28.01.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 81 / Zusatzpunkt 1

Bettina KudlaCDU/CSU - Aktuelle Stunde zum EZB-Anleihekaufprogramm

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich als letzte Rednerin dieser Debatte nochmals auf die wichtigsten Punkte dieser Aktuellen Stunde eingehen. Es war viel von Unabhängigkeit und Aufgaben der EZB die Rede. Ich habe festgestellt: In Ihrer Eingangsrede haben Sie, Herr Dr. Schick, diese Aufgaben doch ziemlich vermengt. Ich halte es für problematisch, wenn wir uns nicht an die europäischen Spielregeln halten.

Da hilft ein einfacher Blick in Artikel 282 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Dort heißt es über das Europäische System der Zentralbanken:

– also quasi an zweiter Stelle –

Erfahrungsgemäß sind unabhängige Zentralbanken besser in der Lage, den Geldwert zu sichern. Diese Unabhängigkeit garantiert, dass eine Zentralbank ihre Aufgaben und ihre Pflichten ohne Einflussnahme der Politik ausüben kann. Das ist ganz wesentlich.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Die Unabhängigkeit des Euro-Systems ist in mehrfacher Hinsicht gewährleistet:

Einmal institutionell: Es ist durch ein umfassendes Verbot nationalen und supranationalen Stellen untersagt, der EZB oder den nationalen Zentralbanken Weisungen zu erteilen.

(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann mal los!)

Zum anderen funktional: Es wählt frei und eigenverantwortlich die Strategien und Maßnahmen, um seine Ziele, vornehmlich die Preisstabilität, zu erreichen. Es gilt die finanzielle Unabhängigkeit, und es gilt die personelle Unabhängigkeit.

Die Bundesregierung respektiert diese Haltung und hält sich an die Regeln der europäischen Verträge. Bezüglich des angekündigten Anleihekaufprogramms muss allerdings erst noch ein Rechtsakt der EZB erfolgen, in dem gewisse Haftungsklauseln festgelegt werden, vergleiche die Schlussanträge des Generalanwalts vom 14. Januar 2015 im OMT-Verfahren vor dem EuGH.

Des Weiteren möchte ich auf die Begründung des Programms – die drohende Deflationsspirale zu stop-pen – und auf die Wirtschaftspolitik eingehen.

Die Gefahr einer Deflation, also einer gefährlichen Abwärtsspirale aus sinkenden Preisen und Löhnen, bei der dann auch die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zurückgeht, wird vonseiten der Deutschen Bundesbank als gering angesehen. Die derzeit niedrigen Inflationsraten werden von zwei Faktoren getrieben: zum einen von dem Anpassungsprogramm und zum anderen – Herr Dr. Michelbach hat es erwähnt – von den niedrigen Ölpreisen, die quasi als Konjunkturprogramm wirken. Bisher gibt es zumindest in Deutschland keine Anzeichen für sinkende Preise und Löhne. Im Gegenteil, es sind Preissteigerungstendenzen erkennbar, zum Beispiel durch die Einführung des Mindestlohns. Allerdings dürfen wir den Blickwinkel nicht nur auf Deutschland richten; es geht hier schließlich um den gesamten Euro-Raum.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zur Erlangung der Wettbewerbsfähigkeit einzelner Länder kann es durchaus notwendig sein, dass die Preise etwas nach unten gehen. Allerdings darf es nicht zu einer regelrechten Deflationsspirale führen.

Was die Wirtschaftspolitik betrifft, so unterstützt die EZB die allgemeine Wirtschaftspolitik in der Union. Wir müssen Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit in den einzelnen Staaten fördern. Aber die Maßnahmen, die strukturellen Anpassungen, können die einzelnen Staaten nur selbst ergreifen. Jede Volkswirtschaft braucht unter Umständen viele Jahre, um wettbewerbsfähig zu werden. Sanierungsprozesse brauchen Geduld. Wir sollten nicht bei jeder Entscheidung der EZB gleich das Gesamte infrage stellen. Das würde dazu führen, dass wir die europäischen Regeln kaputtreden, dass wir den Euro schlechtreden. Wir müssen uns klar an die Regeln halten. Die EZB kann nicht die Strukturprobleme der einzelnen Staaten lösen, sondern nur die Nationalstaaten selbst können dies erreichen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4506684
Wahlperiode 18
Sitzung 81
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zum EZB-Anleihekaufprogramm
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