15.01.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 79 / Tagesordnungspunkt 6

Florian HahnCDU/CSU - Ausbildungsunterstützungseinsatz Kurdistan-Irak

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich noch gut erinnern, als in der letzten Sommerpause die Diskussion um mögliche Hilfeleistungen für die Kurden im Nordirak vor dem heranrückenden bzw. heranstürmenden ISIS begann. Wir standen damals vor drei Alternativen: erstens nichts zu tun und zuzusehen, wie ganze Volksgruppen bestialisch ausgerottet zu werden drohten, zweitens selbst in den Konflikt militärisch und mit „boots on the ground“ einzugreifen oder drittens diejenigen zu unterstützen, die sich in der Region dem IS entgegenstellen. Wir haben uns nach reiflicher Überlegung und Diskussion neben der humanitären Hilfe für die dritte Variante entschieden.

Es war richtig, den Kurden im Nordirak Waffen, Munition und Ausrüstung zu liefern. Die Peschmerga konnten in den letzten Monaten den weiteren Vormarsch des ISIS aufhalten. Der Einsatz der von uns gelieferten Mittel war dabei entscheidend. Das haben die Kurden kürzlich bei den Gesprächen in Arbil mit unserer Ministerin, an denen ich mit Kollegen teilnehmen konnte, sehr eindrucksvoll deutlich gemacht. Endlich haben die Kurden etwas in der Hand, um dem heranstürmenden Daesh etwas entgegenzusetzen. So konnte beispielsweise am Tag unseres Besuchs in Arbil ein Selbstmordanschlag verhindert werden. Ein Lkw, beladen mit Sprengstoff, von einem Selbstmordattentäter gesteuert, konnte durch den Einsatz der MILAN-Rakete noch vor den Reihen der Peschmerga bekämpft und ausgeschaltet werden. Auch konnte ein gelieferter Dingo bereits Leben retten. Bei dem Beschuss desselben, der zur völligen Zerstörung des Fahrzeugs führte, konnten die kurdischen Insassen so gut wie unverletzt aussteigen.

Aber nicht nur die bessere Bewaffnung hat zu einer gestiegenen Verteidigungsfähigkeit der Peschmerga geführt, sondern auch die damit verbundene Steigerung der Moral, des Selbstbewusstseins; denn endlich konnte der Mythos der Unbesiegbarkeit des IS gebrochen werden. Trotzdem ist die Gefahr durch den IS noch lange nicht gebannt. Nach den Anschlägen in Paris ist uns noch klarer, dass die Kurden im Irak den IS für ihre eigene Sicherheit und Freiheit, aber auch für uns alle bekämpfen. Zu Recht hat der UN-Sicherheitsrat festgestellt, dass vom IS eine Bedrohung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit ausgeht und dass alle Staaten aufgefordert sind, den Irak im Kampf gegen den IS zu unterstützen. Schon 60 Nationen, nicht nur aus dem Westen, haben sich dieser Allianz gegen den IS angeschlossen. Gemeinsam muss verhindert werden, dass es zu einer Ausweitung des Schreckenskalifats kommt, zur Unterjochung einer ganzen Region, zum Abschlachten aller Menschen mit abweichenden religiösen Auffassungen. Die Unterstützung der Menschen vor Ort hilft letztlich auch uns. Deshalb halte ich einen Ausbildungseinsatz insbesondere zusammen mit niederländischen und italienischen Partnern grundsätzlich für politisch richtig und wichtig.

Die Kurden haben uns erzählt, dass die etwa 800 gefallenen Kämpfer der Peschmerga hauptsächlich deshalb ums Leben kamen, weil sie insgesamt nur ungenügende Kenntnisse über das richtige Verhalten im modernen Gefecht, über den Umgang mit Minen und die notwendige Erstversorgung nach Verwundung haben. Die Ausbildung in diesen Bereichen ist daher richtig, dringend geboten und wird Leben retten. Es handelt sich also um keinen Kampfeinsatz, sondern um eine Ausbildungsmission mit einer Mandatsobergrenze von 100 deutschen Soldatinnen und Soldaten.

Unsere Soldaten sollen bei ihrer Ausbildung durch kurdische Kräfte geschützt werden. Offen gesagt, habe ich ein wenig Sorge, ob das ausreichend ist. Schließlich sind wir dort, weil die Peschmerga eben nicht gut ausgebildet sind. Ich hätte mir deshalb eine höhere Mandatsobergrenze gewünscht. Schließlich haben wir bei anderen Ausbildungsmissionen, wie in Mali, deutlich mehr Soldaten im Einsatz. Wir sollten daher auf die Sicherheit unserer Soldaten ganz besonders achten, sie zusammen mit den internationalen Partnern sicherstellen und möglicherweise bedarfsgerecht nachsteuern.

Zur Endverbleibsklausel möchte ich Folgendes sagen: Wir sollten uns ganz genau überlegen, ob wir den Kurden unterstellen, dass sie denen Waffen verkaufen, die sie gerade um ihrer eigenen und unserer Sicherheit willen bekämpfen.

Angesichts der militärischen Situation im Nordirak sollten wir nicht vergessen, dass im kurdischen Gebiet, das eine eigene Bevölkerung von etwa 5 Millionen Menschen hat, inzwischen 1,6 Millionen Flüchtlinge angekommen sind, die von den Kurden verantwortungsvoll versorgt werden. Das ist eine unglaubliche Herausforderung für diese Region, bei der wir bereits Unterstützung leisten und auch weiterhin Unterstützung leisten müssen.

Herzlichen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4436822
Wahlperiode 18
Sitzung 79
Tagesordnungspunkt Ausbildungsunterstützungseinsatz Kurdistan-Irak
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta