Bettina HagedornSPD - Aktuelle Stunde zum EZB-Anleihekaufprogramm
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Der Kollege Schlecht von der Linksfraktion hat vorhin das intellektuelle Niveau beklagt. Ich denke, dass Sie dieser Debatte mit dieser Wertung nicht gerecht werden, außer Sie meinen vielleicht die Beiträge aus Ihrer eigenen Fraktion,
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/ CSU – Zurufe von der LINKEN: Oh!)
und zwar deshalb, weil sie mit der Wirklichkeit so wenig zu tun haben.
Vor diesem Hintergrund will ich daran erinnern: Wenn wir in der Vergangenheit über die EZB-Politik diskutiert haben – das tun wir ja mitnichten das erste Mal –, war sich meine Fraktion, auch als wir noch nicht mit der Union zusammen regiert haben, in zwei Punkten mit dem größten Teil dieses Hauses einig, nämlich erstens darin, dass die Unabhängigkeit der EZB ein hohes Gut ist, das von uns allen respektiert wird, und zweitens darin, dass die EZB in der Vergangenheit viele Dinge getan hat, die sie möglicherweise nicht ganz freiwillig gemacht hat. Es war schlicht und ergreifend so, dass, was den großen Tanker Europa mit seinen 28 Staaten angeht, die notwendigen Schritte, die auf die Euro- und Finanzkrise hätten folgen müssen – nicht nur im Hinblick auf die Geldwertstabilität, sondern auch und vor allen Dingen mit Blick auf die Strukturreformen, die erfolgen mussten, und die Ankurbelung der Finanz- und Wirtschaftspolitik –, nicht so schnell gegangen worden sind, wie es notwendig gewesen wäre. Wir alle können uns bei der EZB dafür bedanken, dass sie hier in großer europäischer Verantwortung immer wieder mit eingesprungen ist.
(Beifall bei der SPD)
Das ist nicht ihre Aufgabe. Ihre Aufgabe ist die Gewährleistung der Geldwertstabilität. Aber es ist so, wie verschiedene Kollegen schon gesagt haben: Die Geldwertstabilität ist die eine Seite. Die andere Seite ist die politische Verantwortung. Ja, auch der Deutsche Bundestag und auch die Bundesregierung haben sich in der Vergangenheit auf europäischer Ebene sehr wohl zu Reformen bekannt und versucht, sie anzustoßen. Auch wir müssen mehr Verantwortung übernehmen, wenn es um das Thema Bildung und um die Ankurbelung der Wirtschaft geht. Das Ausmaß der Jugendarbeitslosigkeit im Süden Europas ist nicht hinzunehmen. Das müssen Sie uns aber nicht sagen. Dazu hat der Deutsche Bundestag mit unseren Stimmen schon längst Beschlüsse gefasst.
Ja, es ist richtig, dass sich die Dinge in Europa nicht sehr schnell in die richtige Richtung bewegen; das sehen auch wir. Europa ist eben ein Tanker. Wer von der Küste kommt, der weiß: Ein großer Tanker kann nicht mal so eben umgelenkt werden. Aber wichtig ist: Wir haben gemeinsam den richtigen Kurs eingeschlagen. Wir brauchen aber auch die anderen europäischen Partner, die diesen Kurs gemeinsam mit uns einschlagen wollen.
Richtig ist auch, dass wir in der Großen Koalition auf nationaler Ebene gemeinsam den Beitrag dazu leisten, den wir leisten können. Dafür gibt es Beispiele. Dazu gehören nicht nur die im Koalitionsvertrag verabredeten 5 Milliarden Euro für die Infrastruktur, sondern dazu gehört auch das 10-Milliarden-Euro-Paket, das jetzt hinzukommt und über das wir hier zeitnah diskutieren werden. Natürlich werden wir in Deutschland öffentliche Investitionen anstoßen; das ist dringend erforderlich. Dadurch sollen Arbeitsplätze geschaffen werden, und dadurch soll die Wirtschaft angeregt werden, zu investieren.
Richtig ist auch – darauf hat mein Kollege schon zu Recht hingewiesen, auch der Kollege Norbert Barthle –, dass die aktuelle Zinssituation es allen leichtmacht. Jetzt müssen aber alle Akteure ihrer Verantwortung gerecht werden. Natürlich ist die aktuelle Zinssituation für die Sparer nicht angenehm. Aber jede Medaille hat zwei Seiten. Es ist ja nicht so, dass wir – absichtlich, mutwillig, um die Sparer zu ärgern – diesen Kurs gewählt hätten. Tatsache ist, dass die Sparer derzeit nur geringe Zinsen bekommen; ja, das ist richtig. Aber richtig ist auch, dass es darum klug ist, die Binnennachfrage zu steigern. Der Jahreswirtschaftsbericht, über den wir in dieser Woche noch diskutieren werden, macht deutlich, dass wir dabei in Deutschland auf einem guten Weg sind. Damit wollen wir Motor in Europa sein und bleiben, und wir wollen natürlich auch unserer Verantwortung dafür gerecht werden, dass diese Schritte in Europa analog weiter fortgesetzt werden.
Daran arbeiten wir in diesem Haus gemeinsam – zumindest alle außer den Linken. Ich hoffe, dass Sie von den Linken Ihre bloßen Reden, in denen Sie alles schlechtmachen und schlechte Stimmung verbreiten, hier nicht weiter fortsetzen; denn das hat mit der Realität nichts zu tun und bringt uns nicht einmal ansatzweise voran.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Das Wort hat jetzt der Kollege Jürgen Trittin, Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4506596 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 81 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zum EZB-Anleihekaufprogramm |