichte. Unsere Art und Weise der industriellen Entwicklung über einen Zeitraum von 150 Jahren und der damit einhergehende Ressourcenverbrauch darf und muss heute nicht in gleicher Weise wiederholt werden. Mein Eindruck ist, dass ein Umdenken eingesetzt hat und dies in Lima vielen Ländern bewusst geworden ist, auch wenn man sich noch nicht auf einen verbindlichen Entwurf für Reduktionsziele einigen konnte. Das kann jedoch auch motivierend wirken, weil alle spätestens in Paris Farbe bekennen müssen. Es ist gut, dass der Druck geblieben ist und dieser nicht durch einen Entwurf mit zu niedrig angesetzten Zielvorgaben wegverhandelt wurde. Das Ergebnis von Lima ist nämlich auch, dass das 2-Grad-Ziel von keinem Teilnehmer mehr infrage gestellt wird.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Aufgabe unserer Entwicklungspolitik ist es, die Folgen des Klimawandels wahrzunehmen und darauf zu reagieren. Die Menschen und Kommunen des Südens haben meistens keine Möglichkeit, die Anpassungskosten zu bezahlen und auf Katastrophen rechtzeitig reagieren zu können. Den Entwicklungsländern wurde daher in Lima zugesichert, dass die Anpassungskosten und der Umgang mit Schäden und Verlusten durch den Klimawandel eine wichtige Rolle im Post-2015-Prozess spielen werden. Es ist daher zu begrüßen, dass die starre Aufteilung in Industrie- und Entwicklungsländer im Abschlussdokument zumindest im Ansatz neu organisiert wurde.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Was die Schwellenländer betrifft, ist ein differenzierter Blick angebracht. Es ist aus meiner Sicht nicht wirklich schlüssig, dass ein Land wie China darauf besteht, klimatechnisch immer noch als Entwicklungsland zu gelten. Ich denke, zu einem weltweiten Einflussstreben gehört auch, globale Verantwortung zu übernehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Bärbel Kofler [SPD])

China hat im Vorfeld der Konferenz freiwillige Klimazusagen gemacht und will den Anteil der erneuerbaren Energien steigern. Nichtsdestotrotz ist gerade China eines der Länder, die bis Paris dringend liefern müssen. Das werden wir auch einfordern, wenn China weiterhin globaler Partner bleiben will.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Was müssen wir also tun? Zunächst einmal müssen wir alle eine Grundverantwortung übernehmen. Das ist in Lima mit dem Abschlussdokument erneut geschehen. Dann muss ein Weg gefunden werden, wie Kosten gerecht verteilt und Entwicklungskorridore eingerichtet werden können. Wichtig ist, nicht unsere Art der Entwicklung in der Vergangenheit technisch zu wiederholen, sondern es anders, zeitgemäß und besser zu machen und den nötigen wirtschaftlichen Aufschwung nicht auf alte Verfahren, sondern auf neue, nachhaltige Technologien zu stützen. Im Rahmen der deutschen Entwicklungszusammenarbeit engagieren wir uns hier bereits sehr stark bei konkreten Klimaprojekten und wollen dies auch weiterhin tun. Seit 2013 haben wir dafür knapp 2 Milliarden Euro bereitgestellt. Fast 90 Prozent davon kamen aus dem Etat des BMZ.

Schließlich haben wir auch Alternativen zu betrachten, zum Beispiel die Verlagerung der Klimapolitik von der internationalen auf die nationale oder lokale Ebene. Städte und Regionen machen heute schon selbstständig Fortschritte in der Klimapolitik, und das wollen wir unterstützen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Ein Beispiel sind für mich die großen Städte – da gibt es die sogenannte C40-Initiative –, die bereits gemeinsame Strategien erarbeiten, wie Treibhausgase im urbanen Raum eingespart werden können. Sie warten dabei nicht auf nationale Vorgaben ihrer Heimatstaaten. Das ist ein wichtiger Schritt, denke ich; denn bis zu 80 Prozent der Emissionen finden in urbanen Räumen statt. Auch das muss in Paris stärker herausgehoben werden.

Wir müssen uns stets gewiss sein, dass ohne klare Ergebnisse beim Klimaschutz gewaltsame Konflikte und der Kampf um Ressourcen ständige Begleiter unseres Nichthandelns sein werden. Die Klimaverhandlungen haben daher auch – das möchte ich unterstreichen; es ist bereits angeklungen – friedens- und sozialpolitisch ganz enorme Bedeutung.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Einhergehend mit der Bevölkerungsentwicklung ist das 2-Grad-Ziel die vielleicht größte Herausforderung der Menschheitsgeschichte. Die werden wir nur gemeinsam bestehen können. Auf dem Weg wünsche ich uns und unserer Bundesregierung alles erdenklich Gute.

Viele schöne Tage, vor allem schöne Feiertage und guten Rutsch!

Danke, dass Sie mir zugehört haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Ich erteile das Wort der Kollegin Bärbel Kofler für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4295062
Wahlperiode 18
Sitzung 77
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung zur UN-Klimakonferenz
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