Dirk FischerCDU/CSU - Regionalisierungsgesetz
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Im Dezember haben wir über die 20-Jahres-Bilanz der Bahnreform debattiert. In dieser Debatte hier knüpfen wir mit den beiden vorliegenden Gesetzentwürfen unmittelbar an die Debatte im Dezember an.
Auf die Inhalte der Reform ist ja schon hingewiesen worden: Die Verantwortung für den Schienenpersonennahverkehr ging vom Bund auf die Länder über. Sie war beim Bund ordnungspolitisch eigentlich immer falsch angesiedelt. Das hatte etwas mit der Bundesbahn als monopolistisches Unternehmen zu tun. Ich erinnere mich daran, dass schon Hans Matthöfer als Finanzminister gesagt hat, dass es eigentlich ein Unding sei, wie das geregelt ist. Das haben wir dann mit der Bahnreform korrigiert.
(Sören Bartol [SPD]: Habt ihr gut gemacht!)
Aber natürlich haben die Länder die Verantwortung nicht ohne finanzielle Begleitmusik übernommen. Man muss für jeden Verständnis haben, der für seine Sache mit Leidenschaft eintritt, vor allem dann, wenn es darum geht, die finanziellen Mittel zu erhöhen.
Viele sagen – das ist heute schon gesagt worden –, die Regionalisierung des SPNV sei im Ergebnis der erfolgreichste Teil der Bahnreform gewesen. Das sehe ich ähnlich, aber natürlich sehe ich noch weitere positive Effekte der Bahnreform.
Die bestellten Zugkilometer im SPNV konnten bis heute um 28 Prozent und die Verkehrsleistung, also die Personenkilometer, um über 50 Prozent gesteigert werden. Nutzten vor 20 Jahren 4 Millionen Fahrgäste täglich die Nahverkehrszüge, so sind wir im Moment bei 7 Millionen. Das ist eine dynamische Entwicklung und eine höchst erfreuliche Steigerung.
Die Veränderungen kommen bei den Fahrgästen an: verbesserte, ausgeweitete Angebote bei Bahnen und Bussen, vernetzte Taktsysteme, neue Strecken und Stationen, modernere Fahrzeuge, regional integrierte Tarifsysteme, ein verbesserter Service, kundengerechtere Informationen und inzwischen auch immer mehr elektronische und mobile Ticketangebote.
Zur Finanzierung gibt der Bund einen hohen Milliardenbetrag aus, der jährlich um 1,5 Prozent gesteigert worden ist. So war die bisherige Regelung. Wir wissen, wo wir im Moment sind, nämlich bei 7,3 Milliarden Euro.
Von der letzten Anpassung des Regionalisierungsgesetzes im Jahr 2008 bis 2012 hat der Bund hierfür insgesamt 34,5 Milliarden Euro ausgegeben. Dies ist aus Sicht des Bundes sicherlich ein sehr starkes Engagement in diesem Bereich.
(Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hand aufs Herz: Da können Sie noch mehr tun!)
Damit die Länder ihre Aufgaben als Besteller des Nahverkehrs auch zukünftig erfüllen können, brauchen sie natürlich weiterhin eine verlässliche finanzielle Unterstützung. Ich denke, in diesem Punkt sind wir uns alle einig.
Natürlich sollte das Gesetz bis 2014 reformiert werden. Dazu ist es nicht gekommen, weil es im Bund-Länder-Finanzverhältnis mehrere Baustellen gibt. Auf der anderen Seite muss man natürlich auch sehen, dass der Finanzminister sagt, er müsse alles verhandeln. Der eine gibt hier mal nach, der andere ist dort weiter vorn. Auch andere zur Verhandlung stehende Dinge, die, Herr Kollege Hermann, genauso berechtigt sind, können von ihrer Entwicklung und von ihrer Verpflichtung her als besonders begründet dargestellt werden.
Lieber Herr Kollege Fischer, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Hajduk von Bündnis 90/ Die Grünen?
Jederzeit, natürlich.
Bitte schön, Frau Kollegin.
Sehr geehrter Herr Kollege Fischer, Sie kennen ja die äußerst positive Entwicklung in Form einer enormen Auslastung im öffentlichen Nahverkehr bei uns in Hamburg, aber auch – das ist dargestellt worden – in den anderen Regionen. Sie haben gerade gesagt: „Ich denke, wir sind uns da alle einig“, als Sie über die Entwicklung der Regionalisierungsmittel gesprochen haben.
Darf ich diese Einigkeit so verstehen, dass Sie den Antrag der Länder plausibel finden? Darf ich Sie auch so verstehen, dass die schon abgelaufene Frist zur Anpassung des entsprechenden Gesetzes nahelegt, dass wir für die Entwicklung in diesem Bereich bei den Regionalisierungsmitteln schnell eine Zusage brauchen und dass vom materiellen Kern her eine deutliche Erhöhung angemessen ist?
Frau Kollegin Hajduk, natürlich hat der Bund die Forderung nach 8,5 Milliarden Euro nicht akzeptiert. Darüber wird jetzt verhandelt. Da muss ein Weg gefunden werden, sich zu verständigen.
Die Länder haben gesagt – das hat der Staatssekretär dargestellt –: Wir wollen ein System, bei dem im Rahmen der horizontalen Prüfung niemand etwas verliert, sondern alle gewinnen. Dann hat man zusammengerechnet und ist auf die Zahl von 8,5 Milliarden Euro gekommen. Das kann aber aus der Sicht des Bundes nicht das Entscheidende sein, sondern der Bund muss seine eigene Position vertreten. Das wird in den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern auch geschehen müssen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sagt der Verkehrspolitiker Fischer?)
– Dass wir als Verkehrspolitiker ein gutes und schnelles Ergebnis positiv bewerten würden, braucht man nicht zu unterstreichen. Aber die Verhandlungen müssen geführt werden.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich will darauf hinweisen, dass die Länder ihre Wünsche im Gesetzentwurf des Bundesrates formuliert haben; das haben wir zur Kenntnis genommen. Dabei ging es um die Anpassung des Betrags auf 8,5 Milliarden Euro, die Erhöhung der Dynamisierungsrate, die Übernahme des Risikos von Steigerungen der Stations- und Trassenpreise zusätzlich durch den Bund über die Dynamisierungsrate hinaus, eine Laufzeit der Neuregelung bis 2030 und die Vereinbarung einer notwendigen Revision im Jahre 2026.
Ich denke, dass aus der Sicht des Bundes erhebliche finanz- und haushaltspolitische Bedenken gegen den Gesetzentwurf des Bundesrates bestehen. Für den Bund würde das eine jährliche Mehrbelastung von über 1 Milliarde Euro bedeuten, ein Betrag, bei dem die Dynamisierung noch gar nicht eingerechnet worden ist. Das würde die Finanzplanung des Bundes sicherlich ein bisschen durcheinanderbringen.
(Norbert Barthle [CDU/CSU]: Jawohl!)
Die Länder sollten im Hinblick auf eine Einigung natürlich auch bedenken, dass der Bund in der Verantwortung steht, Haushalte ohne neue Schulden zu machen. Diese Vorgabe verfolgen wir alle mit großem Ernst, und dabei muss es bleiben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Deswegen, Herr Minister Meyer: Kooperation ja, selbstverständlich; aber bitte immer in beide Richtungen und nicht nach dem Motto: Beim Geld hört die Freundschaft auf. Ich glaube, da müssen wir im Sinne von Geben und Nehmen vernünftig miteinander umgehen und uns aufeinander zu bewegen.
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung soll die Gültigkeit des bestehenden Gesetzes nur als eine Zwischenlösung um ein Jahr verlängert werden. Damit wird die notwendige Zeit gewonnen, um eine langfristige Lösung zu finden, mit der alle Beteiligten leben können. Außerdem erhöhen wir – das ist dargestellt worden – für 2015 auf der Grundlage der jetzigen Dynamisierungsrate von 1,5 Prozent die Mittel um 109 Millionen Euro. Ich kann den Ländern nur empfehlen, dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zuzustimmen. Diese Summe wäre für die Länder deutlich vorteilhafter, als auf die 109 Millionen Euro zu verzichten und damit, Herr Minister Hermann, die Not der Länder, die Sie beschrieben haben, durch Ihre Blockade noch zu verstärken.
Deswegen kann ich nur sagen: Sagen Sie Ja zu einer Zwischenlösung. Dann haben wir Zeit und Raum,
(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zeit hatten Sie mehr als genug!)
um für eine gute und langfristige Lösung Verhandlungen zu führen: im Sinne des Bundes, der Länder und unserer Fahrgäste.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Sören Bartol, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4512155 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 82 |
Tagesordnungspunkt | Regionalisierungsgesetz |