19.12.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 77 / Tagesordnungspunkt 26

Kees de VriesCDU/CSU - Gentechnik-Anbauverbot

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute über den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Nun bin ich auch schon in Weihnachtsstimmung und deshalb ein bisschen milder gestimmt.

(Heiterkeit bei der CDU/CSU)

Trotzdem: Diesen Antrag braucht keiner. Er ist vollkommen überflüssig, es sei denn, man braucht wieder einmal eine Bühne.

(Beifall bei der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was?)

Zum Ergebnis des informellen Trilogs vom 3. und 4. Dezember zur Änderung der Freisetzungsrichtlinie ist festzustellen, dass die Mitgliedstaaten den Anbau von in der EU zugelassenen GVO-Pflanzen in ihrem Hoheitsgebiet beschränken oder verbieten können. An dieser Stelle sollte man folgende Festlegungen noch einmal nennen: Erstens. Es gilt der Verzicht auf die obligatorische Verbindung der Phasen 1 und 2. Das heißt, dass das begründete Verbot direkt oder zu einem späteren Zeitpunkt möglich ist.

Zweitens. Die Mitgliedstaaten, die GVO-Pflanzen anbauen, werden verpflichtet, Koexistenzbestimmungen gegenüber Mitgliedstaaten, die nicht GVO-Pflanzen anbauen, in Grenzgebieten zu erlassen.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wollte die Bundesregierung nicht!)

Drittens. Darüber hinaus werden die Opt-out-Möglichkeiten auf Gruppen von zugelassenen GVO erweitert.

Mit den eben genannten Punkten wurden die zentralen Forderungen des Bundestagsbeschlusses aus dem Mai dieses Jahres auf den Weg gebracht. Die Bundesregierung hat dann konsequenterweise im Rat dem im Trilog gefundenen Kompromiss zugestimmt. Damit haben wir unser Versprechen, die Sorgen und Vorbehalte der Bevölkerung im Zusammenhang mit dem Anbau von genetisch veränderten Organismen ernst zu nehmen und in unserem Handeln zu berücksichtigen, erfüllt.

(Beifall bei der CDU/CSU – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber widerwillig!)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, in Ihrem Antrag fordern Sie nun, bei der Umsetzung der Änderung der Freisetzungsrichtlinie in nationales Recht gesetzlich zu verankern, dass entsprechende Anbauverbote immer bundeseinheitlich zu verhängen sind. Dem kann man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht zustimmen, weil es einfach nicht klar ist, ob ein solches Gesetz juristisch sicher ist.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Frage ist, ob man es will oder nicht! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wollen Sie das denn?)

Die in Ihrem Antrag daraus resultierende Forderung – ich zitiere –, „das so geänderte Recht anzuwenden, um den kommerziellen Anbau aller zugelassenen und zur Zulassung anstehenden gentechnisch veränderten Pflanzen in Deutschland zu untersagen“, würde bedeuten, dass wir bis in alle Ewigkeit möglichen neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen per Gesetz eine Absage erteilen.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)

Ich denke nicht, dass das im Interesse der Menschen in unserem Land ist.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ihre Aufforderung an die Bundesregierung, bei der Abstimmung über die EU-Anbauzulassungen von GVO, deren Anbau in Deutschland untersagt werden soll, mit einer Ablehnung zu votieren, weise ich entschieden zurück.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Im Mai dieses Jahres hat sich der Deutsche Bundestag deutlich für das Selbstbestimmungsrecht der EU-Mitgliedstaaten ausgesprochen. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Herr Kollege, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ebner zu?

Natürlich.

Herr Ebner.

Lieber Kollege, welche wissenschaftlichen Erkenntnisse, die noch kommen könnten, versprichst du dir, lieber Kees, in der Zukunft? Wir hören immer von Wunderpflanzen, die eines Tages kommen könnten. Aber in einer Ausgabe des Fachmagazins Nature von diesem Jahr wurde festgestellt, dass klassische Züchtungsansätze bislang deutlich erfolgreicher als gentechnische Ansätze sind.

Es gibt das Beispiel der Entwicklung von trockenheitstoleranten Sorten in parallelen Programmen. Ein und dasselbe Institut entwickelte gentechnisch veränderte und konventionell gezüchtete Pflanzen. Mit der konventionellen Züchtung wurden schon über 20 trockenheitstolerante Sorten entwickelt, bei der Gentechnik ist noch gar nichts herausgekommen.

Ich hätte gerne gehört, was da noch kommen soll. In den Niederlanden hatten Züchter ganz konventionell Kartoffeln gezüchtet, die 15 Prozent Meeresanteil im Beregnungswasser ertragen. Das sind Fortschritte, die zeigen, dass wir die Gentechnik nicht brauchen. Deshalb würde mich schon interessieren, welche wissenschaftlichen Erkenntnisse denn da noch kommen sollen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)

Lieber Kollege Ebner, ich glaube, einigermaßen beurteilen zu können, was bis jetzt gelaufen ist. Ich habe nur ein Problem: Ich kann nicht in die Zukunft schauen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deshalb will ich mir die mögliche Chance nicht verbieten lassen.

(Stefan Liebich [DIE LINKE]: Das überzeugt uns nicht! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Das ist doch eine klare Ansage! Gentechnische Zwangsbeglückung! Anders kann man das nicht nennen!)

Wer in die Zukunft schauen kann, kann mir gerne sagen, was ich machen soll.

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Manche Dinge sind absehbar! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das heißt, Sie wollen das zulassen!)

Bereits im Rahmen der Debatte im Mai habe ich betont, dass Transparenz und Wahlfreiheit für den Verbraucher für mich die wichtigsten Punkte sind. Aus diesem Grunde fordere ich nach wie vor eine praktikable und lückenlose Produktkennzeichnung mit dem so einfachen wie deutlichen Satz: Mithilfe von Gentechnik produziert. – Nur so können wir unbegründete Ängste abbauen und zu einer absolut notwendigen Sachlichkeit in der Diskussion zurückkommen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich stelle fest: Der vorliegende Antrag führt nicht dazu und ist deshalb abzulehnen.

Lassen Sie mich zum Schluss trotzdem jedem eine frohe und gesegnete Weihnacht wünschen. Guten Rutsch! Ich hoffe, dass wir nächstes Jahr weiterkämpfen.

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Als nächste Rednerin spricht Dr. Kirsten Tackmann von der Linken.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4296841
Wahlperiode 18
Sitzung 77
Tagesordnungspunkt Gentechnik-Anbauverbot
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