Ulli NissenSPD - Soziale Wohnungswirtschaft
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für mich ist gutes, bezahlbares Wohnen sehr wichtig. Deshalb ist es schön, dass ich heute dank des Wünsch-dir-was-Antrags der Linken dazu Stellung nehmen kann.
Wenn wir schon beim Wünschen sind: Ich hätte mir gewünscht, dass wir heute die Mietpreisbremse debattiert und beschlossen hätten;
(Beifall der Abg. Caren Lay [DIE LINKE])
aber es gibt leider noch einige kleine Bremsklötze. Ich bin mir jedoch sicher, dass die Nöte der Mieterinnen und Mieter auch meinen lieben Kollegen und Kolleginnen der CDU/CSU eine Herzensangelegenheit sind und wir möglichst umgehend eine Lösung finden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Da sind wir nicht sicher!)
Viele von uns kommen aus Städten, die einen angespannten Wohnungsmarkt haben. Ich selber komme aus Frankfurt. Die Stadt wächst jährlich um 15 000 Menschen. Deshalb wissen wir, wie schwer es ist, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Wir nehmen die Sorgen der Menschen ernst. Wir haben da eine Menge zu tun und handeln dort, wo wir es auf Bundesebene auch wirklich können.
Damit Wohnen nicht zum Luxus wird, haben wir als rot-schwarze Bundesregierung bereits eine Menge in Angriff genommen. Nur ein kurzer Auszug unserer bereits beschlossenen Maßnahmen: Erhöhung der Mittel für die Städtebauförderung, deutlich mehr Geld für das Programm „Soziale Stadt“ und die Schaffung des Bündnisses für bezahlbares Bauen und Wohnen. Natürlich wäre es super, wenn wir für diese Maßnahmen weitere Mittel aus dem 10-Milliarden-Euro-Sonderprogramm bekommen würden. Daran müssen wir alle wirklich arbeiten; das ist notwendig.
Zusätzlich werden wir das Wohngeld erhöhen und die Warmmiete als Grundlage nehmen. Über 300 000 Menschen werden davon profitieren, und darüber freue ich mich.
(Beifall bei der SPD)
Im Antrag der Linken wird gefordert, die Unterbringung von Flüchtlingen in Massenunterkünften unverzüglich zu beenden und sie stattdessen in städtische und ländliche Wohnstrukturen zu integrieren – super Forderung! Das meine ich mit „Wünsch dir was“. Ich würde es gerne sofort umsetzen. Aber was mache ich in einer Stadt wie Frankfurt mit einer langen Liste von Menschen mit Wohnberechtigungsschein, die auf eine Wohnung warten?
Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Linken, was sollen wir tun, wenn wir keinen entsprechenden Wohnraum nach Ihren Vorstellungen anbieten können? Sollen wir die Menschen auf die Straße setzen? Natürlich versuchen wir, alle Personen menschenwürdig, am besten in kleinen Wohneinheiten, unterzubringen. Bei uns in Frankfurt werden Flüchtlinge von der Nachbarschaft herzlich willkommen geheißen. Ich bedanke mich bei allen für ihr großes Engagement.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Wohnungsnot kann der Bund alleine nicht beseitigen. Auch Kommunen spielen dabei eine wichtige Rolle. Was vor Ort direkt und besser gelöst werden kann, sollte auch dort erledigt werden – auch deshalb haben wir ein föderales System. Frankfurt nimmt die Beschaffung von bezahlbarem Wohnraum sehr ernst, insbesondere seit Peter Feldmann Oberbürgermeister ist.
Der städtischen Wohnungsbaugesellschaft, ABG Frankfurt Holding, gehören gut 50 000 Wohnungen. Sie nimmt bis 2019 2,4 Milliarden Euro in die Hand, um 6 200 neue Wohnungen zu schaffen, davon 37 Prozent im geförderten Bereich. Das ist vorbildlich, reicht aber lange noch nicht aus.
Wir haben nur noch wenig bebaubare Grundstücke; das Thema ist schon angesprochen worden. Ich denke, das ist in vielen anderen angespannten Wohnungsmärkten ähnlich. Da müssen die Kommunen vor Ort auch selber nach Lösungen suchen. Das kann der Bund für sie eben nicht erledigen. Wir denken zum Beispiel in Frankfurt darüber nach, innerstädtische Autobahnen zu überbauen. Damit hätten wir zwei Dinge erreicht: einerseits neue Bauflächen, andererseits Lärmschutz. Es wäre schön, wenn der Bund solche Modelle finanziell fördern könnte; nicht nur in Frankfurt, sondern auch an anderen Orten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Kommunen könnten auch Milieuschutzsatzungen erlassen. In den betroffenen Gebieten müssten dann alle Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen der Stadt zur Genehmigung vorgelegt werden. Nicht erlaubt sind dann beispielsweise Maßnahmen, die zu Luxussanierungen führen. Damit soll die Verdrängung von Mietern aus gefragten Stadtteilen verhindert werden. Es ist gut, dass sich vor Ort Bündnisse zusammentun, um sich gegen die Verdrängung zu wenden. Als vorbildlich in Frankfurt nenne ich zum Beispiel die „Nachbarschaftsinitiative Nordend Bornheim Ostend“. Am Samstag werde ich Mitglieder in einem betroffenen Objekt in der Wingertstraße 21 treffen. Ich freue mich schon heute darauf.
Auch die Länder können viel tun, unter anderem eine Landesverordnung erlassen, mit der die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen unter Genehmigungsvorbehalt gestellt werden kann. Dies würde uns nicht nur in Frankfurt helfen, sondern sicherlich auch in anderen Kommunen. Leider gibt es dies in Hessen unter der schwarz-grünen Landesregierung nicht. Das bedauere ich sehr.
(Klaus Mindrup [SPD]: Skandal!)
Es gibt bekanntermaßen große Probleme für Mieter durch Eigenbedarfsklagen bei der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Auch hier könnten Länder gemäß § 577 a BGB mit Rechtsverordnungen Gemeinden festlegen, in denen die Wohnungsversorgung besonders gefährdet ist, und damit einen verlängerten Kündigungsschutz von bis zu zehn Jahren festlegen. Leider ist auch hier unter Schwarz-Grün in Hessen keine Verbesserung eingetreten. Es blieb bei fünf Jahren – wie unter CDU und FDP. Das finde ich sehr peinlich und bedauere ich sehr.
Eine moderne, soziale, zielgerichtete Wohnungspolitik kann also nur im Zusammenspiel aller Beteiligten – Bund, Länder, Kommunen und Akteure des Wohnungsbaus – gelingen. Lassen Sie uns gemeinsam auf allen Ebenen kämpfen, um den Menschen zu helfen.
Ich danke Ihnen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4511292 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 82 |
Tagesordnungspunkt | Soziale Wohnungswirtschaft |