Alexander RadwanCDU/CSU - EU-Richtlinie über Einlagensicherungssysteme
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Wir haben hier heute – das wurde ja schon von allen Rednern gesagt – eine große Harmonie. Das zeigt, dass der Entwurf der Bundesregierung
(Michaela Noll [CDU/CSU]: Sehr gut ist!)
in die richtige Richtung zielt.
(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja, das ist eine europäische Richtlinie und kein Entwurf der Bundesregierung! – Lisa Paus [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das müssten Sie schon unterscheiden können!)
– Herr Schick, zum Thema Europa werde ich noch kommen. Dort war ich eine Zeit lang, und wir können uns hier sicherlich gegenseitig gut ergänzen. Das eine oder andere, was aus grüner Sicht gerade lobend erwähnt wurde – es ging um die Subsidiaritätsrüge und die Antwort auf die Frage, wie man mit der Institutssicherung und den kleinen Banken umgeht –, könnte man vielleicht noch vertiefen – heute oder auch später.
Wir alle haben in unseren Reden mit der Historie angefangen. Der Kollege Zöllmer hat das Thema Herstatt angesprochen, und der Kollege Troost die damalige Aussage von Frau Merkel. Ich gehe jetzt noch einen Schritt zurück, nämlich zur Bankenkrise von 1931; ich weiß nicht, ob irgendeiner von Ihnen persönlich dabei war.
(Ralph Brinkhaus [CDU/CSU]: Heinz Riesenhuber ist nicht da! – Heiterkeit)
Jeder, der in die Geschichtsbücher hineinschaut, wird Bilder von den Schlangen vor den Banken sehen.
Den Herstatt-Fall, wie erwähnt, und die Folgen des Zusammenbruchs des Finanzunternehmens Northern Rock in Großbritannien haben wir alle noch bildhaft vor Augen. Am 5. Oktober 2008 – ich konkretisiere das jetzt, Herr Troost; Sie hatten das ja erwähnt – sind Kanzlerin Merkel und der damalige Minister Steinbrück während der Hypo-Real-Estate-Krise an die Öffentlichkeit gegangen und haben erklärt, die Spareinlagen seien sicher. Das war eine politische Aktion, um die Banken und den Finanzmarkt zu stabilisieren und einen Zusammenbruch der Finanzmärkte über Deutschland hinaus zu verhindern. Ich erinnere zum Beispiel an die Geschehnisse in Bulgarien.
Wir sind heute beim letzten Baustein der Bankenunion angelangt. Wir hatten nach der Finanzmarktkrise auf internationaler Ebene, auf europäischer Ebene und auf nationaler Ebene entsprechende Regularien geschaffen, die jetzt umgesetzt werden. Seit November letzten Jahres haben wir die gemeinsame Aufsicht unmittelbar bei der Europäischen Zentralbank und für die kleinen Banken bei den nationalen Aufsehern installiert, und zwar so, dass diese Regeln auch angewendet werden.
Wir haben erst vor kurzem die gemeinsame Abwicklung beraten und auf deutscher Ebene umgesetzt. Hier haben wir dann einen gemeinsamen europäischen Fonds kreiert, dessen Mittel bei der Abwicklung zur Verfügung stehen, um den Steuerzahler zu entlasten oder ganz außen vor zu lassen.
Heute beraten wir in erster Lesung den Entwurf eines Gesetzes über die Einlagensicherung, der auch den Aspekt des Verbraucherschutzes stark berücksichtigt. Dabei möchte ich betonen: Es ist gut, dass wir, anders als bei der Abwicklung, zwar europäische Regeln haben, aber nicht einen europäischen Fonds, also keine grenzüberschreitende europäische Haftung. Jeder Staat soll selber dafür sorgen, dass er für seine Banken Verantwortung übernimmt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Warum brauchen wir überhaupt eine europäische Richtlinie? Erinnern wir uns: Wo kommen wir her? Vorher galt der Grundsatz der Mindestharmonisierung. Das heißt, es wurden bestimmte Zielvorgaben genannt. Aber die Beantwortung der Fragen, wessen Einlagen geschützt werden und wie das Ganze finanziert wird, unterlag den Mitgliedstaaten. Darüber konnten sie selber entscheiden.
Bei grenzüberschreitend tätigen Unternehmen – die Deutsche Bank wurde genannt; ich nenne hier einmal die UniCredit oder die BNP Paribas – wusste am Schluss keiner, was im Fall einer Abwicklung unter anderem mit den Einlagen letztendlich passiert. Darum ist die hier vorliegende Richtlinie, die eine Maximalharmonisierung beinhaltet, der richtige Ansatz. Maximalharmonisierung heißt: gleiche Regeln für alle Mitgliedstaaten, aber eben keine Vergemeinschaftung der Haftung. Das ist der richtige Weg.
Die Regelungen zur Deckungssumme und zu den Auszahlungsfristen sind bereits angesprochen worden und führen zu einem verbesserten Verbraucherschutz. Die Sicherung – das wurde bereits angesprochen – wird auf 100 000 Euro erhöht. Die Auszahlungsfrist wird auf Vorschlag der Bundesregierung von drei Monaten auf sieben Arbeitstage verkürzt. Die europäische Richtlinie sieht hier einen größeren Spielraum vor. Ich denke, im Rahmen der Beratungen werden wir darüber diskutieren, wo es sinnvoll ist, über die Richtlinie hinauszugehen – da gibt es Punkte, an die wir uns nach unserer Ansicht nicht eins zu eins halten müssen –, und wo wir den Spielraum nicht nutzen wollen.
Ich bewerte den erhöhten Schutz bis zu einer Summe von 500 000 Euro für ein halbes Jahr als sehr positiv. Dies gilt dann, wenn jemand höhere Einnahmen hatte, zum Beispiel aus dem Verkauf einer Immobilie – das sind schnell über 100 000 Euro –, oder sich jemand seine Rentenansprüche auszahlen lässt. Innerhalb einer gewissen Frist ist es sinnvoll und notwendig, eine höhere Grenze zuzulassen, nämlich bis zu 500 000 Euro.
Ein Antrag auf Entschädigung ist zukünftig nicht mehr erforderlich. Die Verjährungsfrist wird entsprechend verlängert. Nach zehn Jahren wollen wir 0,8 Prozent der gedeckten Einlagen erreicht haben. Auch die Informationspflichten werden wir prüfen und uns anschauen, inwieweit sie auf der einen Seite den Informationsbedürfnissen der Verbraucher entgegenkommen und auf der anderen Seite so gestaltet werden, dass der bürokratische Aufwand nicht wie bei anderen Gesetzen, die in diesem Hause zurzeit heftig diskutiert werden, die Bürokratie insgesamt exponentiell nach oben führt.
Wichtig ist mir, dass das ganze System bei uns auf nationaler Ebene und auf europäischer Ebene offen ist. Was wir nicht brauchen, ist, dass die europäische oder nationale Gesetzgebung bestimmte Säulen oder Systeme bevorzugt. Vielmehr soll die Institutssicherung gleichberechtigt neben andere Sicherungssysteme, zum Beispiel jenes der privaten Banken, gesetzt werden, sodass es private freiwillige Einrichtungen und öffentliche Einrichtungen gibt. Beides gleichberechtigt nebeneinanderzustellen, ist ein wichtiger Schritt. Ich danke der Bundesregierung, dass sie dieses System entsprechend implementiert und umgesetzt hat.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wir haben es geschafft, die Regulierung und die Aufsicht zu europäisieren und in der nationalen Umsetzung voranzubringen, um Sicherheit und Vertrauen in die Märkte und insbesondere beim Verbraucher zu erreichen. Dafür ist das Gesetz ein richtiger und wichtiger Schritt.
Was das Verfahren angeht, ist als Nächstes die Anhörung vorgesehen. Wir werden redaktionelle Fragen zu diskutieren haben. Mir ist ein Punkt in dem ganzen System besonders wichtig, nämlich die Frage, in welchem Rahmen die EBA Kompetenzen bekommt. Kollege Troost – Sie werden heute ein paar Mal von mir zitiert; seien Sie nicht irritiert –, Sie haben von vier Wochen gesprochen, aber ich gehe von einem längeren Zeitraum aus.
(Dr. Axel Troost [DIE LINKE]: Viel länger ist das nicht!)
– Ja, aber nach meiner Einschätzung wird die EBA leider Gottes nicht nur bei diesen Punkten eine Rolle spielen. Die Frage ist, welche Kompetenzen auf Level 2 vorgesehen sind.
Sie haben die Methode der Errechnung der Risikoadäquanz angesprochen. Dabei müssen wir als Gesetzgeber aufpassen, dass das, was wir auf der einen Seite loben, zum Beispiel die Institutssicherung, nicht auf der anderen Seite durch europäische Aufseher konterkariert wird. Wir haben eine lange Liste von Themen, die dort abgearbeitet werden, und dabei sehe ich uns alle als Parlamentarier in der Pflicht, das zu kontrollieren und entsprechend den Finger daraufzulegen, wenn sie zu weit gehen.
Wir sind in der Verantwortung, die nationale Umsetzung so anzugehen, dass es im Wettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten nicht zu einer Schieflage kommt, indem auf der einen Seite härter reguliert wird als auf der anderen Seite. Wir werden auf das Verhältnis zwischen Fonds und Banken zum Beispiel beim Wertpapierhandel achten müssen: Ist dort die Trennung richtig, oder müssen wir entsprechend nachjustieren? Ein großes Paket – ich nenne hier Regulierung, Aufsicht, Abwicklung und Einlagensicherung – haben wir bereits abgearbeitet.
Es wurden richtigerweise einige Punkte angesprochen, die in nächster Zeit auf der Agenda stehen. Aber ich bin der Meinung, dass beim Thema Trennbanken die deutsche Bundesregierung und der Deutsche Bundestag im Lead sind. Wir haben in Deutschland bereits ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Ich denke, wir sind auch diejenigen, die dafür sorgen, dass es auf europäischer Ebene umgesetzt wird.
Aber wir müssen darauf achten, wie die Regulierung auf europäischer Ebene erfolgt und wie sie umgesetzt wird. Deshalb liegt mein Fokus nicht nur darauf, wie es in Deutschland umgesetzt wird. Das ist notwendig und richtig, und es ist unsere Aufgabe. Aber ich sehe es auch als unsere Aufgabe, nachzufragen, wie die europäischen Regeln in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union umgesetzt und angewendet werden. Haben wir letztendlich die gleiche Wettbewerbslage? Kommen die anderen entsprechend nach?
Insofern, denke ich, werden wir in der nächsten Zeit noch genügend zu tun haben, aber nicht nur mit Blick auf den deutschen Regulierer, sondern auch auf den europäischen.
Ich danke Ihnen für Ihre Zeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank. – Als nächster Redner hat Christian Petry für die SPD-Fraktion das Wort.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4511454 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 82 |
Tagesordnungspunkt | EU-Richtlinie über Einlagensicherungssysteme |