Sören BartolSPD - Soziale Wohnungswirtschaft
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Koalition hat das Thema Mieten, Wohnen und Stadtentwicklung oben auf die Tagesordnung gesetzt. Ich danke den Kollegen von der Linken, dass sie es heute im Bundestag aufgerufen haben.
(Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Gerne!)
Gutes und bezahlbares Wohnen ist eines der zentralen Vorhaben in dieser Legislaturperiode. Barbara Hendricks und Heiko Maas und natürlich auch die gesamte Koalition sorgen dafür, dass es nun auch Schritt für Schritt umgesetzt wird.
Wir haben schon 2014 die Städtebauförderung von 455 Millionen Euro auf 700 Millionen Euro aufgestockt, das Programm Soziale Stadt von 40 Millionen Euro auf 150 Millionen Euro.
(Beifall bei der SPD)
Soziale Stadt wird zum ressortübergreifenden Leitprogramm für die soziale Integration in den Städten. Heiko Maas hat bereits im letzten Jahr auch die Mietpreisbremse und das Bestellerprinzip für Makleraufträge auf den Weg gebracht. Das parlamentarische Verfahren, liebe Kolleginnen und Kollegen, muss jetzt endlich abgeschlossen werden.
(Beifall bei der SPD)
Der Entwurf für die Wohngeldnovelle liegt vor; er geht in den nächsten Monaten ins Kabinett. Erstmals seit 2009 wird damit das Wohngeld wieder erhöht. Die Wohngeldreform entlastet über 900 000 Haushalte; 360 000 davon bekommen durch die Reform zum ersten Mal oder wieder einen Anspruch auf Wohngeld. Wir sorgen dafür, dass Familien und ältere Menschen nicht allein wegen hoher Mieten Arbeitslosengeld oder Grundsicherung im Alter beantragen müssen.
Barbara Hendricks hat das Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen gestartet und arbeitet gemeinsam mit wohnungswirtschaftlichen Verbänden, den Ländern, dem Mieterbund an Vorschlägen, den Wohnungsbau für Mieter mit geringem Einkommen anzukurbeln. In diesem ersten Regierungsjahr haben wir eben vieles zur Entlastung der Mieter und für die lebenswerten Städte auf den Weg gebracht.
Mit der Mietpreisbremse schaffen wir endlich die Möglichkeit, exzessive Preissteigerungen bei Wiedervermietungen zu begrenzen. Das ist eine wichtige Ergänzung zur abgesenkten Kappungsgrenze bei den Bestandsmieten, die viele Länder wie Hamburg, Berlin, NRW, Bayern, Hessen und Rheinland-Pfalz schon eingeführt haben. Mit der Mietpreisbremse wird es in angespannten Wohnungsmärkten endlich auch bei neuen Mietverträgen eine Grenze nach oben geben. Maßstab dafür ist die ortsübliche Vergleichsmiete. Das dämpft zugleich die Dynamik der Mietentwicklung insgesamt.
Die Mietpreisbremse ist ein ausgewogenes Instrument, das Mieterinnen und Mieter schützt. Neubauten und umfassend modernisierte Wohnungen sind davon ausgenommen, um Investitionen in den Neubau und den Werterhalt nicht auszubremsen. Doch das hält leider manche nicht davon ab, mit einer Verfassungsbeschwerde zu drohen und deutlichen Mieterhöhungen noch vor dem Inkrafttreten das Wort zu reden. Sie übersehen, dass Eigentum verpflichtet.
Es geht nicht darum, den Mietwohnungsmarkt außer Kraft zu setzen. Eine angemessene Rendite ist auch mit Mietpreisbremse weiterhin möglich, überzogene Renditen ohne jede Verbesserung des Wohnwerts aber eben nicht.
(Beifall bei der SPD)
Die Statistik zeigt: Je länger angespannte Wohnungslagen anhalten, desto mehr entfernen sich die Angebotsmieten vom Mietspiegel – in teuren Städten im Schnitt um 25 Prozent, sogar in normalen Lagen. Das können sich dann selbst Haushalte mit mittlerem Einkommen nicht mehr leisten.
Hier in Berlin ist die Mietpreisspirale in den gehobenen Wohnlagen wie Charlottenburg mittlerweile an die Grenze dessen geraten, was auch Mieter mit höherem Einkommen bereit sind, zu zahlen. Sie weichen jetzt in den Wedding oder nach Lichtenberg aus. Die Angebotsmieten in Charlottenburg sinken, aber der Preisdruck in den einfachen Wohnlagen steigt.
Für Haushalte mit niedrigen Einkommen macht die Mietbelastung bis zu 50 Prozent des Einkommens aus. Das trifft vor allem Alleinlebende und Alleinerziehende, aber auch Familien. Sie finden in den Innenstädten keinen bezahlbaren Wohnraum mehr, und das hat natürlich auch Folgen für die soziale Durchmischung der Städte. Deswegen brauchen wir die Mietpreisbremse, und zwar jetzt.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Ja! Wo ist sie denn? Ihr seid zuständig! – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nächste Woche!)
Ich bin optimistisch, dass wir den wichtigen Gesetzentwurf dazu im Bundestag jetzt schnell abschließend beraten werden, und ich sage es auch ganz deutlich: Ich baue hier auch auf das Versprechen der Kanzlerin und das Versprechen dieser Koalition.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lisa Paus [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Und was ist mit der Senkung der Modernisierungsumlage?)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das gilt auch für das Bestellerprinzip bei den Maklergebühren. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Vermieter die Kosten für den Makler nicht mehr einfach auf den Mieter überwälzen können. Unbenommen ist es wohnungssuchenden Mietern natürlich, auf eigene Rechnung einen Makler zu beauftragen. In jedem Fall muss es ab jetzt einen schriftlichen Vertrag über den Suchauftrag geben, und ich sage es noch einmal: Wer bestellt, bezahlt. Das ist ein klares und, wie ich finde, faires marktwirtschaftliches Prinzip.
Wir wollen einen besseren Mieterschutz, gleichzeitig aber Investitionen in den notwendigen Neubau. Klar ist: Die Mietpreisbremse alleine bringt keinen bezahlbaren Wohnraum.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
In den wachsenden Städten brauchen wir Neubau, zumal die Zahl der Haushalte und auch die Ansprüche an die Wohnfläche zunehmen. Neubau – vor allen Dingen im unteren und mittleren Preissegment – kann nur gelingen, wenn Bund, Länder und Kommunen an einem Strang ziehen und mit der Bau- und Wohnungswirtschaft, den Gewerkschaften und dem Mieterbund gemeinsam nach Lösungen dafür suchen, wie Neubau zu vertretbaren Kosten realisiert werden kann.
Barbara Hendricks hat das mit dem Bündnis für bezahlbares Wohnen und Bauen in Angriff genommen und braucht hier auch die aktive Unterstützung der Länder und der Wohnungswirtschaft. Vor allem auch genossenschaftliche Wohnungsunternehmen müssen in meinen Augen verstärkt in den Neubau investieren.
Die Bevölkerung in den großen Städten wächst weiter. In den Uni-Städten sorgen doppelte Abiturjahrgänge und die Aussetzung der Wehrpflicht für stärkere Bevölkerungszuwächse. Die Flüchtlingszahlen bleiben absehbar hoch, und auch der Zuzug aus dem europäischen Ausland hält an. Das spricht für die Attraktivität der Städte, und ich finde, das ist auch gut so.
Knapper Wohnraum und steigende Mieten sind allerdings die Kehrseite. Deswegen hat die soziale Wohnraumförderung der Länder eine hohe Bedeutung. Wir haben die klare Erwartung, dass die Länder die Bundesmittel für geförderten Neubau oder auch für den Rückkauf von Belegungsrechten in angespannten Wohnungsmärkten einsetzen, und wir brauchen auch eine Wiederbelebung des sozialen Wohnungsbaus, der in den 2000er-Jahren vernachlässigt worden ist.
Inzwischen haben etliche Länder ganz klar umgesteuert – allen voran Olaf Scholz in Hamburg. Über 6 000 Wohnungen, davon 2 000 Sozialwohnungen, wurden im letzten Jahr fertiggestellt. Ich finde, das ist eine beeindruckende Zahl.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
In Städten und Ballungszentren ist Bauland oft der entscheidende Engpass. Grundstückskosten machen zum Teil mehr als 20 Prozent der Kosten von Neubauten aus. Die Liegenschaften von Bund, Ländern und Kommunen können deshalb einen Beitrag leisten, Bauland für bezahlbaren Wohnungsbau bereitzustellen. Ich finde, der Bund muss dort mit gutem Beispiel vorangehen.
(Beifall bei der SPD)
In den Koalitionsverhandlungen haben wir die verbilligte Abgabe von Konversionsliegenschaften, insbesondere für Wohnungsbau, erreicht. Das setzen wir auch mit dem Haushalt 2015 um. Flüchtlingsunterbringung wird dabei besonders berücksichtigt. Ich finde, das ist ein erster Schritt. Aber aus Sicht der SPD gehört die Liegenschaftspolitik insgesamt auf den Prüfstand. Unser Ziel ist, dass beim Verkauf von bundeseigenen Grundstücken nicht nur der Erlös, sondern auch soziale, städtebauliche und auch energetische Belange berücksichtigt werden.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU])
Konzeptvergaben sind ein bewährtes Instrument. Hamburg zum Beispiel setzt das erfolgreich um und gibt damit einen Anteil von Sozialwohnungen von bis zu einem Drittel vor. Wir wollen auch, dass Kommunen ein verbindliches Erstzugriffsrecht auf Grundlage des natürlich von den örtlichen Gutachterausschüssen ermittelten Verkehrswertes bekommen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Für Mieter von bundeseigenen Wohnungen, die zum Beispiel in Berlin zum Verkauf stehen, fordern wir einen vertraglich abgesicherten Schutz vor Umwandlung in Eigentum oder vor Luxusmodernisierung.
(Beifall bei der SPD)
Neben dem Neubau ist der altersgerechte und energieeffiziente Umbau der Wohnungsbestände die große Aufgabe der kommenden Jahrzehnte. Wir schaffen verlässliche Rahmenbedingungen für die Gebäudesanierung,
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo das denn?)
stocken die CO 2 -Gebäudesanierungsprogramme auf 2 Milliarden Euro auf und entwickeln sie weiter, damit die Förderung stärker als bisher in die Breite wirkt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist zum Erreichen unserer Klimaschutzziele unverzichtbar.
Auch für Eigentümer von Ein- und Mehrfamilienhäusern und Wohneigentumsgemeinschaften soll die Förderung der energetischen Sanierung attraktiver werden. Nicht nur das einzelne Haus, sondern das ganze Quartier haben wir zum Beispiel beim Programm „Energetische Stadtsanierung“ im Blick. Damit energiesparendes Wohnen für alle bezahlbar bleibt, haben wir im Koalitionsvertrag durchgesetzt, dass Mieterhöhungen aufgrund von Modernisierungen in Zukunft begrenzt werden. Das werden wir mit dem zweiten Paket umsetzen.
(Beifall bei der SPD)
Von besonderer Bedeutung ist natürlich das Programm „Soziale Stadt“. Es richtet sich an Städte und Gemeinden mit Quartieren, in denen Arbeitslosigkeit, Bildungsarmut, vernachlässigte öffentliche Räume und soziale Konflikte gehäuft auftreten und die besondere soziale Integrationsleistungen für die gesamte Stadt erbringen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht eben nicht nur um gute und bezahlbare Wohnungen, sondern um ein gutes Wohnumfeld, um die Zukunftsfähigkeit der Städte insgesamt. Wir wollen lebendige und intakte Nachbarschaften. Dafür steht diese Koalition. Dafür stehen wir.
Danke schön.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Nächster Redner ist Oliver Krischer, Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4511208 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 82 |
Tagesordnungspunkt | Soziale Wohnungswirtschaft |