15.01.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 79 / Tagesordnungspunkt 8

- Artgerechte Tierhaltung

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Rechtzeitig zur Grünen Woche beglücken uns die Bündnisgrünen mit einem Antrag zur Zukunft der Tierhaltung, die artgerecht und der Fläche angepasst sein soll.

(Friedrich Ostendorff [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch schön!)

Die Überschrift ist gut. Inhaltlich kommt der Antrag an vielen Stellen über bloße Symbolforderungen leider nicht hinaus; sei es drum.

Sie kennen mich, meine Damen und Herren, und wissen, dass ich gerne die Gelegenheit nutze, um über den Tierschutz zu sprechen. Mit schlichten Forderungen kommen wir nämlich nicht weiter, sondern nur mit einer vernünftigen Agrar- und Tierschutzpolitik, die nicht stigmatisiert, sondern alle Beteiligten mitnimmt. Als Tierschutzbeauftragte meiner Fraktion freue ich mich, dass es uns gelungen ist, dem Tierschutz in der Koalition und in der Regierung Gehör zu verschaffen.

(Beifall bei der SPD)

Gute Tierschutzpolitik geht einher mit guter Agrarpolitik, Verbraucherpolitik, Arbeits- und Sozialpolitik und natürlich mit dem Umweltschutz.

Lassen Sie mich an dieser Stelle einige Punkte herausgreifen, die wir im Bereich des Tierschutzes im Rahmen eines breiten Dialoges mit allen Beteiligten bereits angeschoben haben und umsetzen werden. Bereits seit Jahren ist es unser erklärtes Ziel, die Haltungsbedingungen von Tieren zu verbessern. Ich zum Beispiel kann die Bilder von grausamen Bedingungen in Mastställen, die immer wieder im Fernsehen flimmern, nur sehr schwer ertragen. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber wir müssen endlich etwas tun. Die Haltungsbedingungen sind den Tieren anzupassen und nicht die Tiere passend zurechtzustutzen wie beispielsweise durch das Kupieren oder dem Abkneifen von Schnäbeln.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Hier gibt es sicher nicht nur eine Lösung. So einfach ist es leider nicht. Die Haltungsbedingungen müssen insgesamt angepasst und optimiert werden.

Wozu eine völlig artfremde Tierhaltung führt, sehen wir beispielsweise in der Putenmast. Die Tiere werden auf engstem Raum zusammengepfercht und gemästet. Damit die Tiere dies überhaupt überleben und so schnell wachsen, werden oftmals Antibiotika eingesetzt. Das heißt, wollen wir den kritisierten Antibiotikaeinsatz tatsächlich reduzieren, müssen sich insbesondere die Haltungsbedingungen ändern und müssen wir den Tieren mehr Platz für ein gesundes und artgerechtes Leben bieten. Damit sage ich nicht, dass ich für ein generelles Antibiotikaverbot bin. Wenn Tiere krank sind, müssen sie selbstverständlich behandelt werden. Antibiotika dürfen aber kein Mittel sein, um artfremde Haltungsbedingungen zu ermöglichen.

Dennoch teilen mir viele Putenhalter mit, dass sie gezwungen sind, die Tiere wie beschrieben auf engem Raum zusammenzupferchen. Der Preis, den sie pro Tier erzielen, ist zu gering, um andere Haltungsbedingungen umsetzen zu können. Das Fleisch wird vom Einzelhandel nämlich größtenteils als Sonderangebot verkauft, sei es an der Fleischtheke oder als Bestandteil von Wurst, Fertiggerichten und, und, und. Ich fordere daher das Ministerium, aber auch uns alle auf, nach Möglichkeiten zu suchen, diesen viel zu sehr ausgeweiteten „Sonderangeboten“ zu begegnen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie der Abg. Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE])

Wie wir feststellen, reichen freiwillige Bekenntnisse und öffentliche Diskussionen nicht immer aus; es bedarf doch des motivierenden Drucks des Gesetzgebers, wie beispielsweise bei dem von uns auf den Weg gebrachten Prüf- und Zulassungsverfahren für Tierhaltungssysteme. In einem ersten Schritt wollen wir die Haltung von Legehennen verbessern. Die Erfahrungen damit sollen direkt genutzt werden, um die Bedingungen für weitere Tierarten zu verbessern. Natürlich dürfen die Vorgaben keine Investitionen hemmen, und dennoch müssen sie zu echten Verbesserungen führen und Rechtssicherheit für Hersteller und Landwirte schaffen.

Wir sind uns mit dem Landwirtschaftsminister einig, dass wir die erforderlichen gesetzlichen Anpassungen auf nationaler Ebene vornehmen müssen. Aber auch auf europäischer Ebene müssen wir um Mitstreiter werben und die Vorhaben vorantreiben. Auch deshalb haben wir uns seitens der SPD-Fraktion im letzten Jahr mit Experten aus dem europäischen Ausland sowie Vertretern der Verbände und NGOs zu genau diesem Thema ausgetauscht: Verbesserung der Tierhaltung.

Aus meiner Sicht lässt sich eine gute Tierhaltung nicht auf die Anzahl der in einem Stall gehaltenen Tiere reduzieren. Für mich ist vielmehr das Wie entscheidend. Die Gespräche und Erfahrungen zeigen ganz deutlich: Nur im Dialog gelangen wir zu besseren Haltungsbedingungen. Wir wollen keine Schnellschüsse. Wir wollen tragfähige Entscheidungen. Wir wollen spürbare Verbesserungen für die Tiere, keine bloße Deckelung des Bestandes. Denn was bringt es einer Kuh, wenn sie zwar nur mit 15 weiteren Kühen im Stall steht, dafür aber angebunden ist?

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Ingrid Pahlmann [CDU/CSU])

Ich stimme mit Ihnen überein, dass wir auch aufgrund der Emissionsproblematik nachsteuern müssen; das wird meine Kollegin Rita Hagl-Kehl gleich weiter ausführen. Auch hier brauchen wir gut durchdachte Lösungen, denn sonst spielen wir mit dem Vertrauen in die Versorgungssicherheit und mit der Existenz vieler Bauern in diesem Land. Wir brauchen die Landwirte, denn auch sie sind wichtige Experten, wenn es um Verbesserungen in der Tierhaltung geht. Ich stehe für einen offenen Dialog mit allen Beteiligten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen den Tierschutz messbar verbessern. Das heißt auch, dass wir Indikatoren entwickeln müssen, die hierüber Auskunft geben. Auch dafür muss die Forschung für eine moderne Landwirtschaft und im Sinne des Tierschutzes gestärkt werden. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch: Ich fordere nicht ein bloßes Mehr an Geldern für die Forschung. Vielmehr müssen die Forschungsprojekte und ihre Zielsetzungen aufeinander abgestimmt werden und zwischen dem Bund und den Ländern besser koordiniert werden, die Ergebnisse zusammengeführt und transparent dargestellt werden.

Meine Damen und Herren, packen wir es weiter an, im Sinne des Tierschutzes!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Thomas Mahlberg, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4437218
Wahlperiode 18
Sitzung 79
Tagesordnungspunkt Artgerechte Tierhaltung
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine