29.01.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 82 / Tagesordnungspunkt 14

Sybille BenningCDU/CSU - Technikfolgenabschätzung: Climate Engineering

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Ende dieser technischen, wissenschaftshistorischen und literarischen Debatte jetzt noch ein Beitrag: Climate Engineering und die Klimapolitik. Oder: Steht die Büchse der Pandora in Mutters Porzellankiste?

Manche Analysten wie die Verfasser des sogenannten Hartwell Papers plädieren für eine völlige Umkehr in der Klimapolitik. Noch immer wird kontrovers darüber diskutiert, wie die Staatengemeinschaft das angestrebte 2-Grad-Ziel noch erreichen kann. Eine Verengung auf die CO 2 -Reduktion halte auch ich für falsch, weil das nicht sachgerecht ist. Langfristig darf man sich nicht auf CO 2 -Reduktion beschränken, sondern man muss zum Beispiel auch deutlich machen, dass Wirtschaft und Nachhaltigkeit kein Widerspruch sind. Eine unserer wichtigsten Aufgaben ist es darum, Wege zu einer Green Economy zu finden. So viel zu „Act now!“: We do.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: When?)

Jetzt könnte man auch klatschen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das neue Forschungsprogramm zur Green Economy hat unsere Ministerin gerade erst vorgestellt. Es geht um Nachhaltigkeit, und Nachhaltigkeit heißt Verantwortung für die nächste Generation übernehmen. Wenn Paul Crutzen, der eben schon erwähnt wurde, der Träger des Nobelpreises für Chemie, vom Anthropozän spricht, also vom Menschenzeitalter, dann stellt er damit den bedeutenden Einfluss des Menschen auf die Umwelt heraus. Damit verbunden ist die besondere Pflicht zum verantwortlichen Handeln. Für die Forschung zum Climate Engineering ergeben sich für mich daraus drei zentrale Fragen:

Erstens. Inwieweit ersticken wir die Bemühungen um Energieeffizienz und CO 2 -Reduktion, wenn wir in CE investieren? Würde ein Aktionsprogramm Klimaschutz noch mit gleicher Energie verfolgt, wenn die Aussicht darauf bestünde, CO 2 wieder aus der Atmosphäre oder den Ozeanen zu filtern?

Der TA-Bericht bemängelt hier, dass die wissenschaftlichen Diskurse über Klimaschutz und CE-Technologien getrennt voneinander ablaufen und empfiehlt eine „niedrig dosierte CE-Intervention“, so wie es auch im letzten IPCC-Bericht steht. Ich bin aber der Meinung, dass wir über Climate Engineering zu wenig wissen, um es zu diesem Zeitpunkt im Kontext der gesamten Klimadebatte zu diskutieren. Die Gefahr besteht nämlich auch darin, dass dadurch falsch Signale ausgesendet würden, zum Beispiel, eine Emissionsreduktion sei weniger wichtig.

Manche sagen ja: Wenn sich die internationale Staatengemeinschaft doch so schwer tut, die Klimaziele zu erreichen, sollte man dann nicht doch besser über einen Plan B verfügen, über eine Technologie, die man wie ein Notfallkit gebrauchsfertig in der Tasche hat, wenn die Luft im wahrsten Sinne des Wortes zu dünn wird? Dieser TA-Bericht empfiehlt dazu mehr Wissen und mehr Forschung, um eine bessere Bewertung vornehmen zu können.

Wir sollten dabei auch nicht vergessen, uns die wissenschaftlichen Schwierigkeiten von Climate Engineering vor Augen zu führen. Die zweite zentrale Frage lautet darum: Ist eine adäquate Bewertung der CE-Technologien allein mit Modellen und Szenarien überhaupt machbar, oder kann man ohne empirische Forschung nicht alle Aspekte und Folgen einer Anwendung von CE-Technologien genau bestimmen? Hier habe ich allerdings die Befürchtung, dass durch den Einsatz von großskaliger Feldforschung eine Infrastruktur geschaffen werden könnte und Netzwerke entstehen könnten, aus denen sich eine gewisse Pfadabhängigkeit ergeben würde. Es wäre der falsche Weg, auf diese Weise Fakten schaffen zu wollen. Und: Einmal geöffnet – die Büchse der Pandora schließt nicht mehr so leicht.

Das führt mich zu meiner dritten Frage: Wie kann man politische Regelungen für Forschung und Einsatz von CE-Technologien finden? In Anbetracht der Zeit mache ich es kurz: Wir leben nicht auf einer Insel, sondern auf einer schützenswerten Kugel. Wir wissen: Andere Staaten erforschen diese Technologien, die keine Staatsgrenzen kennen. In der Arena der internationalen Klimapolitik drängen Länder wie Russland und China auf eine stärkere Einbeziehung der CE-Technologien.

Meine Damen und Herren, im Ergebnis sehe ich alle drei Fragen ungenügend beantwortet, eben weil Climate Engineering nicht ausreichend erforscht ist, weder was die Effektivität betrifft noch was die Risiken betrifft. Auch ethische und gesellschaftliche Implikationen sind nicht absehbar. Hier sollten wir darum ansetzen – auf dass die Büchse der Pandora gut bewacht bleibt.

Vielen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4512588
Wahlperiode 18
Sitzung 82
Tagesordnungspunkt Technikfolgenabschätzung: Climate Engineering
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