Peter SteinCDU/CSU - Klimaschutz und globale Gerechtigkeit
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen der Grünen, zu Beginn frage ich Sie: Was wollen Sie mit diesem Antrag erreichen? Wir reden schon zum wiederholten Male über dieses Thema, das Sie auf die Tagesordnung gesetzt haben. Weite Teile sind nur eine Aufzählung dessen, was uns in diesem Jahr 2015 erwartet. Das ist nichts Neues: Das sind die Verhandlungen zu den SDGs, die G-7-Präsidentschaft Deutschlands und nicht zuletzt – das ist sicherlich sehr wichtig – die Klimakonferenz in Paris.
Alles in Ihrem Antrag ist mit der Aufforderung an die Regierung verbunden, dies zu einem möglichst guten Abschluss zu bringen. Das ist selbstverständlich. Dazu braucht es keine Aufforderung.
(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber Herr Stein! Schön wär’s! – Dr. Frithjof Schmidt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist das Prinzip Hoffnung!)
Sie haben es wiederum geschafft, in den Überschriften so ziemlich jedes Thema im Zusammenhang mit der Nachhaltigkeit anzuführen und dann völlig unkonkret zu bleiben. Sie erwarten die Konkretisierung von der Regierung,
(Uwe Kekeritz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Von wem sonst?)
und zwar zu Recht. Das erwarten wir auch, und das wird geliefert.
Zudem ist Ihr Antrag, auch was die Vereinten Nationen betrifft, teilweise widersprüchlich. In der Einleitung stellen Sie fest, dass die Vereinten Nationen durch den Sicherheitsrat blockiert sind und dass das, was in der Vergangenheit abgeliefert worden ist, enttäuschend war. Das beschreiben Sie so, um danach aber festzustellen, dass die UNO unsere ganze Hoffnung ist.
Richtig ist: Wir müssen die Vereinten Nationen in diesem Punkt stärken.
(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, genau!)
Auch darin sind wir völlig d’accord. Auch das müssen wir heute nicht ausdiskutieren. Das ist nichts Neues.
(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, da muss aber was kommen von der Regierung!)
Auf die Klimafrage möchte ich jetzt nicht weiter eingehen. Das wird mein Kollege Matern von Marschall machen, der an der Klimakonferenz in Lima teilgenommen hat. Er kann deshalb viel besser darüber berichten.
Ich möchte nur so viel sagen: Ich hatte bereits in meiner Rede vor Weihnachten exakt zu demselben Themenkomplex im Plenum gesagt: Wir werden als Bundesrepublik Deutschland alles dafür tun, dass Paris ein Erfolg wird. – Paris muss auch ein Erfolg werden. Das ist heute auch nicht zum ersten Mal gesagt worden. Ich wiederhole es aber gerne. Das ist auch unsere Auffassung als CDU/CSU-Fraktion. Darin sind wir, glaube ich, im ganzen Haus völlig d’accord.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Sich bei den globalen Fragen auf einen reinen Top- down-Ansatz zu verlassen, halte ich aber für kurzsichtig. Das bedeutet nämlich nicht, dass wir deswegen unsere Anstrengungen auf dem Weg nach Paris reduzieren würden, sondern lediglich, dass wir einen gangbaren Weg suchen und auch hilfreiche Alternativen betrachten müssen, zum Beispiel die Verstetigung der Klima- und Entwicklungspolitik, und zwar nicht nur auf der internationalen, sondern auch auf der nationalen und der subnationalen Ebene, und die Verstärkung der Anstrengungen auf diesen Ebenen. Als Vorbild dient hier das, was die großen C-40-Städte bereits auf der kommunalen Ebene eingeleitet haben. Länder wie Deutschland können und müssen dabei vorangehen und anderen den Weg zeigen. Sie müssen bereit sein, dabei Risiken einzugehen. Wir sind bereit dazu und tun das gerade. Gerade deshalb schaut die Welt auf uns.
Erlauben Sie mir noch einen Kommentar zu einem Satz in Ihrem Antrag. Ich halte es für absolut unangemessen, dass Sie die Abwesenheit der Kanzlerin bei einer einzelnen Konferenz kritisieren. Wie Sie wissen, ist die Kanzlerin nicht faul und nimmt an zahlreichen Konferenzen teil.
(Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da war sie beim BDI, Herr Stein! –Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sind die Prioritäten der Regierung?)
Sie ist sehr gut organisiert, hat aber einen Terminkalender, dem wahrscheinlich drei Abgeordnete Ihrer Fraktion nicht gerecht werden können. Sie hat außerdem in der Regierung beispielsweise mit der Umweltministerin, dem Landwirtschaftsminister, dem Minister für Entwicklungszusammenarbeit und dem Vizekanzler starke Partner, die über höchste Sachkompetenz verfügen. Allein deswegen, wegen des Seitenhiebs auf die Kanzlerin, können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen.
Wir als CDU/CSU-Fraktion haben an den SDG-Prozess große Erwartungen. Die überwiegend positiven Entwicklungen werden fortgesetzt und durch neue Aspekte ergänzt. Ganz wichtig ist: Wir werden endlich unserer globalen Verantwortung dadurch gerecht, dass die SDGs und die Regeln der Klimaverhandlungen für alle Staaten gleichermaßen gelten. Wir werden schlussendlich die Trennung in Verursacher und Betroffene aufheben. Das gilt für Industrie- und Schwellenländer genauso wie für Entwicklungsländer. Das halte ich für einen guten Ansatz; dieser stammt übrigens vom Klimaschutzgipfel in Lima.
Herr Kollege Stein, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Roth?
Mir bleibt ja nichts anderes übrig, Frau Roth.
(Heiterkeit – Claudia Roth [Augsburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, Sie müssen es schon wollen!)
– Wie im Ausschuss: Ja, gerne.
Bitte schön.
Herr Stein, habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie unserem Antrag zustimmen würden, wenn wir bereit wären, die Anmerkung, dass Frau Merkel lieber beim BDI war als bei Ban Ki-moon, zu streichen?
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie haben nicht richtig zugehört. Ich habe gesagt, allein deswegen schon können wir nicht zustimmen. Aber vielleicht gibt Ihnen mein Kollege Matern von Marschall darauf die richtige Antwort.
Es ist natürlich zu begrüßen, dass die SDGs nach derzeitigem Stand möglichst umfangreich gestaltet werden, um sich den komplexen Herausforderungen unserer Zeit vollständig zu stellen. Was auch sonst? Das ist unser Ziel. Ich sehe allerdings an dieser Stelle die Gefahr, dass eine Aufblähung in 17 Goals, 169 Targets und Tausende Details genau das Gegenteil von dem, was wir beabsichtigen, zur Folge haben könnte. Zu viel Klein-Klein im Inhalt kann dazu führen, dass die Ziele beliebig werden, dass sich jeder das heraussucht, was er am leichtesten erfüllen kann, und dass das große Ganze nicht mehr zu bewerten ist. Eine schlankere und verbindlichere Version der 17 Ziele, hinter denen wir ausdrücklich stehen, halte ich für zielführender.
Ein weiterer Punkt, den ich für wichtig halte, betrifft den Begriff der Nachhaltigkeit. Er ist nicht abschließend mit Klima- und Umweltthemen beschrieben, sondern umfasst gerade in der Entwicklungszusammenarbeit auch Demokratisierungsprozesse, Bildung, insbesondere die berufliche Ausbildung, das Gesundheitswesen und den nachhaltigen Aufbau einer starken Wirtschaftsstruktur in den Zielländern. Wir haben hier seitens der CDU/ CSU-Fraktion und der SPD-Fraktion einen Paradigmenwechsel vorgenommen, den wir im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit in den Vordergrund stellen. Sie sagen hierzu nichts. Ihr Antrag bleibt weit hinter dem Regierungshandeln zurück. So werden wir keine Entwicklungspolitik machen.
Die SDG-Agenda als Ganzes ist nur dann nachhaltig, wenn sie von allen Staaten in allen relevanten Bereichen abgebildet, mitgetragen und umgesetzt wird.
Herr Kollege Stein, denken Sie an die Redezeit.
Noch zwei Sätze. – Das heißt für uns, die Entscheidungen anderer souveräner Staaten und Regierungen zu akzeptieren, selbst wenn sie im Ergebnis nicht unseren Erwartungen entsprechen. Begegnungen auf Augenhöhe und echte Partnerschaft beginnen schon bei der Verhandlungsführung und enden noch lange nicht bei der Umsetzung. Das ist nachhaltig.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Heike Hänsel, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4437611 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 79 |
Tagesordnungspunkt | Klimaschutz und globale Gerechtigkeit |