Kai WegnerCDU/CSU - Soziale Wohnungswirtschaft
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem Frau Bluhm die Anträge der Linken hier nochmals begründet hat, sehe ich mich in meiner Einschätzung bestätigt, zu der ich gekommen bin, als ich die Anträge gelesen habe: Das, was in den Anträgen nicht ganz falsch, vielleicht sogar gut ist, das ist nicht neu, Frau Bluhm, und das, was neu ist, das ist definitiv nicht gut.
(Caren Lay [DIE LINKE]: Aber was machen Sie denn?)
Nichtsdestotrotz begrüße ich, dass wir diese Debatte heute im Hohen Hause führen, da das Thema Wohnen für die Menschen in unserem Land von ganz großer Bedeutung ist. Liebe Frau Bluhm, vielleicht lernen Sie in der Debatte noch etwas dazu; denn die Bundesregierung ist auf diesem Weg sehr erfolgreich und sehr aktiv.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was? Hallo? Wo denn bitte?)
Wir von der Koalition wissen, dass Wohnen mehr bedeutet, als ein Dach über dem Kopf zu haben. Wir wissen, dass eine Wohnung der Lebensmittelpunkt für die Menschen ist. Sie dient als Rückzugs- und Erholungsraum. Die Behaglichkeit der eigenen vier Wände bietet den Menschen auch Lebensqualität.
In den Problembeschreibungen, liebe Frau Bluhm, stimme ich den Linken in einigen Punkten durchaus zu. Ja, wir stehen in der Wohnungspolitik vor großen Herausforderungen. Ja, wir haben eine wachsende Nachfrage nach Wohnraum und deshalb auch steigende Mieten, insbesondere in großen Städten, in Ballungsräumen, aber auch in kleineren Universitätsstädten.
(Volkmar Vogel [Kleinsaara] [CDU/CSU]: So ist das!)
Angesichts des demografischen Wandels müssen große Teile des Wohnungsbestandes altersgerecht umgebaut werden. Auch müssen wir weiter in die energetische Sanierung des Wohnungsbestandes investieren, um diese weiter voranzutreiben.
Die Große Koalition hat sich dieser Herausforderungen angenommen und ist längst aktiv geworden. Ja, Frau Bluhm, wir haben die Mietpreisbremse auf den Weg gebracht. Wir wollen verhindern, dass einige Bevölkerungsgruppen ganze Stadtteile nicht mehr bewohnen können. Wir wollen verhindern, dass Menschen in Stadtvierteln nach Einkommen getrennt leben. Das zerstört die Vielfalt in unseren Städten. Das zerstört die Kreativität, und das spaltet auch die Gesellschaft. Meine Damen und Herren, ich sage es sehr deutlich: Wir wollen keine Pariser Verhältnisse in unseren Städten. Wir wollen nicht, dass Menschen einiger Einkommensgruppen an die Ränder der Städte verdrängt werden. Wir wollen vielmehr eine gute soziale Durchmischung in unseren Städten auch auf dem Wohnungsmarkt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Frau Bluhm, das beste Mittel gegen steigende Mieten, gegen Gentrifizierung ist nun einmal der Wohnungsneubau. Nachdem ich Ihre Anträge gelesen habe, freue ich mich, dass die Linken das ganz offensichtlich auch endlich verstanden haben.
(Heidrun Bluhm [DIE LINKE]: Schon immer!)
Wir müssen aber – das sage ich ganz deutlich, und damit will ich nichts zerreden – darauf aufpassen, dass sich die Mietpreisbremse gerade vor dem Hintergrund des Wohnungsneubaus nicht zu einer Investitionsbremse entwickelt. Darauf achtet die Koalition, und das werden wir sicherstellen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Volkmar Vogel [Kleinsaara] [CDU/CSU]: Das ist ganz wichtig!)
Ich erwarte auch von den Ländern, dass sie gerade in den Gebieten, in denen die Mietpreisbremse gelten wird, dafür Sorge tragen werden, dass dort neuer, bezahlbarer Wohnraum entsteht. Auch das dient der sozialen Mischung in unseren Städten.
Weiterhin haben wir, Frau Bluhm, das Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen ins Leben gerufen. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir in diesem Bündnis die unterschiedlichen Akteure, nämlich Bund, Länder, Kommunen, aber auch die Verbände, an einen Tisch bringen; denn die wohnungspolitischen Herausforderungen, vor denen wir stehen, werden nur alle Akteure gemeinsam bewältigen können.
Für uns ist es gerade im Rahmen des Bündnisses ganz wichtig, eine Baukostensenkungskommission einzusetzen. Es geht darum, Kostensteigerungen im Baubereich zu analysieren. Preistreibende und überdimensionierte Standards müssen dabei auf den Prüfstand. Wir als Koalition machen uns dafür stark, dass wir beim Bauen sinkende Kosten haben, dass wir ein investitionsfreundliches Klima erreichen. Dass dies letztlich den Mieterinnen und Mietern dient, davon sind wir felsenfest überzeugt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Volkmar Vogel [Kleinsaara] [CDU/CSU]: Das ist der richtige Weg!)
Ich würde es in der Tat begrüßen, wenn die Bundesregierung zeitnah einen Zwischenbericht über die bisherigen Aktivitäten dieses Bündnisses vorlegte. Wir brauchen erste Ergebnisse; denn die Herausforderungen sind groß.
Auch auf den demografischen Wandel reagieren wir. Sie tun immer so, als würden wir hier gar nichts tun. Wir haben das Programm „Altersgerecht Umbauen“ aufgelegt, und dieses leistet einen ganz wichtigen Beitrag für die älter werdende Gesellschaft in unserem Land. Durch dieses Programm können gerade ältere Menschen in ihrer vertrauten Umgebung verbleiben, in der sie sich wohlfühlen und in der sie sozial integriert sind.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulli Nissen [SPD])
Ich glaube, das ist eine gute Investition, die den Menschen vor Ort ganz konkret hilft.
Meine Damen und Herren von der Linken, ich möchte mich jetzt mit der einen oder anderen Forderung aus Ihren Anträgen beschäftigen. Zunächst betrifft dies den sozialen Wohnungsbau. Frau Bluhm, es ist und bleibt so: Auch die Länder sind hier in der Verantwortung.
(Heidrun Bluhm [DIE LINKE]: Der Bund auch!)
Der Bund gibt den Ländern für den sozialen Wohnungsbau zusätzlich 518 Millionen Euro.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dazu ist er gesetzlich verpflichtet!)
Sie fordern jetzt eine Aufstockung auf 700 Millionen Euro. Meine Damen und Herren, dies rufe ich den Ländern zu: Es würde sehr helfen, wenn die zur Verfügung gestellten Mittel des Bundes endlich auch für den sozialen Wohnungsbau genutzt würden.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU sowie der Abg. Ulli Nissen [SPD])
Es kann doch nicht sein, dass die Mittel in den Länderhaushalten versickern und dann nach dem Bund gerufen und gesagt wird: Ihr müsst mehr tun. – Nein, die Mittel, die der Bund jetzt zur Verfügung stellt, müssen die Länder angemessen abfordern. Ich wünschte mir, dass die Länder zu den 518 Millionen Euro, die der Bund zur Verfügung stellt, selbst noch etwas drauflegen, damit wir im sozialen Wohnungsbau mehr tun.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tun sie auch!)
Sie haben auch das Thema BImA angesprochen, Frau Bluhm. Am Beispiel Berlin sieht man doch, dass im Rahmen der bestehenden Gesetze etwas geht. Wir haben in Berlin knapp 5 000 Wohnungen im BImA-Bestand. Derzeit gibt es Verhandlungen zwischen der BImA und dem Land Berlin. Ich wünsche mir sehr, dass der Verkauf der bundeseigenen Liegenschaften und die Verhandlungen mit dem Land Berlin gelingen, und zwar zum Verkehrswert. Das wäre im Interesse der Mieterinnen und Mieter und sollte ein Stück weit Schule machen in Bezug auf die restlichen Bestände. Auch das sage ich sehr deutlich.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Meine Damen und Herren von der Linken, Sie heben in Ihren Anträgen die Städtebauförderung hervor. Ja, die Städtebauförderung ist ein unverzichtbarer Bestandteil unserer Stadtentwicklungspolitik. Sie ist unverzichtbar für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in unseren Städten, und sie ist unverzichtbar für die Integration. Frau Bluhm, dass wir dies auch so sehen und darauf einen Schwerpunkt setzen, sehen Sie doch an der starken Erhöhung der Mittel für die Städtebauförderung, nämlich von 455 Millionen Euro auf 700 Millionen Euro. Wir kritisieren das nicht, wir finden das richtig. Wir haben das ja auch gemacht. Sie von den Linken haben das nicht gemacht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie fordern nun in Ihren Anträgen, die Mittel des Programms „Soziale Stadt“ vermehrt für nichtinvestive Maßnahmen zu verwenden. Das lehne ich entschieden ab. Gerade die investiven Maßnahmen sind es doch, die die Lebensqualität in den Städten sichern. Gerade die investiven Maßnahmen sind es doch, die eine Hebelwirkung haben, die weitere Investitionen nach sich ziehen, die in die Wohnumfeldverbesserung einfließen, die der Lebensqualität der Menschen in Ballungsräumen direkt zugutekommen. Das dient dem Mittelstand und dem Handwerk und schafft Arbeitsplätze. Deshalb ist es wichtig, bei der Städtebauförderung gerade die investiven Bereiche nicht zu vernachlässigen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie sprechen auch von der energetischen Sanierung und wollen hier die Umlage der Kosten auf die Mieter begrenzen. Mit Umsetzung Ihrer Forderungen würde erreicht, dass im Bereich der energetischen Gebäudesanierung nichts mehr passiert, Frau Bluhm. Sie würden dafür sorgen, dass die Vermieter keinen Cent mehr investieren. Wir hätten dann große Probleme bei der Klimagerechtigkeit. An Ihrem Antrag sieht man einmal mehr: Was gut gemeint ist, ist nicht immer gut gemacht.
Frau Bluhm, vielleicht erinnern Sie sich einfach einmal: Sie von den Linken haben auch schon Regierungsverantwortung in den Ländern getragen und tragen sie immer noch, und in Berlin haben Sie zehn Jahre Zeit gehabt. Was passiert, wenn die Linke Verantwortung für Wohnungsbaupolitik mitträgt? Sie haben in Berlin in zehn Jahren Ihrer Regierungsbeteiligung 100 000 Wohnungen privatisiert;
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Gibt’s doch gar nicht! – Volkmar Vogel [Kleinsaara] [CDU/CSU]: Da steht uns in Thüringen ja noch was bevor! – Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Die Verträge wurden doch vorher gemacht!)
30 Prozent des Bestandes an öffentlichen Wohnungen wurden verkauft. In Ihrer Regierungszeit gab es im Wohnungsneubau in Berlin so gut wie keine Investitionen. Wenn wir in Berlin über steigende Mieten, über die Verdrängung der ortsansässigen Bevölkerung, über die Gefährdung einer guten sozialen Durchmischung sprechen müssen, dann ist das immer auch zu einem guten Teil auf die Erblast Ihrer gescheiterten linken Wohnungsbaupolitik zurückzuführen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Heidrun Bluhm [DIE LINKE]: Aber wir lernen daraus!)
Seitdem Sie nicht mehr in Berlin regieren, entstehen wieder Wohnungen. Wir haben einen Wohnungsbauförderfonds aufgelegt. 10 000 neue Wohnungen jährlich im sozialverträglichen Segment werden wir errichten. Es ist gut, wenn Sie keine Verantwortung für die Wohnungsbaupolitik haben.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Für andere Sachen auch nicht!)
Meine Damen und Herren von der Linken, gerade kam in einem Zwischenruf von Ihnen zum Ausdruck: Wir haben es schon immer so gesehen, dass wir Wohnungsneubau brauchen. – Ich erinnere ungern an den Volksentscheid zum Tempelhofer Feld. Aber auch da haben Sie eine unrühmliche Rolle gespielt. Dort hätten 5 000 neue Wohnungen entstehen können;
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Da wollten Sie Luxuswohnungen bauen! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hochpreisig!)
aber Sie haben populistisch dagegengehalten, haben Wohnungsneubau verhindert. Sie reden in Sonntagsreden von Wohnungsneubau. Da, wo er konkret stattfinden kann, Frau Bluhm, verhindern Sie ihn. Deswegen sind die Anträge, die Sie heute hier vorgelegt haben, auch nicht glaubwürdig.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
In der Wohnungspolitik setzt die Koalition auf einen Dreiklang aus einer Stärkung der Investitionstätigkeit, einer Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus und einer ausgewogenen mietrechtlichen und sozialpolitischen Flankierung. Diesen Kurs werden wir entschieden fortsetzen. Wir sorgen dafür, dass Wohnen für Gering- und Durchschnittsverdiener bezahlbar bleibt und dass ausreichend Wohnraum zur Verfügung gestellt wird. Die Koalition wird hier die Bemühungen der Bundesministerin Hendricks weiterhin unterstützen. Meine Damen und Herren von den Linken, ich empfehle Ihnen, das auch zu tun; denn uns allen hier im Hause sollte doch klar sein, dass Wohnungen nicht irgendeine Ware sind, sondern das Zuhause für die Menschen.
(Volkmar Vogel [Kleinsaara] [CDU/CSU]: So ist es!)
Diese Regierung wird ihren Weg in der Wohnungspolitik konsequent fortsetzen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist Christian Kühn, Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4511112 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 82 |
Tagesordnungspunkt | Soziale Wohnungswirtschaft |