19.12.2014 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 77 / Tagesordnungspunkt 26

Kirsten TackmannDIE LINKE - Gentechnik-Anbauverbot

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Bevor wir in hoffentlich friedliche Weihnachten entschwinden können, geht es noch einmal um Agrogentechnik. Bei diesem Thema ging es bis vor kurzem wenig friedlich zu. Ich finde, es ist unterdessen zu einem Lehrstück einer lebendigen parlamentarischen Demokratie geworden. Die Mehrheitsverhältnisse sind mittlerweile nämlich ziemlich klar: Die übergroße Mehrheit der Menschen um uns herum will keine gentechnisch veränderten Pflanzen, und zwar weder auf dem Teller noch auf dem Acker noch im Trog oder im Tank.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Im Bundestag reicht rein rechnerisch schon die Mehrheit von Rot-Rot-Grün, um jede Abstimmung, auch über den Antrag der Grünen, zu gewinnen. Hinzu kämen die blau-weißen Stimmen der CSU. Wir haben hier also eine satte Mehrheit, und das ist unser gemeinsamer Erfolg.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nur die CDU bleibt wacker an der Seite der Saatgutkonzerne, zumindest mehrheitlich; denn, wie man so hört, bröckelt auch diese Bastion. Selbst im bisher gentechnisch freundlichen Spanien wurde 2014 weniger GVO-Mais angebaut als in den Vorjahren. Der Widerstand wächst also, und das ist auch gut so.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber wir haben mit den Saatgutkonzernen natürlich mächtige Gegner. Deshalb möchte ich all jenen danken, die engagiert und mutig aufklären über die Folgen dieser Risikotechnologie und auch darüber, wer von dieser Technologie wirklich profitiert. Denn uns Linken geht es um einen Grundsatz: Wir wollen nicht, dass Saatgutkonzerne darüber entscheiden, was auf unseren Tellern landet.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Elvira Drobinski-Weiß [SPD])

Dabei geht es um hohe Profite, und die werden mit allen Mitteln verteidigt. Im Film Gekaufte Wahrheit von Bertram Verhaag wird gezeigt, wie kritische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verleumdet, diffamiert und eingeschüchtert werden. Gerade weil ich selbst Wissenschaftlerin bin, finde ich das unerträglich. Das können wir so nicht hinnehmen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dagegen hilft eben nur eine kluge Bündnispolitik. Bei der Agrogentechnik zeigen wir, was eigentlich möglich ist, wenn Naturschutz, christliche Ethik und linke Systemkritik mal zusammenhalten.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der LINKEN, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Der Antrag der Grünen hat mich in seiner Milde allerdings überrascht. Vielleicht liegt es ja an Weihnachten. Eure Forderungen teilen wir natürlich: Anbauverbote müssen in allen Bundesländern gelten. Die Bundesregierung muss natürlich dafür sorgen, dass riskante Pflanzen nicht zugelassen werden. Aber das sind alles nur Notlösungen; so haben es die Grünen selbst bezeichnet.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir konzentrieren uns auf das Wesentliche!)

Wir als Linke wollen eben, dass riskante Pflanzen nicht zugelassen werden; denn dann müssen sie hinterher auch nicht verboten werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Was erwarten Verbraucherinnen und Verbraucher, wenn gentechnisch veränderte Pflanzen zugelassen werden? Sie erwarten zum Beispiel, dass es keine Risiken für Mensch und Tier, für Natur und Umwelt gibt, dass ethische Bedenken ausgeräumt wurden, dass es keine Nachteile für diejenigen Betriebe gibt, die keine gentechnisch veränderten Pflanzen anbauen, verarbeiten oder verfüttern, und dass auch den Imkern dadurch kein Risiko entsteht. In der EU gilt schließlich das Vorsorgeprinzip, und das ist auch richtig.

Aber genau diese Forderungen erfüllt das Zulassungsverfahren gar nicht. Das sagen nicht nur wir, sondern auch das Europäische Parlament. Zum Beispiel fehlen unabhängige Untersuchungen, zum Beispiel fehlen Langzeituntersuchungen zu Schäden an Umwelt und für Tiergesundheit, und es fehlen Untersuchungen zu sogenannten Kollateralschäden bei Nichtzielorganismen. Diese Lücken müssen jetzt endlich geschlossen werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Um das Problem zu verdeutlichen: Zu Recht wird kritisiert, dass bei Nutztieren zu viele Antibiotika eingesetzt werden. Gleichzeitig werden aber gentechnisch veränderte Pflanzen zugelassen, die ständig Insektengift produzieren, und das mit dem gleichen Risiko von Resistenzen. Das ist so, als würde man Weihnachtsgänse gentechnisch so manipulieren, dass sie ständig Antibiotika produzieren. Also, mir vergeht da der Appetit.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Deshalb bleibt die Linke dabei: Wir fordern ein Zulassungsverfahren, das die Gesellschaft vor riskanten Pflanzen schützt und nicht die Profite von Saatgutkonzernen. Weil wir nicht an den Weihnachtsmann glauben, werden wir im neuen Jahr weiter darum kämpfen. Da Weihnachten eine Zeit der Besinnlichkeit ist, wünsche ich uns allen, dass wir diese Zeit gut nutzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Als nächste Rednerin spricht Elvira Drobinski-Weiß von der SPD.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4296842
Wahlperiode 18
Sitzung 77
Tagesordnungspunkt Gentechnik-Anbauverbot
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