15.01.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 79 / Tagesordnungspunkt 9

Ute BertramCDU/CSU - 100. Jahrestag der Gründung des Bauhauses 2019

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir starten heute kulturpolitisch mit einem wirklich schönen Thema in das neue Jahr, mit unserem Antrag „Die Welt neu denken – Der 100. Jahrestag der Gründung des Bauhauses im Jahre 2019“.

Natürlich sind es bis 2019 noch vier Jahre, aber dieses Jubiläum soll ein kulturelles Großereignis werden, und das braucht entsprechend Vorlauf. Wir haben im Koalitionsvertrag festgehalten, dass wir das Ereignis von Bundesseite unterstützen wollen. Diese Absicht wollen wir als Große Koalition mit unserem Antrag präzisieren.

Stellen wir uns zunächst einmal die Frage: Was ist das Bauhaus? Das Bauhaus war eine Schule für Gestaltung, die zwischen 1919 und 1933 nacheinander an drei Orten in Deutschland existierte. Der Name sollte die Verbindung aus Kunst und Handwerk ausdrücken, in Anlehnung an die Bauhütten der mittelalterlichen Kathedralen.

Ich höre oft, das Bauhaus sei nicht nur eine Architektur- oder Designschule, sondern vor allem eine Idee. Diese Idee kann man gut in meinem Heimatort studieren. Bei uns in Alfeld, südlich von Hildesheim, in Niedersachsen, steht das Fagus-Werk. Es wird oft als das Gründungswerk des Bauhauses bezeichnet und ist deshalb auch UNESCO-Welterbestätte geworden.

Der junge und damals noch völlig unbekannte Walter Gropius entwarf 1911 eine neue Fabrikhalle für die Schuhleistenfabrik Fagus. Der mutige Eigentümer unterstützte die außergewöhnlichen Ideen des jungen Architekten Gropius. Dieser entwarf eine geradezu revolutionär helle und luftige Arbeitshalle aus Glas und Stahl. Das stand in völligem Gegensatz zur bisherigen Vorgehensweise, an den Räumen für die einfachen Arbeiter zu sparen. Gropius dagegen wollte ein gesundes Arbeitsklima schaffen.

All diese Elemente haben das Bauhaus zum Wegweiser in die Moderne gemacht. Durch die Industrialisierung und die technischen Neuerungen entstanden ganz neue Möglichkeiten für Architektur und Design. Das Bauhaus nutzte sie zu sozialen Zwecken.

So entstand der neue Lebensentwurf für den modernen Menschen im Industriezeitalter, unabhängig von seiner sozialen Zugehörigkeit. Diese Idee ist es, die Geschichte geschrieben hat, in Deutschland und in der Welt.

Wer genau hinsieht, erkennt überall die prägenden Spuren dieser Schule. Bis heute kennen wir Fassaden aus Glas und Stahl. Bis heute drücken wir vom Bauhaus inspirierte Türklinken und sitzen auf vom Bauhaus inspirierten Stühlen. Wir wissen es nur oft nicht. Auch dieses gute Stück wäre ohne das Bauhaus wohl nicht denkbar gewesen.

(Die Rednerin hält ein iPhone hoch)

Der langjährige Chefdesigner von Apple spricht gern davon, wie er sich vom deutschen Industriedesign und den Bauhaus-Prinzipien hat inspirieren lassen. Nicht umsonst gilt das Bauhaus international als unser erfolgreichster kultureller Exportartikel.

Von Alfeld ging Walter Gropius dann nach Weimar, wo er 1919 das Bauhaus gründete. Die Hochschule arbeitete aber von Anfang an unter widrigen Umständen. Sechs Jahre später zog sie nach Dessau. 1933 wurde sie in Berlin unter den Nazis schließlich verboten. Keine 1 300 Studenten hatte sie bis dahin gehabt.

Paradoxerweise lässt sich die weltweite Wirkung des Bauhauses von der Katastrophe des Dritten Reiches nicht trennen. Denn durch das Verbot in Deutschland verstreuten sich ihre Anhänger über die Welt und legten im notgedrungenen Exil den Grundstein für den weltweiten Erfolg. Die Ideen des Bauhauses verbreiteten sich überall auf der Welt, in Amerika, in der Sowjetunion, in Polen, in Israel, in der Schweiz, in Japan und in Mexiko.

Genau deshalb wird das Jubiläum international auch stark wahrgenommen werden. Im Bauhaus-Archiv in Berlin zählt man weitaus mehr ausländische als deutsche Besucher. Das wird sich 2019 natürlich noch einmal steigern, zumal wir ordentlich die Werbetrommel rühren wollen.

Nun zu ein paar Punkten aus unserem Antrag. Ganz wichtig ist uns Kulturpolitikern von CDU/CSU und SPD, dass wir die notwendigen baulichen Voraussetzungen für das Jubiläumsjahr schaffen. Da ist auch schon viel passiert.

In Berlin wird endlich der längst fällige Erweiterungsbau zum Bauhaus-Archiv entstehen. Der Bund hat dafür 28,1 Millionen Euro bereitgestellt. Das Bauhaus- Museum in Dessau wird der Bund mit 12,5 Millionen Euro kofinanzieren. Für den Neubau des Bauhaus-Museums in Weimar sind gut 11 Millionen Euro Bundesmittel geflossen. Aber auch die vielen kleinen Orte wie die May-Siedlung in Frankfurt, die Weißenhofsiedlung in Stuttgart, die Hochschule für Gestaltung in Ulm oder das Fagus-Werk in Alfeld, sie alle sollen den erwarteten Besucheranstürmen gerecht werden.

Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, in Förderprogrammen zum Beispiel für den Städtebau oder den Denkmalschutz die UNESCO-Welterbestätten des Bauhauses in den nächsten Jahren angemessen zu behandeln.

Aber wir wollen natürlich nicht nur bauen. Wir müssen das Jubiläum auch nutzen, um die überragende Wirkung des Bauhauses auf die Weltgeschichte innerhalb Deutschlands bekannter zu machen. Außerdem wollen wir ganz gezielt auch international für uns als Kulturnation, als Geburtsstätte des modernen Designs werben. Deshalb wollen wir eine breite Palette von Veranstaltungen und Bildungsangeboten im Vorhinein, aber auch und vor allem im Jahr 2019.

Die Kulturstiftung des Bundes bekommt vom Bund immerhin 5 Millionen Euro zusätzlich, um das Bauhaus-Jubiläum mit Projekten zu begleiten. Koordiniert werden die Jubiläumsplanungen momentan aus den drei großen Bauhaus-Stätten Dessau, Weimar und Berlin. Alle Bundesländer, in denen eine Bauhaus-Stätte liegt, haben sich zu einem Bauhaus-Verbund zusammengeschlossen. Wir als Bundestag wünschen uns, dass es eine gesamtgesellschaftliche Initiative gibt, die dieses Jubiläum trägt.

Inhaltlich werden auch Vermittler deutscher Kulturpolitik wie das Goethe-Institut oder auch die Deutsche Welle aufgefordert werden, an diesem Bauhaus-Jubiläum mitzuwirken. Natürlich soll ein Schwerpunkt auch in Bildung und Forschung gesetzt werden. Denn nicht jeder Schüler oder Student in Deutschland weiß, dass sein iPhone durch das Bauhaus beeinflusst wurde. Wenn es nach uns geht, weiß er es spätestens 2019.

Lassen Sie uns also gemeinsam daran arbeiten, dass dieses Jubiläumsjahr zu einem Ereignis mit Strahlkraft wird, das sowohl national als auch international Ausstrahlung hat.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Als nächstem Redner in dieser Debatte erteile ich das Wort dem Abgeordneten Harald Petzold, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4437257
Wahlperiode 18
Sitzung 79
Tagesordnungspunkt 100. Jahrestag der Gründung des Bauhauses 2019
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