19.12.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 77 / Tagesordnungspunkt 24

Markus TresselDIE GRÜNEN - Regionale Wirtschaftspolitik

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie wir sehen konnten, erinnern wir alle an dieser Stelle gerne an unseren grundgesetzlichen Auftrag, gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Landesteilen herzustellen. Wir sind der festen Überzeugung: Gleichwertige Lebensverhältnisse herzustellen, bedeutet vor allem, gleiche Startchancen für alle, auch unabhängig von der Herkunftsregion, zu schaffen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wollen Teilhabe an der Arbeitswelt, an der Bildung, an der Gesellschaft, an der Politik und nicht zuletzt auch an der Digitalisierung ermöglichen. Dafür müssen wir gerade im ländlichen Raum Jobs erhalten. Genauso müssen wir aber auch die regionale Infrastruktur stärken; denn weiche Standortfaktoren – auch das ist hier angesprochen worden – entscheiden letztendlich darüber, ob Fachkräfte vor Ort bleiben, ob sie die Region für lebenswert halten.

Ein integrierter Politikansatz, also die Betrachtung einer Region gleichzeitig als Lebens-, Arbeits-, Erholungs- und Naturraum, ist unser Auftrag für eine nachhaltige Regionalentwicklung, und das haben Sie in Ihrem Antrag ja auch aufgeschrieben.

Wissen Sie aber, wie viel GRW-Bundesmittel in die integrierte Entwicklung geflossen sind? Wir haben das einmal abgefragt: Es waren ganze 50 000 Euro. Das ist eindeutig zu wenig. Es ist hier angesprochen worden: Die GRW ist gut, aber sie muss hier weiterentwickelt werden, um als Grundlage für die Förderperiode nach 2020 zu dienen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Thomas Jurk [SPD]: Da müssen Sie die Länder fragen!)

Eine Frage, über die wir streiten werden, lautet: Wie entwickeln wir sie weiter?

Herr Kollege Metzler, Sie haben es angesprochen: Natürlich müssen wir auch über neue Indikatoren für die Strukturschwäche sprechen, die über den Arbeitsmarkt hinausgehen. Ich denke zum Beispiel an den demografischen Wandel. In Schrumpfungsregionen greift der Fokus auf Wachstum und Beschäftigung heute meines Erachtens viel zu kurz.

In diesem Zusammenhang würde ich mir zunächst einmal eine umfassende Evaluation der GRW wünschen, nicht nur bezogen auf die geschaffenen Arbeitsplätze, sondern zum Beispiel auch auf den Mittelabfluss in finanzstärkere und finanzschwächere Regionen und den langfristigen Nutzen der Investitionen in wirtschaftsnahe Infrastruktur.

(Andrea Wicklein [SPD]: Das wird doch gemacht!)

Das hat es meines Wissens bisher nicht gegeben.

(Andrea Wicklein [SPD]: Doch! Doch! – Thomas Jurk [SPD]: Laufend!)

Betrachten wir das Beispiel Breitbandversorgung: Das ist entscheidend für die Zukunftsfähigkeit unserer Regionen. Das Projekt Industrie 4.0 – das wissen wir alle; wir alle sprechen davon – bietet Entwicklungschancen für den Mittelstand im ländlichen Raum. Kurzum: Breitbandausbau ist Wirtschaftsförderung.

Wenn man über den ländlichen Raum spricht, darf man nicht vergessen, dass schnelles Internet auch Lücken überbrückt: bei der Nahversorgung, bei der Mobilität, bei der ärztlichen Versorgung, da, wo die Infrastruktur ausdünnt. Wenn wir uns anschauen, wie viel GRW-Bundesmittel in den Breitbandausbau geflossen sind, dann sehen wir: Das waren klägliche 400 000 Euro.

Sie fordern in Ihrem Antrag jetzt einen neuen Förderschwerpunkt. Ich muss an dieser Stelle deutlich sagen: Die GRW kann hier helfen, aber sie ersetzt eben kein Bundesprogramm für den Breitbandausbau. Hier brauchen wir deutlich mehr, nämlich auch eine angemessene Finanzierung seitens des Bundes.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Thomas Lutze [DIE LINKE])

Wenn man sich die GRW anschaut, dann muss man auch sagen: Ziel der Förderung muss ganz eindeutig der Mittelstand sein. Das muss sich auch im Mittelabfluss widerspiegeln. Auch das hatten wir bei der Bundesregierung abgefragt. Der Mittelstand wirkt für die Region und setzt auf regionale Belieferungs- und Vermarktungsstrukturen. Wir Grüne wollen zum Beispiel auch ein Bundesprogramm Regionalvermarktung, um hier deutlich mehr zu stärken.

Das heißt, wir wollen regionale, nachhaltige Strukturen fördern und in Köpfe und Netzwerke investieren. Das ist der Ort der Innovation. Es gilt, die Potenziale der ländlichen Räume zu erschließen, eine junge Start-up-Kultur zu ermöglichen und Synergien zu nutzen statt regional gegeneinanderzuarbeiten.

Regionale Wirtschaftsförderung, liebe Kolleginnen und Kollegen, richtig gemacht, ist wichtiger denn je. Voraussetzung dafür ist eine öffentliche Debatte über die Ziele, die die Akteure aus der Zivilgesellschaft bewusst einschließt und auch mitnimmt.

Wirtschaftsförderung muss die Energiewende flankieren, weil zum Beispiel die Lausitz Strukturen und Arbeitsplätze für die Zeit nach der Kohle braucht. Sie muss aktiven Klimaschutz durch kurze Wege unterstützen, wie Sie ja selbst in Ihrem Klimaschutzaktionsprogramm festgestellt haben. Schließlich muss sie die Agrarwende hin zur bäuerlich-ökologischen Landwirtschaft begleiten, die nachgelagerte regionale Verarbeitungsstrukturen braucht.

Hierzu kann die GRW einen großen Beitrag leisten; denn ihr Ansatz ist richtig. Die Antworten auf diese globalen Fragen liegen in regionalen Lösungen. Da müssen wir anpacken. Das müssen wir angehen, um das zu gewährleisten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Als letzter Redner in dieser Debatte hat Karl Holmeier von der CDU/CSU das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4296779
Wahlperiode 18
Sitzung 77
Tagesordnungspunkt Regionale Wirtschaftspolitik
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