Volkmar KleinCDU/CSU - Aktuelle Stunde zum EZB-Anleihekaufprogramm
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich halte die Diskussion schon für sehr erstaunlich. Dass diese eigentlich ganz sachliche, wirtschaftspolitische und theoretische Diskussion zu derartig breit angelegter Polemisierung genutzt wird, ist schon erstaunlich. Auch die Erfindung des Wortes „Schuldenschnitt mit Frischgeld“ ist genauso erstaunlich und eigentlich auch ein bisschen verräterisch.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Carsten Schneider [Erfurt] [SPD] – Bartholomäus Kalb [CDU/CSU]: Er kriegt zum Frühstück immer Frischkäse!)
Es geht darum, Entscheidungen der unabhängig entscheidenden EZB zu diskutieren, gegebenenfalls zu kommentieren, wobei dabei an sich gar nicht so überwältigend viel Neues festzustellen ist. Natürlich ist es richtig, über die Arbeit der EZB auch kritisch zu reden. Natürlich darf es keine monetäre Staatsfinanzierung geben. Das ist der EZB verboten. Aber im Rahmen ihrer Aufgaben und zur Erreichung ihrer Ziele darf und muss die EZB am Markt auftreten, also konkret auch am Sekundärmarkt für Staatsanleihen. Die Warnungen, die man hier und da hört oder die aus der Bundesbank kommen, sind durchaus berechtigt, dass nämlich dieses Auftreten am Markt selbstverständlich nicht in monetäre Staatsfinanzierung abgleiten darf.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das passiert aber auch nicht. Das, was wir gegenwärtig sehen, ist aus meiner Sicht weder qualitativ noch quantitativ wirklich etwas Neues. Zum Thema Qualität: 2012 hat die EZB angekündigt, im Rahmen des OMT- Programms, wenn es denn die Stabilität erfordere, notfalls unbegrenzt Staatsanleihen zu kaufen. Die EZB hat damit die Angst aus dem Markt genommen. Ordnungspolitisch sicherlich ein Stück fragwürdig, aber die Märkte wurden beruhigt. Kein einziger Euro im Rahmen dieses OMT-Programms musste ausgegeben werden. Man kann natürlich sagen: Genauso ordnungspolitisch fragwürdig war 2008 die Ankündigung der Bundesregierung, die Sparguthaben unbegrenzt zu sichern.
Jetzt geht es darum, auf dem Sekundärmarkt begrenzt Staatsanleihen zu kaufen. Dies hat die EZB im Rahmen ihrer Unabhängigkeit als das geeignete Mittel angesehen, um der Deflationsgefahr entgegenzutreten, und hat sich jetzt dafür entschieden. Natürlich ist es richtig, gerade in Deutschland mit unserer Geschichte über Inflationsgefahr nachzudenken und sie im Auge zu behalten. Aber gegenwärtig wird in der Wissenschaft eher darüber diskutiert, ob die EZB mit den von ihr geplanten Aufkäufen überhaupt eine Wirkung erzielt.
Gegenwärtig haben wir keine Inflationsgefahr; vielmehr ist in den letzten drei Jahren die Inflationsrate in Europa von 3 Prozent auf circa 0 Prozent zurückgegangen. Das heißt, empirisch müssen wir gegenwärtig weniger vor Inflationsgefahren warnen, sondern wir können feststellen: Das ist aus der Sicht der EZB das richtige Mittel, um Deflationsgefahren entgegenzuwirken.
Aber nicht nur qualitativ, sondern vor allen Dingen quantitativ fällt es in der EZB-Bilanz gar nicht so besonders auf, wenn es zur Umsetzung dieses Programms kommt. Bereits 2012 lag die EZB-Bilanzsumme deutlich über 3 000 Milliarden Euro. Heute hat die EZB nur noch 2 000 Milliarden Euro in ihrer Bilanz. Jetzt geht es in dem Programm der EZB um 1 140 Milliarden Euro. Das heißt, nach Ausführung dieses Programms wird die EZB-Bilanzsumme in etwa so hoch sein wie bereits Mitte 2012. Seit 2012 hat die EZB ihre Bilanzsumme drastisch reduziert, in einer Zeit, in der gleichzeitig alle anderen relevanten Notenbanken ihre Bilanzsumme jeweils erheblich ausgeweitet haben. Deswegen ist es falsch, der EZB jetzt eine inflationäre Gesinnung zu unterstellen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Dr. Diether Dehm [DIE LINKE]: Das hat keiner gemacht!)
Es gibt also keinen Anlass, an der Solidität der EZB zu zweifeln. Sie macht ihre Arbeit, und wir machen unsere Arbeit. Denn das, was wir als Bundesrepublik Deutschland, als Staat tun können, ist erstens, für Investitionen zu sorgen und den Juncker-Plan zu unterstützen. Das tun wir. Und noch wichtiger ist: Wir sorgen für Stabilität.
(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: So ist es!)
Denn auf der Basis von Stabilität entwickeln sich Vertrauen und Investitionsbereitschaft. Insofern, meine Damen und Herren, ist die deutsche Haushaltspolitik die beste Konjunkturpolitik für ganz Europa.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Für die SPD-Fraktion hat jetzt das Wort Cansel Kiziltepe.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4506645 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 81 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zum EZB-Anleihekaufprogramm |