Kai WegnerCDU/CSU - Baukulturbericht 2014/15
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, die Koalition macht sich stark für lebenswerte Städte und für lebendige Stadtquartiere, in denen die Menschen nicht nebeneinander, sondern gerne auch miteinander leben. Um dieses Ziel zu erreichen, gewinnt die Baukultur – das, finde ich, wird in dem Bericht noch einmal deutlich – zunehmend an Bedeutung. Wenn ich von Baukultur spreche, dann meine ich natürlich nicht ausschließlich den ästhetischen Aspekt der Architektur. Bei Baukultur geht es um die Qualität der bebauten Umwelt insgesamt. Es geht um Gebäude, Anlagen der Infrastruktur, ihre Einordnung in das Landschafts- und Siedlungsgebiet und in den öffentlichen Raum. Baukultur umfasst damit Architektur und Ingenieurbaukunst, Stadt- und Regionalplanung, Denkmalschutz und Landschaftsarchitektur.
Ich begrüße ausdrücklich, dass wir heute die Debatte über den Baukulturbericht führen; denn ich glaube, dass es wichtig ist, dass auch wir hier im Deutschen Bundestag einen Beitrag dazu leisten, für gute Bau- und Planungsleistungen zu sensibilisieren und das Bewusstsein für die Baukultur bei Bauschaffenden, aber auch bei den Bürgerinnen und Bürgern weiter zu stärken.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Die Zahlen verdeutlichen die wachsende Bedeutung von Fragen des guten Planens und Bauens für ein gutes Zusammenleben der Menschen. In den nächsten fünf Jahren werden wir in den wachsenden Städten Deutschlands vermutlich rund 1 Million neue Wohnungen bauen. Bis zum Jahr 2025 könnte die Zahl auf mehr als 3 Millionen steigen. Herr Krischer, da Sie einmal mehr die Mietpreisbremse angesprochen haben – das höre ich mittlerweile in jeder Debatte –, kann ich nur sagen: Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Opposition, die Mietpreisbremse wird kommen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann denn? Im nächsten Jahrhundert?)
Machen Sie sich da keine Sorgen. Was Sie in Ihrer Regierungstätigkeit nicht geschafft haben, werden wir machen. Aber wir werden es vernünftig machen. Wir brauchen ein Maßnahmenpaket. Wir brauchen – das haben Sie selber angesprochen – mehr bezahlbaren Wohnraum. Mit Verlaub, Herr Krischer, die Mietpreisbremse schafft keine einzige neue, bezahlbare Wohnung. Wir müssen mehr bauen. Deshalb brauchen wir ein Maßnahmenpaket für bezahlbares Wohnen in den Städten und Gemeinden in unserem Land.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist das denn? Wenn Sie wenigstens das machen würden!)
Die Herausforderung, vor der wir zusätzlich stehen, ist, attraktive, lebendige und sozial stabile Wohnquartiere zu erhalten und zu schaffen. Dies wird in der Tat nur gelingen, indem wir ein Zusammenspiel von Bestandsgebäuden und ergänzender Neubebauung haben. Gerade in Zeiten des ökonomischen, ökologischen und demografischen Wandels brauchen wir im Baubereich nachhaltige Lösungen. Wir brauchen wohlgestaltete Lebensräume, die die Lebensqualität in unseren Städten verbessern, die Identifikation mit dem Stadtteil, in dem man lebt, schaffen und die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger zur Mitgestaltung ihrer Wohnquartiere erhöhen.
Für mich ist eine zentrale Lehre aus dem Baukulturbericht, dass wir noch stärker auf ein Nebeneinander von Arbeiten, Wohnen, Versorgung, Freizeitgestaltung, öffentlichen Freiräumen und Grün setzen sollten. Es geht also um die verstärkte Förderung von sozial und funktional durchmischten Stadtquartieren. Gemischte Stadtquartiere sind ein Garant für Lebensqualität und Wohnzufriedenheit, für Standortbindung und Identitätsbildung. Sie reduzieren den Flächenverbrauch, ermöglichen eine Stadt der kurzen Wege und sind deshalb besonders geeignet für die Integration von älteren und pflegebedürftigen Menschen, aber auch von jungen Familien.
Es ist die gelebte Vielfalt, die die Quartiere stark und attraktiv machen. Klar ist auch: Gelebte Vielfalt gehört zur Lebensrealität in den Städten. Aber sie braucht ein starkes, klares Fundament. Es darf in unseren Städten und Quartieren keine Angsträume geben,
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
die man nach Einbruch der Dunkelheit besser meidet. Man muss sich in allen Bereichen, in denen man wohnt, wohlfühlen und sicher sein. Hier kann die Baukultur viel zum Besseren beitragen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Pflanzen, Wege, Stadtmöbel und insbesondere das Licht prägen den Charakter des öffentlichen Raums. Es mag sich wie eine Kleinigkeit anhören, aber schon ein zusätzlicher Laternenmast kann dazu beitragen, das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen in den Stadtquartieren deutlich zu erhöhen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Es muss also darum gehen, durch gezielte bauliche Maßnahmen das Wohnumfeld aufzuwerten. Investitionen in die Baukultur sind so gesehen auch Investitionen in mehr Sicherheit und mehr Sauberkeit. Die Menschen in unserem Land müssen sich an allen Orten in unseren Städten geschützt fühlen und wohlfühlen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Wenn das Schlagwort „Baukultur“ fällt, denken viele vor allem an den Schutz erhaltenswerter Bausubstanz. Aber gerade aufgrund des technischen Fortschritts hat Baukultur mittlerweile auch eine moderne, in die Zukunft gerichtete Dimension. So wird es verstärkt darum gehen, bereits vorhandene Infrastruktur in neuer Weise zu vernetzen, aber auch innovative Techniken und Produkte in das städtische Alltagsleben zu integrieren.
Architekten und Ingenieure entwickeln schon heute neuartige Lösungen in Bereichen wie Klimaschutz und Energie, Mobilität, Verwaltung und Gesundheit. Wenn es gelingt, die Strukturen in der bebauten Umwelt kreativer, sauberer, gesünder und gleichzeitig effizienter zu gestalten, bedeutet das einen enormen Gewinn an Lebensqualität für die Menschen in unseren Städten.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
In diesem Zusammenhang tun wir gut daran, die Güte, die Nachhaltigkeit, die Innovationskraft und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Architektur- und Ingenieurwesens in Deutschland besonders herauszustellen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die Förderung der Baukultur ist und bleibt eine gesellschaftliche und politische Daueraufgabe; denn Baukultur ist auf den ständigen Dialog zwischen Experten, Bürgern, Wirtschaft und natürlich auch der Politik angewiesen. Diese Dialogbereitschaft unter allen Beteiligten werden wir auch in Zukunft fördern, genauso wie wir es im Koalitionsvertrag vereinbart haben.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Wir werden dabei klarmachen, dass alle Akteure gemeinsam eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung haben.
An dieser Stelle, liebe Frau Bundesministerin, danke ich ausdrücklich der Bundesregierung dafür, dass sie ihre Verantwortung für die Förderung der Baukultur auch in vielerlei anderer Hinsicht wahrnimmt, nämlich als Bauherr, als Gesetzgeber im Bauplanungsrecht, aber natürlich auch über die Städtebauförderung. Dafür möchte ich Ihnen, Frau Hendricks, ganz herzlich danken, und ich sage Ihnen auch weiterhin die Unterstützung unserer Fraktion zu.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
In diesem Zusammenhang freue ich mich natürlich ganz besonders für die Städtebauförderung, wenn ich sage, dass wir in diesem Haushaltsjahr einen Schwerpunkt nicht auf Grüne in den Städten, Herr Krischer, sondern auf Grün in der Stadt legen.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo denn bitte? Sagen Sie doch mal, wo!)
Das finde ich ganz hervorragend; denn das braucht die Stadt für mehr Lebensqualität.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Die Koalition wird weiterhin dafür sorgen, dass baukulturelle Fragestellungen auf der Agenda bleiben. Wir wollen, dass sich die Menschen in ihrem Wohnumfeld wohlfühlen können. Deshalb begreifen wir Baukultur als eine Investition in eine lebenswerte Zukunft in unseren Städten und Gemeinden.
Herzlichen Dank und einen schönen Abend noch.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4549979 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 85 |
Tagesordnungspunkt | Baukulturbericht 2014/15 |