Herlind GundelachCDU/CSU - Teilumsetzung der Energieeffizienzrichtlinie
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Kollegin von der Fraktion Die Linke hat versucht, hier den Eindruck zu erwecken, dass das Thema Energieeffizienz in diesem Haus nicht bekannt ist
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Bei Ihnen nicht!)
und auch in der Bundesrepublik Deutschland und der Wirtschaft nicht.
(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Das habe ich nicht gesagt! Das habe ich gar nicht gesagt!)
Dazu muss ich sagen: Ich glaube, dem ist nicht so. Die Industrie hat – so ehrlich sollten wir sein – schon lange vor uns verstanden, wie wichtig Energieeffizienz ist.
(Eva Bulling-Schröter [DIE LINKE]: Ich habe früher in der Industrie gearbeitet, im Gegensatz zu Ihnen!)
Deswegen propagiert sie dieses Thema schon seit langer Zeit und macht auch schon eine ganze Menge.
Viele Unternehmen in Deutschland, vor allen Dingen die Unternehmen, die stromintensiv produzieren, sind weltweit Vorreiter, wenn es um energieeffiziente Lösungskonzepte und Produktionsweisen geht. Dafür gibt es auch hinlänglich Belege. Die Gründe dafür sind denkbar einfach: Das Eigeninteresse der Firmen und der Markt steuern die Unternehmen fast zwangsläufig in diese Richtung.
(Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann können wir nach Hause gehen! Dann braucht es die Politik ja nicht!)
Es gibt Firmen, die schon sehr früh auf innovative Technik gesetzt haben, auch aus Überzeugung. So können wir heute feststellen, dass die energieintensiven Industrieunternehmen in Deutschland bereits jetzt die Effizienzstandardziele von 2050 erreichen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Nur so haben wir es in der Bundesrepublik Deutschland geschafft, das Wirtschaftswachstum vom Energieverbrauch abzukoppeln. Das ist uns übrigens schon im letzten Jahrhundert – jetzt darf man das ja sagen – gelungen. In den letzten Jahren haben das Gewerbe, der Handel und die Industrie jährlich durchschnittlich 10 Prozent Energie einsparen können. Das ist meines Erachtens überaus erfreulich. Dennoch gibt es selbstverständlich noch immer erhebliche ungenutzte Potenziale. Genau hier setzen die europäische Effizienzrichtlinie und der im Dezember letzten Jahres verabschiedete Nationale Aktionsplan Energieeffizienz an.
Ich denke, wir sind uns darüber im Klaren, dass, wenn man bereits energieeffiziente Lösungen nutzt, es nicht so ganz einfach ist, sich zu steigern, als wenn man bei null anfängt. Es bedarf daher einer ganz genauen Analyse, welche Hemmnisse und Barrieren bestehen. Die Rahmenbedingungen in Deutschland sind, insgesamt betrachtet, gut. Man muss vor allem aufpassen, dass man die erzielten Erfolge nicht durch neue Regelungen zunichtemacht. Augenmaß ist hier ganz besonders wichtig.
Die Vergangenheit hat eines ganz klar gezeigt: Bei den Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz muss man auch auf die Wirtschaftlichkeit achten. Diese Maßgabe ist für uns, die CDU/CSU-Fraktion, nicht verhandelbar. Deshalb haben wir darauf auch bei der Ausarbeitung des heute zu verabschiedenden Gesetzentwurfs unser Augenmerk gelegt. Die Koalitionsfraktionen flankieren den Gesetzentwurf durch einen gemeinsamen Entschließungsantrag und einen Änderungsantrag.
Ich glaube, ich brauche nicht konkret darauf einzugehen, was mit diesem Gesetz geregelt werden soll. Start soll – die Kollegin Scheer hat das hier schon gesagt – im Dezember dieses Jahres sein. Das stellt für die Unternehmen die erste Hürde dar. Da wir aus den unterschiedlichsten Gründen hinsichtlich der Umsetzung der EED – das muss man zugeben – ein wenig der Zeit hinterherhinken, ist jetzt natürlich auch die Umsetzungsfrist für die Unternehmen etwas kurz. Darauf haben wir reagiert; das werde ich gleich noch erläutern.
Die Anhörung in der vergangenen Woche hat gezeigt, dass es auch an weiteren Punkten der Klarstellung bedarf. Worum geht es dabei? Wie schon erwähnt, werden Nicht-KMU, ausgehend von einer eigenständigen EU-Definition von KMU, verpflichtet, ein Energieaudit durchzuführen. Konkret sind nach EU-Definition kleine und mittelständische Unternehmen, die, die weniger als 250 Beschäftigte haben, maximal 50 Millionen Euro Umsatzerlös oder maximal 43 Millionen Euro Bilanzsumme. Unsere Nachbarn in Frankreich haben eine eigenständige Definition gewählt und diese ins Gesetz geschrieben. Das dient der Reduzierung der Zahl der in Frankreich betroffenen Unternehmen. Nach unserer Auffassung ist dies nicht europarechtskonform. Deswegen haben wir uns für eine klassische Eins-zu-eins-Umsetzung entschieden, was wir im Übrigen auch in vielen anderen Fällen machen.
Auf der Grundlage des Gesetzes müssen in Deutschland jetzt circa 50 000 Unternehmen Energieaudits durchführen. Im Rahmen eines Energieaudits werden anhand anerkannter Standards die Verbräuche eines Unternehmens festgestellt und Handlungsempfehlungen für Einsparungen verfasst. Schätzungen zufolge können Energieaudits Energieeinsparpotenziale von bis zu 20 Prozent aufzeigen. Man muss aber beachten, wie ich schon ausgeführt habe, dass viele der betroffenen Unternehmen aus Eigeninteresse bereits höchst energieeffizient arbeiten. Überdies werden im Rahmen eines Audits – da stimme ich Ihnen zu, Frau Bulling-Schröter – nur die Verbräuche festgestellt. Damit wird noch nichts eingespart. Man sollte daher nicht zu hohe Erwartungen an die Auditpflicht haben.
Grundsätzlich sind Audits ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Denn auf der Grundlage dieser anerkannten Standards verbessern wir die Datenlage erheblich und erlangen nunmehr vor allen Dingen eine genaue Erkenntnis über die spezifischen Energieverbräuche der einzelnen Unternehmen. Daraus wiederum lassen sich wichtige Schlüsse ziehen.
Audits sind ein guter Zwischenschritt für die Erreichung unserer Effizienzziele. In der Regel – das hat die Vergangenheit auch gezeigt – sind sie ein Ansporn für Unternehmen, die noch nicht gehobenen Potenziale auch tatsächlich zu nutzen, wie uns die Implementierung von EMAS schon vor vielen Jahren eindrucksvoll bewiesen hat.
Audits führen, wie gesagt, nicht zwangsläufig zu Einsparungen. Um aus der Einführung von verpflichtenden Energieaudits einen möglichst hohen Nutzen zur Steigerung der Energieeffizienz zu ziehen, ist es von Bedeutung, dass wir kein Kapital unnötig binden. Folglich ist es richtig, den bürokratischen Aufwand so gering wie möglich zu halten. Darüber hinaus sollten nicht zielführende Maßnahmen tunlichst vermieden werden. Denn es ist ganz einfach: Geld, das für den bürokratischen Aufwand ausgegeben wird, ist in der Regel nicht mehr da, um es in die Energieeffizienzsteigerung zu investieren.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Julia Verlinden [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles ist immer bürokratischer Aufwand!)
Genau an diesem Gedanken setzen unser Entschließungs- und unser Änderungsantrag an. Wir möchten damit erreichen, dass im Vollzug die Hauptzielrichtung nicht außer Acht gelassen wird. So fordern wir, dass es für Unternehmen mit einer Filialstruktur, sofern diese gleichartige Standorte haben, möglich sein muss, die Erkenntnisse aus den Untersuchungen zu übertragen und die notwendigen Daten im Rahmen eines Multi-Site- Verfahrens zu erfassen. Ich glaube, das bedeutet für viele dieser Betriebe eine Erleichterung.
Ebenso erachten wir es beim Vollzug für sinnvoll, Amortisationszeiten mit Lebenszykluskostenanalysen gleichzusetzen, sofern die Erstellung von Lebenszykluskostenanalysen einen nicht vertretbaren Mehraufwand bedeutet.
Genauso wichtig ist es uns, dass qualifiziertes Personal in den Unternehmen auch weiterhin Audits durchführen kann. Denn hier muss eine praxisgerechte Lösung gefunden werden, da auch sonst unnötige Kosten verursacht werden.
Ich habe bereits erwähnt, dass wir ein wenig in Verzug sind. Deswegen sprechen wir uns dafür aus, dass im Vollzug darauf geachtet wird, dass Unternehmen, die umfassende Energiemanagementsysteme als Antwort auf die Auditpflicht einführen wollen – Freu Scheer hat darauf schon hingewiesen – und damit sogar noch einen Schritt weiter gehen, als durch die Richtlinie von ihnen gefordert, nicht für die Verzögerung durch uns bestraft werden.
Aber auch diejenigen, die nur das geforderte Audit durchführen, sollen, sofern sie nachweisen können, dass die Verzögerung nicht durch Eigenverschulden herbeigeführt wurde, nicht mit Pönalen belegt werden, wie sie die EED im Übrigen vorsieht. Ich denke, das sind praktikable Vorschläge, die wir gemacht haben, die auch das Bundeswirtschaftsministerium – so hat man uns zugesagt – im Rahmen des Vollzugs berücksichtigen wird.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Energieeffizienz ist zweifellos eine Chance. An diesem Gedanken sollten wir festhalten. Deswegen hoffe und setze ich darauf, dass wir im Rahmen der Umsetzung des NAPE und der vielen Maßnahmen und Regelungen, die noch vor uns stehen, weiterhin konstruktiv zusammenarbeiten.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Dr. Julia Verlinden, Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4548413 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 85 |
Tagesordnungspunkt | Teilumsetzung der Energieeffizienzrichtlinie |