15.01.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 79 / Tagesordnungspunkt 4 + ZP 3

Helga Kühn-MengelSPD - Gesunde Ernährung

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! „ Essen hält Leib und Seele zusammen“, sagt ein Sprichwort und betont damit auch seine Bedeutung für Kommunikation und Miteinander. Aber gesunde Ernährung beeinflusst, wie wir wissen, nicht nur das Wohlbefinden, sondern ist auch Grundlage für körperliche Gesundheit. Für immer mehr Menschen entwickelt sich die Ernährungssituation zum Risikobereich. Über die Hälfte der Erwachsenen und etwa 15 Prozent der 3- bis 17-Jährigen sind übergewichtig, ein Viertel der Erwachsenen und 6 Prozent der Kinder und Jugendlichen deutlich adipös. Die Folgeerkrankungen sind bekannt. Die Bedeutung der nicht übertragbaren Erkrankungen, der non-communicable diseases, wird von der WHO deutlich herausgestellt.

In Europa verursachen diese chronischen Erkrankungen bereits 86 Prozent der vorzeitigen Todesfälle und 77 Prozent der Krankheitslast; das wurde jetzt noch einmal von der Deutschen Allianz gegen Nichtübertragbare Krankheiten herausgestellt. Es geht hier nicht nur um Leben und Lebensqualität, sondern eben auch um Folgekosten. Wir haben in Deutschland viele Projekte, die darauf abzielen, das Verhalten der Einzelnen zu beeinflussen und zu verändern; aber Appelle an Einsicht und Vernunft sind nicht sehr erfolgreich, sind nicht langfristig, sind nicht flächendeckend erfolgreich. Vor allem erreichen sie in zu geringem Maße diejenigen Bevölkerungsgruppen, die keinen hohen Bildungsstand haben und nur über ein geringes Haushaltseinkommen verfügen. Gerade diese Gruppen sind jedoch besonders belastet. Schon die erste bundesweite und europaweit größte Untersuchung zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, 2002 in Auftrag gegeben und in den Folgejahren durchgeführt, gab eindeutige Hinweise darauf, dass Adipositas, Merkmale von Essstörungen, Bewegungsmangel, Tabakkonsum, Alkoholkonsum verstärkt bei Kindern und Jugendlichen aus sozial belasteten Verhältnissen festzustellen sind, und eine Folgeuntersuchung, KiGGS Welle 1 von Dezember 2013, bestätigte die Tendenzen: Menschen aus dem untersten Fünftel der Einkommens- und Vermögensverteilung haben, wie Professor Rosenbrock feststellt, in jedem Lebensalter ein ungefähr doppelt so hohes Risiko, zu erkranken.

Wie erreichen wir die Menschen besser? Wir haben im Präventionsparagrafen im SGB V schon vor Jahren einen wichtigen Halbsatz eingeführt: dass Prävention das Ziel haben muss, die Ungleichheit von Gesundheitschancen zu vermindern. Deswegen: Es geht nicht nur um Verhaltensprävention, sondern auch um Verhältnisprävention, darum, Rahmenbedingungen so zu verändern, dass gesundes Leben von Anfang an gefördert wird.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Nur ein solches Vorgehen erreicht alle Schichten, vor allem diejenigen, die in besonderem Maße belastet sind. Deswegen ist es richtig, dass im jetzt vorliegenden Entwurf des Präventionsgesetzes ein ganz besonderer Schwerpunkt – einer von acht – gesetzt wird bei der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Ein weiterer Schwerpunkt wird bei der Stärkung des Settingansatzes gesetzt, also bei der Arbeit in den Lebenswelten der Kinder. Über die Lebenswelten erreicht man alle: im Betrieb, im Wohnheim, im Heim, in der Pflege, im Quartier. Nur ein Beispiel: Wenn wir den Kindergartenalltag umstrukturieren, wenn gemeinsam ein gesundes, nahrhaftes Frühstück zusammengestellt und eingenommen wird, wenn naturnahe Erlebnisse, gemeinsames Einkaufen und Zubereiten eines gesunden Essens, partizipatives Gestalten gelernt und die Erkenntnisse dann auch noch nach Hause getragen werden, haben wir ein wichtiges Ziel erreicht. Kinder nehmen solche Angebote mit großer Offenheit und auch gern an. Kochen erfüllt eine Vielzahl von Bedürfnissen; das wurde jetzt auch auf einem Workshop der Bayerischen Landesarbeitsgemeinschaft Zahngesundheit in Wildbad Kreuth festgestellt – manchmal kommt auch Gutes von dort.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Kinder, so die Studie, fanden es toll, zu kochen, weil sie dann gemeinsam etwas mit den Eltern machen, weil sie zeigen können, was sie gelernt haben, weil sie es spannend finden – wörtlich –, wie aus einfachen Dingen ein richtiges Essen wird.

Also kann man doch sagen, dass wir auch im Zeitalter der fortschreitenden Digitalisierung offenbar eine gute Chance haben, auch auf eine eher klassische Art und Weise zur Förderung der Gesundheit beizutragen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Als Nächster spricht der Kollege Alois Gerig für die CDU/CSU.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4435235
Wahlperiode 18
Sitzung 79
Tagesordnungspunkt Gesunde Ernährung
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