Sören BartolSPD - Regionalisierungsgesetz
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich finde es immer beeindruckend, wenn der Kollege Fischer als absolut Dienstältester in diesem Hause – er ist seit 1980 im Bundestag und hat die ganze Bahnreform mitgestaltet – eine Rede hält. Herzlichen Dank! Ihr habt euch damals gemeinsam sehr gut entschieden. Das war übrigens auch eine Meisterleistung zusammen mit den Ländern. Ihr habt damals eine gute Arbeit gemacht.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)
– Genau, da kann man auch mal klatschen. Der Beifall ist für dich, Dirk.
Der Regionalverkehr auf der Schiene, meine Kolleginnen und Kollegen, ist für Millionen von Pendlern auf ihrem täglichen Weg zum Arbeitsplatz unverzichtbar. Regionalbahnen sichern die Anbindung des Umlands an die Ballungsräume. Sie entlasten die Straßen und sind damit auch aktiver Umwelt- und Klimaschutz.
Regionalbahnen sichern auch die Erreichbarkeit von Regionen, in denen es keinen starken Fernverkehr gibt, und sind damit das unverzichtbare Rückgrat des öffentlichen Verkehrsangebots. Der öffentliche Nahverkehr ist eine staatliche Aufgabe der Daseinsvorsorge.
(Gustav Herzog [SPD]: Sehr richtig!)
Genau so definiert es auch das Regionalisierungsgesetz, über dessen Novellierung wir heute beraten. Mit Bahnreform und Regionalisierungsgesetz – das wurde schon gesagt – ist die Verantwortung für die Finanzierung und Organisation des SPNV an die Länder übergegangen. Der Bund schafft die Grundlage, indem er den Ländern die Regionalisierungsmittel gibt. Das ist verfassungsrechtlich auch so verbrieft.
Die Revision der Mittel hätte, so will es das Gesetz, schon zu Jahresbeginn 2015 erfolgen müssen. Die Verhandlungen zu den Bund-Länder-Finanzbeziehungen laufen aber noch, und es zeichnet sich bisher auch zu den Regionalisierungsmitteln noch keine Einigung ab.
Die Regionalisierungsmittel waren schon immer zwischen Bund und Ländern, Verkehrspolitikern und Haushältern heftig umstritten. In den 2000er-Jahren haben zwei Ministerpräsidenten zum Leidwesen aller Verkehrspolitiker Subventionen identifiziert und Kürzungspotenzial ausgemacht. Nach den Einschnitten 2007 und 2008 sind aber die Regionalisierungsmittel seit 2009 wieder gestiegen, mit dem Faktor 1,5 Prozent jährlich dynamisiert, und lagen 2014 bei 7,3 Milliarden Euro. Diese 7,3 Milliarden Euro hatte der Bundesfinanzminister im Haushalt 2015 ohne Dynamisierung schlicht fortgeschrieben. Der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf sichert zum einen die Rechtsgrundlage für 2015 und zum anderen die Dynamisierung um 1,5 Prozent. Ich finde, damit gehen wir einen kleinen, aber unverzichtbaren ersten Schritt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Ich bin sicher, uns allen ist klar: Die grundlegende Revision ist damit nicht erledigt. Die vom Bund und von den Ländern vorgelegten Gutachten kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis, dass eine Erhöhung der Mittel und eine höhere Dynamisierung erforderlich sind, wenn auch in unterschiedlicher Größenordnung.
(Beifall der Abg. Sebastian Hartmann [SPD] und Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich füge hinzu: Die grundlegende Revision muss zügig erfolgen, um endlich Planungssicherheit zu schaffen. Es darf keine weitere Hängepartie geben.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Man muss auch wissen: Nur wenn der Bund die Regionalisierungsmittel weiter gewährt, kann er sicherstellen, dass die Länder weiterhin überall in Deutschland Züge auch für den Nahverkehr bestellen. Es ist auch die Verantwortung des Bundes, dass in allen Regionen – von Kiel bis München, von Köln bis Frankfurt an der Oder – die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse und die wirtschaftliche Entwicklung gesichert werden. Ein leistungsfähiger Nahverkehr ist dafür unverzichtbar.
Die Regionalisierungsmittel sind deshalb mehr als eine finanzpolitische Verschiebemasse. Deswegen ist mein Appell an alle Beteiligten auf Bundes-, aber auch auf Länderseite: Suchen wir endlich einen Weg für eine Lösung bei den Regionalisierungsmitteln unabhängig von den Verhandlungen zu den Bund-Länder-Finanzen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Gustav Herzog [SPD]: Guter Vorschlag!)
Die Länder haben schon im letzten Jahr einstimmig einen Gesetzentwurf vorgelegt, der eine Erhöhung auf 8,5 Milliarden Euro, eine Dynamisierung um 2 Prozent und die Übernahme der Trassen- und Stationspreise durch den Bund vorsieht. Das ist sehr leicht, wenn andere bezahlen müssen – das wurde schon mehrfach gesagt –, und selbstverständlich müssen wir darüber noch reden.
Aber, Kollege Ferlemann, in schwierigen Diskussionen haben sich die Länder auch auf eine Neuverteilung der Mittel untereinander geeinigt. Bei allem, was man vielleicht auch lustig gemeint sagen kann, finde ich: Das verdient große Anerkennung.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Denn der sogenannte Kieler Schlüssel berücksichtigt sowohl die Region mit deutlich gestiegener Verkehrsnachfrage als auch den Bestandsschutz in Regionen mit sinkender Bevölkerungszahl.
Jetzt liegt uns auch das Gutachten im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums vor, das einen Bedarf von 7,7 Milliarden Euro und eine Dynamisierung um 2,7 Prozent ermittelt hat, um auch Trassen- und Stationspreise zu berücksichtigen. Ich finde, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Rat dieser Fachexperten sollte uns helfen, zügig über die zukünftige Höhe der Regionalisierungsmittel zu verhandeln und zu entscheiden. Wichtig ist doch am Ende, dass wir in Deutschland weiterhin einen guten Nahverkehr haben.
Seit der Bahnreform und der Regionalisierung des SPNV haben Regionalzüge massiv an Attraktivität und deutlich messbar Fahrgäste hinzugewonnen; das wurde schon gesagt. So ist bei den Zugkilometern eine Zunahme von 28 Prozent und bei der Verkehrsleistung, also bei den Personenkilometern, sogar eine Zunahme von über 50 Prozent zu verzeichnen. Unverzichtbar für diesen Erfolg ist eine gesicherte Finanzierungsgrundlage. Bund und Länder sind aufgefordert, sich schnell zusammenzusetzen und sich endlich zu einigen. Ansonsten bekommen wir sehr große Probleme in diesem Land.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Eckhardt Rehberg, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4512176 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 82 |
Tagesordnungspunkt | Regionalisierungsgesetz |