29.01.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 82 / Tagesordnungspunkt 13 +ZP 6

Karin MaagCDU/CSU - Rezeptpflicht der Pille danach

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns nun ja schon seit längerer Zeit und in vielen Debatten und Anhörungen mit der sogenannten Pille danach

(Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seit zehn Jahren!)

und vor allen Dingen mit der Entlassung aus der Rezeptpflicht für das in Deutschland zugelassene Präparat beschäftigt.

Mir persönlich ist die Beibehaltung der Rezeptpflicht für das in Deutschland zugelassene Präparat ein Anliegen, und zwar aus mehreren Gründen. Ich habe mich immer für eine Beratung dahin gehend stark gemacht, ob überhaupt ein und gegebenenfalls welches Notfallkontrazeptivum im konkreten Fall passt. Mir war immer die informierte Entscheidung wichtig. Die Anhörungen – auch darauf habe ich an dieser Stelle schon mehrfach hingewiesen – haben ergeben – das haben viele Einzelsachverständige, aber auch die Vertreter der Bundesärztekammer und des GKV-Spitzenverbandes so erläutert –, dass gerade die Beratung sehr wichtig ist.

Dabei geht es mir zuerst darum, die Gesundheit der Frauen zu schützen, nicht um irgendeine vermeintliche Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts. Zum anderen habe ich an dieser Stelle immer darauf verwiesen, wie wichtig es ist, dass wir für beide Notfallkontrazeptiva die gleichen Rahmenbedingungen erreichen, also nicht für das EU-Präparat die Rezeptpflicht und für das deutsche Präparat den freien Verkauf haben.

Wenn nun das effektivere Arzneimittel – das Wort „effektiv“ kommt nicht von mir, sondern das hat der Sachverständige Professor Wallwiener bei der letzten Anhörung verwendet – nur verschreibungspflichtig erhältlich wäre und das weniger effektive aber rezeptfrei in der Apotheke, dann würden wir den betroffenen Frauen den falschen Weg weisen, nämlich hin zum schnell verfügbaren, aber im jeweiligen Einzelfall möglicherweise weniger wirksamen Präparat.

Genau darum haben wir in den letzten Monaten und in den vergangenen Wochen gerungen. Nehmen wir diese ungleichen Rahmenbedingungen in Kauf? Legen wir weiterhin Wert auf die informierte Entscheidung? Wie können wir gegebenenfalls die Beratung auch ohne Rezeptpflicht sicherstellen? Diese Überlegungen mögen nun manche als überflüssig ansehen. Für mich jedenfalls war die schnellere Lösung nicht immer die bessere.

Genau deswegen bin ich heute umso zufriedener, dass sich dieses Ringen gelohnt hat. Die Entscheidung der Europäischen Kommission, ellaOne mit dem Wirkstoff Ulipristalacetat aus der Verschreibungspflicht zu entlassen, hat uns natürlich die Entscheidung erleichtert.

(Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Kathrin Vogler [DIE LINKE]: Schön formuliert!)

Jetzt haben wir für das in Deutschland zugelassene Präparat eine neue Ausgangslage.

Eines war für mich immer klar: Selbstverständlich brauchen die Frauen in Deutschland einheitliche Rahmenbedingungen für beide Notfallkontrazeptiva. Nachdem die Gefahr, dass das schneller verfügbare Präparat gekauft wird, gebannt ist, ist uns auch die Entscheidung leichter gefallen. Wir werden selbstverständlich auch das deutsche Präparat mit dem Wirkstoff Levonorgestrel aus der Verschreibungspflicht entlassen.

Das BMG hat dafür die notwendigen Änderungen der Arzneimittelverschreibungsverordnung veranlasst. Diese14. Änderungsverordnung wurde sehr zügig auf den Weg gebracht. Herzlichen Dank übrigens an das BMG für dieses schnelle Vorgehen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

In der Sitzung des Bundesrats am 6. März wird hierüber abschließend beraten. Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung können dann Frauen beide Notfallkontrazeptiva kostenpflichtig in der Apotheke beziehen, und zwar ohne zuvor den Arzt konsultiert zu haben. Bis dahin ist ellaOne mit einer OTC-Packungsbeilage im Handel; auch dafür hat das BMG bereits gesorgt.

Jetzt noch einmal zum Thema Beratung. Frauen, die befürchten, nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr schwanger geworden zu sein, brauchen natürlich eine kompetente Beratung; das haben auch die Grünen in ihrem Gesetzentwurf so gesehen. Vor allen Dingen bin ich froh, dass wir uns in der Koalition einig sind. Uns ist gemeinsam wichtig, dass für alle betroffenen Frauen ein hohes Beratungsniveau beibehalten wird.

Genau deswegen haben sich das BMG und viele Gremien wie das BfArM, die Bundesärztekammer, die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, die Deutsche Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe, der Berufsverband der Frauenärzte, die ABDA, die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker und der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller zusammengesetzt, um das weitere Vorgehen zu erörtern, und zwar unmittelbar und direkt nach der Freigabe des einen Mittels durch die EU. Schneller geht es nicht.

Kurz das Ergebnis: Es wird auch künftig auf der Basis einer Leitlinie, die von der Apothekerschaft erarbeitet wird, eine standardisierte Beratung in den Apotheken geben. Die ABDA hat zugesagt, dass sie die entsprechenden Handlungsempfehlungen möglichst zeitnah erstellt. Sie hat den Entwurf bereits geliefert, und sie wird in den nächsten Wochen mit der Schulung beginnen. Die künftige Leitlinie wird selbstverständlich mit den genannten Gremien und vor allen Dingen mit dem BMG abgestimmt.

Genauso selbstverständlich wird übrigens die Expertise der qualifizierten Schwangerschaftsberatung einbezogen.

Ich gehe davon aus, dass ebenfalls im März die qualifizierte und standardisierte Beratung in der Apotheke sichergestellt ist, und ich hoffe, dass diese Beratung weiterhin auf so hohem Niveau erfolgt wie bisher bei den Ärzten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Entlassung aus der Verschreibungspflicht hätte auch grundsätzlich Folgen für die Kostenübernahme durch die gesetzliche Krankenversicherung. Denn bisher haben die Versicherten bis zum vollendeten 20. Lebensjahr auch Anspruch auf Versorgung mit empfängnisverhütenden Mitteln, aber nur dann, wenn sie ärztlich verordnet werden. Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, bin ich bei Ihrem Gesetzentwurf. Sie wollen verständlicherweise weiterhin die kostenlose Abgabe der Pille danach an die jungen Frauen ermöglichen. Auch wenn die Begründung holprig ist: Das Anliegen eint uns. In der Zielsetzung sind wir uns fast einig. Dennoch werden wir Ihren Gesetzentwurf ablehnen, weil wir die schnellere und bessere Lösung haben.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Kordula Schulz-Asche [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bei Ihnen steht ja gar nichts drin! Was steht denn bei Ihnen drin?)

Mit einer Änderung des § 24 a Absatz 2 SGB V schaffen wir eine Ausnahmeregelung für die nicht verschreibungspflichtigen Notfallkontrazeptiva. Auch Kosten für diese nicht verschreibungspflichtigen Präparate müssen künftig für die unter 20-jährigen Frauen von den Krankenkassen übernommen werden, sofern eine ärztliche Verordnung vorliegt. Damit helfen wir den jungen Frauen, die vielleicht auch weniger Geld zur Verfügung haben und sich den direkten Kauf in der Apotheke nicht leisten können. Den notwendigen Änderungsantrag haben wir im Ausschuss für Arbeit und Soziales mit dem 5. Änderungsgesetz zum SGB IV als Omnibus bereits eingebracht.

Auch diese Regelung wird voraussichtlich noch im März vorliegen. Damit sind wir deutlich schneller, als dies mit einer Richtlinienanpassung über den G-BA, wie Sie es vorschlagen, zu bewältigen gewesen wäre.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben ein Jahr gebraucht, damit das hier überhaupt mal auf den Tisch kommt! Das ist ja unglaublich!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin zuversichtlich, dass wir mit den neuen Regeln bzw. unseren Änderungen die für die Frauen bestmögliche Lösung schaffen. Anträge und Gesetzentwürfe der Opposition brauchen wir dazu, wie immer, nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Wenn es irgendwas gibt, wofür es eine Opposition bräuchte, dann ist es dieser Gesetzentwurf!)

Das Wort hat die Kollegin Kathrin Vogler für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4512424
Wahlperiode 18
Sitzung 82
Tagesordnungspunkt Rezeptpflicht der Pille danach
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