Philipp LengsfeldCDU/CSU - Technikfolgenabschätzung: Climate Engineering
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Vor uns liegt ein besonders interessanter Bericht des Büros für Technikfolgen-Abschätzung. Er handelt vom Aufregerthema Klimawandel und ist aus meiner Sicht Technikfolgenabschätzung im besten Sinne.
Die momentane Grundstrategie beim Thema Klimawandel fokussiert auf die Minderung des Ausstoßes von Treibhausgasen. Diese Strategie ist die Mitigation, also Dämpfung. Sie steht auch im Zentrum unserer aktuellen politischen Diskussion in Deutschland. In dem vorliegenden Bericht geht es dagegen um Intervention, also um ein aktives großtechnisches globales Gegensteuern. Die international üblichen Fachtermini heißen Climate oder Geoengineering. Der Bericht behandelt die möglichen Wirkungen und Nebenwirkungen von solchen Interventionstechniken, die momentan aber nur diskutiert und noch nicht angewendet werden. Technikfolgenabschätzung ist hier so wichtig;
(Beifall des Abg. René Röspel [SPD])
denn wir reden von hochmanipulativen globalen Eingriffen des Menschen in die Natur mit dem Ziel, befürchtete Klimaveränderungen zu verhindern.
Mein Fazit aus dem Bericht möchte ich gleich an den Anfang stellen: Wir sollten vom Climate Engineering auf jeden Fall die Finger lassen. Ich will dies natürlich kurz begründen.
Was wird konkret unter dem Terminus Climate Engineering diskutiert? Zunächst einmal gibt es eine ganz zentrale Grundannahme, die man verstehen muss. Diese zentrale Grundannahme besagt, dass der CO 2 -Ausstoß in die Luft und die damit verbundene Erderwärmung einen Punkt erreicht haben oder bald erreichen werden, an dem nur durch manipulative Eingriffe, also durch Climate Engineering, der gewünschte stabile klimatische Zustand bewahrt werden kann.
Die diskutierten manipulativen Maßnahmen gliedern sich in zwei Hauptgruppen. Eine Hauptgruppe sind direkte Interventionen zur Dämpfung der Erderwärmung durch Temperaturmanipulation, zum Beispiel – und das ist kein Witz – durch die Anbringung großer Spiegel im All oder durch großflächige Aufhellung der Wolken durch Aerosole, um deren Reflexionseigenschaften zu erhöhen. Ziel ist es natürlich, den Wärmeeintrag in die Atmosphäre zu verringern und so die Erdtemperatur zu senken. Hier ist eigentlich intuitiv schon klar, dass diese Arten der Manipulation zu gefährlich, zu teuer und in ihrer Wirkung äußerst zweifelhaft sind.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Insgesamt etwas gefälliger wirken die indirekten Interventionen. Dies sind Vorschläge zum Entzug von CO 2 aus der Atmosphäre. Ich will ein größeres Beispiel kurz näher diskutieren: Eine Idee, die, wie ich finde, zumindest oberflächlich betrachtet relativ attraktiv wirkt, ist die großflächige Aufforstung von Wüstenflächen, zum Beispiel die Aufforstung der Sahara. Bei näherer Betrachtung sind aber auch hier ungeheure lokale und globale Risiken verborgen; denn für eine großflächige Wüstenaufforstung braucht man Unmengen von Wasser. Hier möchte ich an ein warnendes historisches Beispiel für Geoengineering erinnern, unter dessen Folgen die betroffene Region noch heute ganz massiv leidet. Ich rede vom Aralsee. Das ist ein Beispiel für menschgemachte Naturmanipulationen mit katastrophalen Folgen. Damals ging es zwar nicht um die Rettung des Weltklimas, sondern um den Siegeszug des Kommunismus; aber die Methoden waren ähnlich. Man hat riesige Mengen Wasser in die Wüste umgeleitet, um eine extensive Baumwollproduktion zu ermöglichen. Leider ging darüber der Aralsee kaputt, wurde das Herz einer großen Region zerstört.
Damit könnten wir es bewenden lassen. Wir haben, was die Kommunisten nicht interessiert hat, nämlich eine Abschätzung der Technikfolgen. Der Bericht zeigt uns, dass die Technologien zu unkontrollierbar sind, also lassen wir es. Climate Engineering zur Klimarettung ist keine Option.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das heißt ja nicht, dass wir auf dem Gebiet nicht mehr forschen sollen. Aber wir können und müssen vielleicht noch mehr lernen; denn der Bericht macht deutlich, dass die momentanen Vorgaben in der internationalen Klimaforschung durch Mitigation vermutlich gar nicht mehr zu erreichen sind.
Darüber muss man aber aus meiner Sicht nicht verzweifeln. Vielmehr sollten wir daraus die richtigen Schlüsse ziehen; denn es gibt eine dritte Strategie, und das ist die Adaption. Wir konzentrieren global mehr Kräfte auf das Verständnis der kommenden Veränderungen und die Entwicklung nachhaltiger Strategien zur Anpassung, zur Adaption an diese Veränderungen. Hier sind unsere Kräfte richtig verwendet. Darauf sollten wir uns konzentrieren, meine Damen und Herren. Diesen Weg weist uns dieser Bericht.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Das Wort hat die Kollegin Eva Bulling-Schröter für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4512458 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 82 |
Tagesordnungspunkt | Technikfolgenabschätzung: Climate Engineering |