16.01.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 80 / Tagesordnungspunkt 18

Sybille BenningCDU/CSU - Nationaler Bildungsbericht 2014

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieser Nationale Bildungsbericht untersucht die einzelnen Stationen des Bildungsweges, von der Kita bis zur beruflichen Ausbildung, bis zum Studium. Jede Station baut dabei auf der vorherigen auf. Je besser ein Bildungsschritt gelingt, desto günstiger ist es für den folgenden. Unter Führung der Union sind wir in den letzten Jahren bei der Verbesserung jeder einzelnen Stufe deutlich vorangekommen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bildung bedeutet neben dem Erwerb von Wissen immer auch die Entwicklung der Persönlichkeit. Am Beginn des Bildungsweges geschieht Entscheidendes. In unserem Antrag verweisen wir auf die Studie der Leopoldina zur frühkindlichen Sozialisation. Erfahrungen, die in der frühen Kindheit gemacht werden, prägen den gesamten weiteren Lebensweg. Dies gilt zum Beispiel auch für den Spracherwerb; das wurde eben bereits mehrfach gesagt. Eine sichere Beherrschung der deutschen Sprache ist eine Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Bildungsweg in Deutschland. Kinder aus nicht deutschsprachigen Familien sollten daher so früh wie möglich Kontakt zu deutschen Muttersprachlern bekommen.

(Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD]: Weg mit dem Betreuungsgeld!)

Sehr erfolgreich wirkt hier das Bundesprogramm „Schwerpunkt-Kitas Sprache & Integration“.

(Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr nachteilig wirkt das Betreuungsgeld!)

Wichtig wäre ein früherer Sprachtest möglichst bei allen Kindern jedes Jahrgangs, um bei Nachholbedarf gezielt nachsteuern zu können.

In der frühen Kindheit entwickelt sich auch das Selbstkonzept eines Menschen. Er entwickelt hier Strategien, um seine Ziele zu erreichen, und lernt, mit Belastungen umzugehen. Je mehr Kompetenzen in dieser Zeit erworben werden, umso besser sind die Prognosen für die gesamte weitere Entwicklung im Jugend- und Erwachsenenalter, sowohl für den Schul- und Berufserfolg als auch für Gesundheit und Wohlstand. Die enorme Bedeutung der frühkindlichen Bildung ist daher offenkundig.

Hier ist in den letzten Jahren viel passiert. Die Beteiligung der unter Dreijährigen an frühkindlicher Bildung, Betreuung und Erziehung hat sich in Westdeutschland seit 2006 verdreifacht und betrug im März 2013 deutschlandweit 29 Prozent.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bei den drei- bis sechsjährigen Kindern beträgt die Bildungsbeteiligung insgesamt 96 Prozent. Quantitativ ist der Ausbau also gut gelungen. Jetzt muss verstärkt auf die Qualität geschaut werden. Nach wie vor sind es die Eltern, die in dieser Zeit entscheiden, welche Angebote ihr Kind wahrnimmt. Besonders für Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern kommt es daher entscheidend darauf an, die Eltern anzusprechen und einzubeziehen. Ich kenne viele gute Beispiele dafür.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

Meine Damen und Herren, Deutschland lebt von seinen Köpfen. Flapsig ausgedrückt kann man auch sagen: Was man nicht im Boden hat, muss man in der Birne haben.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Genau! Ein Spruch von mir! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

– Ein guter Spruch.

(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Das gilt nicht nur im Münsterland!)

– Das gilt nicht nur im Münsterland; das gilt bundesweit. – Wir sollten uns daran halten. Unser Wissen macht uns nämlich auch wirtschaftlich stark. Dabei haben wir einen wachsenden Bedarf in den sogenannten MINT-Fächern: Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik.

(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Sehr gut! Da ist NRW vorn!)

Wir brauchen mehr junge Menschen, die sich hier ausbilden lassen, auch und gerade mehr junge Frauen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

Der Nationale Pakt für Frauen in MINT-Berufen wirkt hier bereits. Immer mehr Frauen folgen der Aufforderung: „Komm, mach MINT“. 2012 gab es nämlich schon 57 Prozent mehr MINT-Studienanfängerinnen als 2008. Es geht darum, in jungen Jahren Interesse zu wecken und eigene Erfahrungen zu ermöglichen, mit dem Ziel, aus diesem Grundwissen einen Nährboden für spätere technische und naturwissenschaftliche Berufsausbildungen wachsen zu lassen.

Genau hier setzt die Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ an. 2006 gegründet und vom Bundesbildungsministerium gefördert, hat sie sich mittlerweile zur größten frühkindlichen Bildungsinitiative entwickelt, die es in Deutschland je gegeben hat. Wussten Sie das?

(Hubertus Heil [Peine] [SPD]: Ja!)

– Das ist gut.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Was zunächst auf Kitas ausgerichtet war, wird seit 2011 auch auf die Grundschulen ausgeweitet. Unser Ziel ist es, die kleinen Forscher in 80 Prozent aller Kitas experimentieren zu sehen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bei älteren Schülern muss man noch mehr für die MINT-Fächer werben. Dazu gehört zum Beispiel, Lehrerinnen und Lehrer als Botschafter für Naturwissenschaften zu gewinnen. Nötig ist auch mehr Spielraum für vertiefende Erfahrungen und Experimente über die regulären Lehrpläne hinaus. Hier kommt den Ganztagsschulen eine besondere Bedeutung zu. Das Angebot wurde in den letzten Jahren massiv ausgebaut. Mittlerweile geht schon jeder dritte Schüler ganztags zur Schule. Der Bedarf ist noch größer.

(Dr. Simone Raatz [SPD]: Das ist richtig!)

Ganztagsschulen erhöhen nachweislich die Bildungschancen. Studien belegen, dass Kinder, die regelmäßig an Ganztagsangeboten teilnehmen, bessere Lernerfolge erzielen. Der Erfolg schulischer Ganztagsbetreuung bestimmt sich maßgeblich durch die pädagogischen Konzepte. Hier müssen innovative Lösungen gefunden werden.

Meine Damen und Herren, das formale Ziel jeder Schulausbildung ist der Schulabschluss. Noch immer ist die Zahl derer, die ihn nicht schaffen, leider zu hoch. Der Übergang zum nächsten Schritt, zur Ausbildung, wird damit deutlich erschwert. Denn nicht jeder, der eine Ausbildung oder ein Studium anfängt, schafft den angestrebten Abschluss. Aber auch hier passiert sehr viel. Die Initiative Bildungsketten zur Berufseinstiegsbegleitung verzeichnet seit Jahren große Erfolge.

Gerade haben Bund, Länder und Sozialpartner die Allianz für Aus- und Weiterbildung unterzeichnet. Das Konzept der assistierten Ausbildung sieht vor, dass sowohl die Auszubildenden als auch die Betriebe während der Ausbildung Ansprechpartner haben, die bei Schwierigkeiten vermitteln können. Dies alles ist ein entscheidender Beitrag zur Stärkung der beruflichen Bildung im deutschen Mittelstand, dem Rückgrat unserer Wirtschaft. Denn wir brauchen beides: Wir brauchen berufliche und akademische Bildung.

(Beifall des Abg. Dr. Ernst Dieter Rossmann [SPD])

Das sage ich bewusst, weil ich die Verzahnung beider Systeme für unabdingbar halte.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Die Anzahl der Studienanfängerinnen und -anfänger übersteigt bei weitem die von Bund und Ländern angestrebte Zielmarke von 40 Prozent. Sie lag 2012 bei 51,4 Prozent. Gerade in den MINT-Fächern sind jedoch zu viele Abbrüche zu verzeichnen. Gemeinsam mit den Hochschulen und Kammern suchen wir nach neuen Lösungen, wie es weitergehen kann, wenn ein begonnener Bildungsweg nicht abgeschlossen wurde. Damit es weitergeht und aus dem scheinbaren Scheitern eine genutzte Chance wird, müssen wir klären, was angerechnet werden kann: von einer Ausbildung für eine andere, von einem begonnenen Studium für eine Ausbildung und von auf dem Ausbildungsweg erworbenen Qualifikationen für ein Studium.

Die Gründe für einen Abbruch liegen oft nicht im fachlichen Bereich, sondern in den sogenannten Sekundärtugenden. Wesentliche Kompetenzen dafür werden bereits in der frühen Kindheit erworben. Hier sind wir dann wieder bei der Bedeutung der frühkindlichen Bildung für den gesamten Bildungsweg.

Meine Damen und Herren, das Schwerpunktthema des Bildungsberichtes 2014 – die Inklusion und die Frage, was wir für Menschen mit Behinderung im Bildungsbereich tun müssen – wurde in dieser Debatte bereits umfangreich erörtert. Mir ist wichtig, dass wir mit den Verbesserungen im gesamten Bildungsbereich gerade diejenigen erreichen, die vielleicht keinen anerkannten besonderen Förderbedarf haben, aber dringend eine bessere individuelle Förderung benötigen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. René Röspel [SPD])

Betonen möchte ich: Für die Bewältigung der anstehenden Herausforderungen ist das Zusammenwirken aller Akteure zwingend erforderlich. Bund, Länder, Kommunen und Bildungsträger in Wirtschaft und Gesellschaft müssen zusammenarbeiten.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Der Bund stellt in dieser Legislaturperiode zusätzlich 6 Milliarden Euro für Bildung und Betreuung zur Verfügung. Durch die freiwerdenden BAföG-Mittel können – und sollten – die Länder insgesamt 1,2 Milliarden Euro jährlich in Schulen und Hochschulen investieren. Wenn die darin liegenden Chancen jetzt gut genutzt werden, kommen wir alle einen Riesenschritt voran. Wir kennen unsere Aufgaben, und wir gehen sie entschlossen an.

Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort hat nun der Kollege Willi Brase für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4441468
Wahlperiode 18
Sitzung 80
Tagesordnungspunkt Nationaler Bildungsbericht 2014
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta