Günter BaumannCDU/CSU - Abkommen mit Polen über Polizei- und Zollzusammenarbeit
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Vor wenigen Wochen konnten wir den 25. Jahrestag der friedlichen Revolution in der ehemaligen DDR und des Falls der Mauer begehen. Dieses Ereignis war 1989 der Beginn für umfangreiche politische Veränderungen in Europa. Damit war auch ein schrittweiser Abbau von Grenzen verbunden. Offene Grenzen zu Tschechien und Polen sind ein wichtiger Schritt der Aufarbeitung einer teilweise sehr leidvollen Geschichte der Völker. Offene Grenzen sind aber auch entscheidend für eine bessere Entwicklung auf den Gebieten von Wirtschaft und Tourismus.
Meine Damen und Herren, der Zugewinn an Freiheit brachte uns aber leider auch einen Anstieg an grenzübergreifender Kriminalität, insbesondere organisierter Kriminalität. Beispiele wurden hier bereits genannt: Wohnungseinbrüche, Autodiebstähle, Diebstähle von Buntmetall und Traktoren, der Diebstahl einer ganzen Tierherde, Diebstähle aus Unternehmen, die oft zu großen Verärgerungen führen. Von der Insel Usedom über Frankfurt/Oder bis in die Lausitz und ins Erzgebirge gibt es überall dieselben Probleme.
Gestatten Sie mir, um die Dimension einmal deutlich zu machen, zwei Fälle aus den letzten Tagen aufzuführen:
Am letzten Sonntag wurden in der Nähe von Greifswald aus einer Garage vier Traktoren, eine Strohballenpresse und ein Güllewagen im Gesamtwert von 560 000 Euro gestohlen. Das ist eine bemerkenswerte Dimension. Die Fahrzeuge wurden am helllichten Sonntag über die Insel Usedom Richtung Polen gefahren. Das fiel einem Bürger auf, der die Polizei benachrichtigt hat. Mithilfe der polnischen Kollegen konnten auf polnischem Gebiet im Terminal des Hafens von Swinemünde die Traktoren gefunden und sichergestellt werden.
Ein zweiter Fall hat sich am letzten Wochenende in Dresden ereignet, wo Fahnder in einem Kleintransporter immerhin 2 Kilogramm Crystal gefunden haben. Wert: 100 000 Euro.
Das ist organisierte, grenzübergreifende Kriminalität. Die Bürger in den Grenzregionen sind mit Recht besorgt, verärgert, verunsichert und verlangen natürlich, dass der Staat handelt. Der Staat muss handeln. Die Grenzen zu schließen, wie es manche Politiker fordern, oder Bürgerwehren, wie sie sich in manchen Orten gebildet haben, sind absolut keine Lösungen. Dem erteilen wir eine klare Absage.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Der Staat, der das Gewaltmonopol in seinen Händen hat, muss es behalten und die Kriminalität mit allen Mitteln bekämpfen. Dem Bürger ist es vollkommen egal, wer für Ordnung sorgt: ob die Landespolizei, die Bundespolizei oder der Zoll. Er will einfach sicher leben. Es wurde bereits gesagt: Wir brauchen eine gut ausgestattete Polizei, wir brauchen eine zahlenmäßig starke Polizei, und wir brauchen – darüber reden wir heute – eine Polizei, die über Ländergrenzen hinweg agieren kann.
Deutschland hat mit allen Nachbarstaaten bilaterale Abkommen geschlossen. Heute debattieren wir in erster Lesung über ein Abkommen mit Polen. Wir haben bereits einen Polizeivertrag, der auch funktioniert. Wolfgang, ich habe gestern mit deinem Nachfolger gesprochen, dem Polizeipräsidenten der Polizeidirektion Görlitz. Er hat erzählt, was bisher funktioniert. Aber man kommt an gewisse Grenzen. Deshalb brauchen wir einen neuen Vertrag, mit dem wir einen Schritt weitergehen.
Der Staatssekretär sprach bereits die Gründe an, warum ein neuer Vertrag erforderlich ist. Das hat zum einen mit veränderten europäischen Rahmenbedingungen zu tun, die wir hier beachten müssen: der Öffnung der EU- Grenzen zu Polen, dem Beitritt zum Schengener Abkommen. Das Zweite ist: Wir wollen – das ist in dem neuen Vertrag geregelt – einen größeren Handlungsspielraum. Es sind bereits Beispiele genannt worden. Ich möchte Ihnen diese ersparen.
Frau Jelpke, warum die Länder? Es sind eben die Bundes- und die Landespolizeien, die einbezogen sind. Im Freistaat Sachsen haben wir über 700 Kilometer Außengrenzen, sodass die Landespolizei an allen Stellen gefordert ist. Deswegen gilt der Vertrag für die Landespolizeien, die Bundespolizei und den Zoll.
Entscheidend ist, dass wir die Arbeitsbedingungen derjenigen, die für unsere Sicherheit zuständig sind, verbessern. Wir müssen ihnen mehr Spielraum geben und dafür sorgen, dass noch enger zusammengearbeitet wird. Vor allem müssen wir dafür sorgen, dass die jeweils Verantwortlichen auf dem Nachbargebiet hoheitliche Aufgaben verrichten können, was ganz entscheidend ist.
Wir haben mit dem Vertrag mit Polen eine Regelung geschaffen. Wichtig ist aber auch, dass wir in den nächsten Tagen, spätestens in den nächsten Wochen, über den gleichen Vertrag mit Tschechien verhandeln. Der hier bestehende Vertrag ist nämlich genauso alt und muss daher auf den Prüfstrand. Da sich auch in Bezug auf Tschechien die Bedingungen verändert haben, brauchen wir auch hier andere Regelungen.
Der Vertragsentwurf, den wir heute beraten, signalisiert unseren Bürgerinnen und Bürgern, dass wir für mehr Sicherheit sorgen, und er ist eine ganz klare Kampfansage an die großen und kleinen Ganoven auf beiden Seiten der Grenze.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen und mich ganz herzlich bei den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten von Bund und Ländern sowie bei den Zollbeamtinnen und Zollbeamten für ihren täglichen, engagierten, oft auch sehr gefährlichen Einsatz bedanken. Sie tun ihren Dienst für unsere Sicherheit. Dafür einen ganz herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Da ich der letzte Redner in dieser Debatte sein darf, habe ich Ihnen allen ein Geschenk mitgebracht: Ich möchte Ihnen zwei Minuten Zeit schenken.
Danke.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4442080 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 80 |
Tagesordnungspunkt | Abkommen mit Polen über Polizei- und Zollzusammenarbeit |