Christian PetrySPD - Finanzaufsicht über Versicherungen
Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! 2015 kann das Jahr des Verbraucherschutzes werden. 2015 ist ein Jahr, in dem es viele neue Regelungen im Bankenbereich, im Finanzbereich generell und – so wie jetzt auch hier mit Solvency II – im Versicherungsbereich gibt, ein Jahr, in dem der Verbraucher im Mittelpunkt steht, in dem der Verbraucher geschützt wird, in dem der Verbraucher gestärkt wird. So ist auch Solvency II – dies wollen wir heute in nationales Recht umsetzen – zu sehen. 2015 ist ein Jahr des Verbraucherschutzes.
(Beifall bei der SPD)
Wir sind damit die Lobby der Verbraucherinnen und der Verbraucher.
Es ist ein Mammutgesetz. Das ist vielfach gesagt worden. Es hat lange gedauert: Bereits vor der Finanzkrise ist es in die Wege geleitet worden. Es musste umgestellt werden. Das führt dazu, dass wir diese Regelungen, diese Verpflichtungen in einem sehr, sehr langen Übergangszeitraum von 16 Jahren umsetzen. Ich glaube, damit ist ein guter Weg gefunden worden, sowohl den Versicherungsinstituten als auch dem Versicherten gerecht zu werden. Es ist ein wichtiger Schritt zur Harmonisierung europäischer Standards im Finanzbereich: eine ganzheitliche Risikobetrachtung, neue Bewertungsmöglichkeiten von Verbindlichkeiten und Vermögenswerten und eine Aufsicht, die nun mit solchen Instrumentarien versehen ist, auf dass die Kapitalausstattung der Versicherungen sichergestellt ist.
All dies sind Lehren aus der Krise. Bankensanierung und Bankenabwicklung durch Restrukturierungsfonds sind Instrumentarien, die sich im Bankensektor bereits in der Umsetzung befinden. Nun wird mit Solvency II auch die Versicherungswirtschaft auf einen in der EU einheitlichen Standard gesetzt. Dabei spielt die verbraucherschutzpolitische Komponente eine wesentliche Rolle. 2015 steht also im Zeichen des Verbraucherschutzes. Die Harmonisierung der europäischen Einlagensicherung und der Anlegerentschädigung sind bereits auf den Weg gebracht. Ich verweise auch auf das Engagement von Verbraucherschutzminister Heiko Maas, der mit dem Kleinanlegerschutzgesetz den grauen Kapitalmarkt regulieren will. Das ist ein weiterer Schritt.
Ich kann Herrn Dr. Michelbach nur zustimmen. Er hat eben gesagt: Das machen wir mit Maß und Ziel. – Das ist im doppelten Sinne so. Denn der Verbraucherschutz steht bei all diesen Maßnahmen bei uns im Zentrum der Politik und führt zu einer Stärkung des Verbraucherschutzes und damit zum Jahr des Verbraucherschutzes 2015.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Herr Dr. Schick und Frau Karawanskij, ich bin zwar auch nicht gerade der größte Fan von privaten Investitionen im öffentlichen Bereich, aber Sie können nicht – Herr Michelbach hat es eben schon gesagt – alle Möglichkeiten, wie man sich refinanziert, wie man Rendite erwirtschaftet, verteufeln, indem Sie sagen: Hedgefonds, Private Equity, das dürfen die alles nicht machen.
(Dr. Gerhard Schick [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Habe ich nicht gesagt!)
– Herr Dr. Schick, das stimmt, ich komme aber noch auf eine andere Aussage von Ihnen. – Wenn wir nun tatsächlich in den öffentlichen Finanzen so stehen, wie wir stehen, und wenn es auf der anderen Seite eine so hohe Kapitalmenge gibt, die möglicherweise verfügbar ist, mit der wir öffentliche Infrastruktur zeitnah realisieren können – durch die zeitnahe Realisierung ist es natürlich auch wirtschaftlicher, als wenn man 10, 15, 20 Jahre wartet; von daher entsteht auch dadurch eine Rendite –, dann bin ich der Meinung: Wenn Versicherer hier auf eine sehr solide, sichere Anlagestrategie wechseln können, sollten wir ernsthaft über diese Instrumentarien diskutieren und diese Möglichkeit nicht, wie hier geschehen, verteufeln. Ich glaube, das ist nicht in Ordnung.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Darf der Kollege Schick noch einmal eine Zwischenbemerkung machen?
Ja, gern.
Bitte.
Es bezieht sich zwar nicht im Kern auf den vorliegenden Gesetzentwurf, aber ich finde, es ist eine wichtige Auseinandersetzung. Der Bundesrechnungshof hat für eine ganze Reihe von Projekten der Vergangenheit durchgerechnet, ob die These, die Sie aufstellen und die auch vorhin genannt worden ist, stimmt, nämlich dass es letztlich aufgrund der Risikoübernahme – Herr Meister hatte es so ausgeführt – für die Bundesregierung sinnvoll ist. Der Bundesrechnungshof kommt zu dem vernichtenden Urteil, dass es für den Steuerzahler schlechter ist. Warum sollten wir denselben Fehler, den uns der Bundesrechnungshof schon einmal bescheinigt hat, noch einmal machen?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Das war bei den Eigenprojekten! Das hier ist aber etwas ganz anderes!)
Herr Dr. Schick, herzlichen Dank für diese Zwischenfrage, gibt sie mir doch die Gelegenheit, zu sagen, dass die Modelle, über die wir jetzt diskutieren, diese Risiken mit Blick auf die Zukunft tatsächlich minimieren. Wir müssen ein Auge darauf werfen; da gebe ich Ihnen vollkommen recht. Nicht alles, was irgendwo in Europa in diesem Sinne anzugehen ist, muss unsere Unterstützung finden. Aber ich halte es generell für eine Versündigung an der Jugend und an der Zukunft, Infrastruktur verfallen zu lassen, wenn man hier eine Finanzierungsmöglichkeit hat, die sehr zeitnah auf Vordermann zu bringen ist. Ich glaube, darüber sollten wir alle nachdenken.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Kernziele der Richtlinie sind im Gesetzentwurf genannt. Die europaweit einheitlichen Anforderungen im Bereich der Eigenmittel setzen nun Instrumentarien voraus, die die Aufsicht zur Kontrolle haben muss. Versicherungen müssen Anlagen nach Marktrisiken bewerten; das halte ich für einen Fortschritt. Dass neben Standardmodellen auch individuelle Modelle zugelassen sind – dazu kann Lothar Binding als Mathematiker viel sagen –, wird die Aufsicht nicht leichter machen; das wissen wir. Dort muss man sich auf diese Modelle einstellen. Aber letztlich ist es doch so: Wenn wir alle Versicherer, alle Versicherungsunternehmen, stärken wollen, dann müssen wir letztlich dafür sorgen, dass sie die Bewertungen für ihre spezifischen Produkte vornehmen können, statt ausschließlich standardisierte Modelle zu benutzen. Deswegen ist die Wahlfreiheit sehr zu begrüßen.
(Beifall bei der SPD)
Auch eine europaweite Harmonisierung der Aufsicht der Versicherungsunternehmen ist zu begrüßen. Das macht die Sache europaweit besser, vergleichbarer und – da in diesem Bereich international gearbeitet wird – auch stabiler. Auch das ist ein wesentlicher Beitrag zur Stärkung des Versicherungsschutzes.
Schlussendlich geht es auch um Transparenz. Die Berichtspflicht gegenüber der Öffentlichkeit und gegenüber dem Versicherer im Hinblick auf die Risikosituation, das Kapitalmanagement und die Geschäftstätigkeit wird erweitert und gestärkt. Auch das ist ein Ziel dieser Richtlinie und führt zu einer Stärkung dieses Prozesses.
(Beifall bei der SPD)
Das Ergebnis liegt uns nun vor. Es ist ein Mammutgesetz. Es reiht sich in eine Vielzahl von Maßnahmen, die den europäischen Finanzsektor stärken, ein. Das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger wird nach den Krisenjahren durch die vielen Maßnahmen, die wir durchführen, weiter gestärkt. Neben der Einlagensicherung, der Bankenunion und dem Kleinanlegerschutzgesetz trägt auch Solvency II dazu bei, dass 2015 das Jahr des Verbraucherschutzes ist.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Glück auf!
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt ist die Kollegin Anja Karliczek für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4545760 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 85 |
Tagesordnungspunkt | Finanzaufsicht über Versicherungen |