Axel FischerCDU/CSU - Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Beim Lesen des Antrags „Bundesverantwortung wahrnehmen“ der Linken habe ich mich zweimal vergewissern müssen, welches Datum dieser Antrag trägt, und zwar mit Blick auf die Finanzsituation der Kommunen. Ihre Darstellung allgemein verarmter und weiter darbender Kommunen wäre vielleicht 2009 in Zeiten der grassierenden Finanzkrise mit hoher Arbeitslosigkeit angemessen gewesen. Heute ist sie es sicher nicht mehr; denn schon die christlich-liberale Bundesregierung war sich der prekären Lage der Kommunen im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise 2009 bewusst und hat schnell und umfassend Abhilfe geleistet. Die Große Koalition knüpft mit ihrer konsequenten kommunalen Finanzentlastung heute nahtlos an. So können Länder und Kommunen heute auf Basis der größten Kommunalentlastung in der Geschichte durch den Bund handeln.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, das ist verantwortungsvolle Politik, die SPD, CDU und CSU hier gemeinsam zum Wohle der Kommunen und der Menschen leisten. Dazu gehören – ich zähle sie jetzt auf, weil Sie gemeint haben, das sei nur ein Tropfen auf den heißen Stein – zum Beispiel folgende Maßnahmen:
Kinderbetreuung: Für den Ausbau der Kinderbetreuung für unter Dreijährige und die Beteiligung an der Finanzierung der Betriebskosten hatte der Bund bereits insgesamt 4 Milliarden Euro in den Jahren 2009 bis 2013 und ab 2014 jährlich 770 Millionen Euro bereitgestellt. Im Zusammenhang mit der Ratifizierung des Fiskalvertrages hat der Bund zusätzlich für Investitionen 580,5 Millionen Euro und für Betriebskosten 2013 18,75 Millionen Euro, 2014 37,5 Millionen Euro und ab 2015 jährlich 75 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.
Kosten der Unterkunft und Heizung, Grundsicherung für Arbeitsuchende: Hier fordern Sie eine schrittweise Übernahme der Kosten durch den Bund. Fakt ist: Der Bund trägt bereits heute etwa ein Drittel dieser Kosten. In der vergangenen Legislaturperiode wurden die Kommunen durch eine höhere Bundesbeteiligung in den Jahren 2011 bis 2017 um etwa 9 Milliarden Euro entlastet. Ab diesem Jahr werden die Kommunen darüber hinaus mit 1 Milliarde Euro pro Jahr zusätzlich unterstützt. Das erfolgt in den Jahren 2015 bis 2017 hälftig durch einen höheren Bundesanteil an den Kosten der Unterkunft und Heizung und hälftig durch einen höheren Gemeindeanteil an der Umsatzsteuer.
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung: Die Verständigung im Jahr 2011 und die schrittweise erfolgende Erhöhung der Erstattung der Nettoausgaben der Kommunen verursacht Entlastungen im Zeitraum von 2012 bis 2017 von weit über 20 Milliarden Euro.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zur weiteren Entlastung der Kommunen hat der Bund 2012 zugesagt, jeweils die aktuellen Nettoausgaben des laufenden Kalenderjahres zu erstatten. Für 2014 erstattet der Bund nunmehr knapp 5,5 Milliarden Euro und übernimmt auch in den Folgejahren die Nettoausgaben vollständig.
Steuern: vollständige Entlastung der Länder und Gemeinden von Steuermindereinnahmen im Rahmen des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 in Höhe von rund 2 Milliarden Euro bis 2017.
Entflechtungsmittel: Die Entflechtungsmittel werden in den Jahren ab 2014 bis zu ihrem Auslaufen im Jahr 2019 in unveränderter Höhe von jährlich 2,6 Milliarden Euro weitergezahlt.
Bildung: Trotz Zuständigkeit der Länder beteiligt sich der Bund mit circa 13,5 Milliarden Euro von 2010 bis 2017 am Hochschulpakt. Zudem regelt der Koalitionsvertrag, dass die Kommunen darüber hinaus im Rahmen der Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes im Umfang von 5 Milliarden Euro jährlich von der Eingliederungshilfe entlastet werden sollen. Im geltenden Finanzplan ist diese Entlastung bereits vorgemerkt. Der gesetzlichen Umsetzung steht somit nichts mehr im Wege; sie kann rechtzeitig erfolgen.
Meine Damen und Herren, Sie sehen: Es kommt nicht von ungefähr, dass Städte und Gemeinden bereits in den letzten Jahren Überschüsse ausgewiesen haben. Das heißt, sie haben insgesamt mehr Geld eingenommen, als sie ausgegeben haben, und das trotz steigender Ausgaben für soziale Leistungen. Allein im ersten Halbjahr des vergangenen Jahres haben die Kommunen Rekordüberschüsse in Höhe von mehr als 5,3 Milliarden Euro ausgewiesen – wohlgemerkt in einem halben Jahr. Mit diesen Überschüssen sind auch viele finanzschwächere Kommunen wieder in der Lage, langfristig zu planen und notwendige Investitionen zu tätigen.
Die Sachinvestitionsausgaben der Kommunen steigen bereits seit 2012 wieder an. Das freut uns und zeigt deutlich, wie wichtig uns Selbstorganisation und Selbstverwaltung der Bürger vor Ort sind, wie groß wir Subsidiarität schreiben. Ich verbinde diesen großen Erfolg für die kommunale Selbstverwaltung immer gerne mit dem Namen unseres langjährigen Kollegen Peter Götz, der wie kein anderer jahrzehntelang mit Herzblut für die Entlastung der Kommunen gekämpft hat.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, die Linken zeichnen in ihrem Antrag trotzdem ein Zerrbild der Finanzsituation der Kommunen im Allgemeinen und fordern den Bund auf, Verantwortung zu übernehmen. Sie unterschlagen dabei die vielfältigen Anstrengungen und Maßnahmen, mit denen der Bund in den vergangenen Jahren die Kommunen in herausragender Weise finanziell und administrativ entlastet und unterstützt hat; ein paar Beispiele habe ich genannt.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben damals bereits gewusst, wie viele Flüchtlinge kommen? Interessant!)
Mit den vielfältigen Maßnahmen des Bundes in den vergangenen Jahren und den bereits beschlossenen Unterstützungen in den kommenden Jahren können die Kommunen selbstbewusst und befreit in die Zukunft blicken.
So stelle ich mir bei der Lektüre des Antrags die Frage: Worauf zielt er eigentlich ab? Sie schreiben darin, dass Sie Aufgaben der Kommunen in eine Bundesauftragsverwaltung überführen wollen. Über die Länder, die für die Kommunalfinanzen und die Wahrnehmung der Aufgaben durch die Kommunen in unserem Staat verantwortlich sind, findet sich in Ihrem Antrag nichts – gar nichts!
(Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Da haben Sie nicht genau gelesen! Wir schlagen etwas sehr Konkretes vor, Herr Kollege!)
Wir wollen eigenständige Kommunen, in denen die Menschen überall in Deutschland nach ihren Sitten und Gebräuchen das Zusammenleben dezentral möglichst weitgehend selbst gestalten und regeln können.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir wollen eben nicht, dass bundesweit alle nach der Pfeife einer Zentralinstanz tanzen müssen. Auch deshalb bejahen wir die Länder als weitere Elemente des Föderalismus. Es ist doch bezeichnend, dass die Länder in Ihrem Antrag gar nicht vorkommen, und das, obwohl Sie als Linke mit der Übernahme von Regierungsverantwortung in mehreren Ländern mittlerweile die Geschicke der Menschen lenken und in Thüringen sogar einen Ministerpräsidenten stellen. Warum verleugnen Sie diese Verantwortung in Ihrem Antrag? Warum zeigen Sie nur auf den Bund und klammern die Länder völlig aus?
Die Linke formuliert in diesem Hause häufig die Forderung nach mehr Geld für viele oder gar für alle. Warum wollen Sie sich eigentlich so klammheimlich aus Ihrer Verantwortung stehlen, wenn es um das Bezahlen der Rechnung geht? Warum sind Sie nicht einmal ehrlich und sagen offen, dass die finanziellen Probleme der Kommunen vor allem regionale Probleme der vom Strukturwandel betroffenen Industrieregionen im Westen Deutschlands sind? Ich werde Ihnen sagen, warum: Denn dann müssten Sie erklären, warum Sie die knappen Bundesmittel nach dem Gießkannenprinzip über das Land verteilen wollen, anstatt den von Überschuldung betroffenen Kommunen zielgenau zu helfen. Lassen Sie mich auch klarstellen: Die Finanzierung kommunaler Spaßbäder ist bestimmt nicht Aufgabe des Bundes.
(Beifall bei der CDU/CSU – Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Das ist zynisch! Angesichts der Debatte ist das zynisch!)
Kommunen, die durch ein Anwachsen des Zuzugs aus anderen EU-Mitgliedstaaten besonders betroffen sind, sehen sich mit erheblichen Belastungen bei der kommunalen Daseinsvorsorge konfrontiert. Hier leistet der Bund Unterstützung und wird das auch weiterhin tun. Dies sind wir bereits im vergangenen Jahr angegangen. Die besonders betroffenen Kommunen wurden per einmaliger Soforthilfe um 25 Millionen Euro entlastet. Dies erfolgte über eine entsprechende Anhebung der Bundesbeteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung. Im Zusammenhang mit der Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes wurden Länder und Kommunen um 31 Millionen Euro, ab 2016 sogar um 43 Millionen Euro jährlich entlastet.
Abschließend komme ich auf das Datum Ihres Antrags zurück, den 17. Dezember 2014. Denn während Ihre Fraktion noch mit der Ausformulierung von finanziellen Forderungen an den Bund beschäftigt war, hatte sich die Bundeskanzlerin bereits mit den Ländern über die Hilfen zur Unterbringung von Asylbewerbern verständigt. Bund und Länder – alle Länder – waren sich darüber einig, dass für die finanzielle Unterstützung von Ländern und Kommunen durch den Bund eine ausgewogene und abschließende Regelung für die Jahre 2015 und 2016 getroffen wurde. Das passierte am 11. Dezember des vergangenen Jahres, immerhin eine Woche vor dem Datum, an dem Sie diesen Antrag eingebracht haben. Das zeigt eines: Diese Bundesregierung und die Große Koalition lösen Probleme gemeinsam mit den Ländern, bevor Sie überhaupt in der Lage sind, die Probleme zu erkennen und entsprechende Forderungen zu schreiben.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Nächste Rednerin ist für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen die Kollegin Britta Haßelmann.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4435387 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 79 |
Tagesordnungspunkt | Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern |