15.01.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 79 / Tagesordnungspunkt 6

Edelgard Bulmahn - Ausbildungsunterstützungseinsatz Kurdistan-Irak

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Zunächst möchte ich der Bundesregierung meinen Dank aussprechen für den ganzheitlichen Ansatz, den sie bezüglich der Ausrichtung dieses Mandats gewählt hat. Es fügt sich in eine lange Reihe von wichtigen Entscheidungen ein, die wir bezüglich Kurdistan/Nordirak getroffen haben.

Die mit Abstand schwierigste Entscheidung – neben der Entscheidung, die wir heute treffen – war sicherlich die im September, was ja mit Sondersitzungen sowohl der Ausschüsse als auch des gesamten Plenums verbunden war. Die Verteidigungsministerin hat damals zu Recht von einem Tabubruch gesprochen; denn wir haben Waffen in ein Spannungsgebiet geliefert, was wir sonst – mit Ausnahme unseres Verbündeten Israel – nicht machen. Ich finde, diese Ausnahme von der Regel ist genau zum richtigen Zeitpunkt erfolgt. Die Entwicklung gibt uns im Nachhinein recht. Es ist schon angesprochen worden: Die Kurden haben viele Garantien und Versprechen gegeben, und sie haben diese Versprechen auch gehalten.

Ich möchte daher zunächst einmal die kurdischen Streitkräfte dazu beglückwünschen, dass sie so erfolgreich gegen den IS vorgegangen sind. Aus einer nahezu hoffnungslosen Situation heraus haben sie das Blatt gewendet. Es gilt, sie dabei zu unterstützen, dass sie nicht erneut in eine hoffnungslose Situation geraten. Deshalb: Mein herzlicher Glückwunsch und alles Gute für die Streitkräfte im Norden des Irak!

Der Kampf gegen den „Islamischen Staat“ wird allerdings nicht nur durch militärische Mittel zu gewinnen sein, sondern vor allem dadurch, dass man nicht nur den Norden des Irak, sondern den Irak insgesamt stabilisiert. Insofern ist der ganzheitliche Ansatz – vernetzte Sicherheit, entwicklungspolitische Maßnahmen, aber auch diplomatische Gespräche – genau der richtige Weg.

Unser Engagement wird weiterhin von der Hoffnung getragen, dass der Irak nicht auseinanderfällt. Allerdings ist die Situation nach wie vor sehr fragil. Man darf nicht unterschätzen, dass es Kräfte im Irak gibt, die dieses Land jederzeit auseinanderbrechen lassen könnten. Deshalb muss man gewappnet sein.

Die Ertüchtigung unserer Partner ist deshalb ein zentrales Vorhaben. Es ist richtig, Barzani und Talabani im Norden bei den anstehenden Reformen zu unterstützen. Ich bin dafür, dass wir neben der Ausbildungsmission auch einen politischen Beitrag dazu leisten, eine wirkliche Militärreform oder Wehrreform im Norden durchzusetzen.

Natürlich ist das Engagement der Peschmerga zu begrüßen. Aber die enge Bindung an einzelne Stämme ist im Norden des Irak langfristig sicherlich eine Herausforderung. Ich nenne als Beispiel die Jesiden. Vielen hier im Bundestag ist die Situation der Kurden keineswegs gleichgültig. Frau Buchholz, ich teile das, was Sie gesagt haben, in 99 Prozent der Fälle nicht, aber ich unterstelle Ihnen, dass Sie ein ehrliches Interesse an der Region haben.

Es kommt darauf an, zu entscheiden, welchen politischen Beitrag wir leisten können, um die verschiedenen kurdischen Kräfte miteinander zu versöhnen. Deshalb halte ich eine Wehrreform bzw. eine Militärreform für zentral; denn dadurch verfügen nicht nur einzelne Stämme über Einheiten, sondern es findet eine Demokratisierung statt, was zu einem besseren politischen System im Norden führt. Dafür können wir einen zentralen Beitrag leisten. Dabei setze ich meine Hoffnungen auch in die aktuelle Regierung im Norden Kurdistans im Irak, die wir brauchen, um dort erfolgreich zu sein.

Wir müssen die humanitäre Hilfe verstärken. Dort, wo es möglich ist, müssen wir die Zusammenarbeit in der Entwicklungspartnerschaft so weit vorantreiben, dass die Region nicht in der Flüchtlingsschwemme untergeht. Das ist eine riesengroße Herausforderung, nicht nur für die Türkei, sondern insbesondere auch für Kurdistan. Was dort passiert, stellt uns vor eine Aufgabe, die uns sicherlich noch eine lange Zeit beschäftigen wird. Die Flüchtlinge sind nicht gekommen, um im Nordirak zu bleiben, aber die Prognose, dass sie dort längere Zeit bleiben müssen, ist eindeutig. Deshalb glaube ich, dass man auch darüber reden muss, wie man mit dieser Masse von Menschen umgeht. Die Stadt Arbil – das haben ja viele von uns, die diese Region besucht haben, selber gesehen – ist überhaupt nicht darauf vorbereitet. Es darf nicht passieren, dass, nachdem wir die militärische Katastrophe abgewendet haben, durch eine humanitäre Katastrophe das Geschäft von ISIS übernommen wird. Insofern ist unser Engagement gleichrangig wichtig, und wir müssen es an dieser Stelle auch forcieren.

Ich danke in diesem Zusammenhang dem BMZ, dass es so engagiert Projekte vorantreibt. Wir sollten das BMZ dabei unterstützen, dies noch zu verstärken, wo es möglich ist. Ich glaube auch, dass es der richtige Weg ist, sowohl die kurdischen Streitkräfte als auch die Ausbildungsmission der internationalen Allianz, die einen größeren Ansatz und den Gesamtirak im Blick hat und nicht auf Kurdistan begrenzt ist, zu unterstützen. Das gibt uns vielleicht die Gelegenheit, die irakischen Streitkräfte insgesamt zu stärken. Das wäre notwendig, um überhaupt wieder politischen Spielraum zu schaffen. Deshalb blicke ich optimistisch auf dieses Mandat. Trotzdem bleibt uns die Herausforderung erhalten. Deshalb ist dieses Engagement auch sinnvoll. Ich bitte um Ihr Vertrauen für dieses Mandat.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Als nächster Redner spricht Florian Hahn, ebenfalls von der CDU/CSU.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4436811
Wahlperiode 18
Sitzung 79
Tagesordnungspunkt Ausbildungsunterstützungseinsatz Kurdistan-Irak
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