05.02.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 85 / Tagesordnungspunkt 13

Alexandra Dinges-DierigCDU/CSU - Maritime Ausbildung

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Wilms, meinen Sie wirklich – ich war jetzt doch etwas überrascht; ich war auf eine völlig andere Rede von Ihnen vorbereitet; wir kennen uns ja nun ein bisschen –, dass Sie mit Ihrem Antrag, mit Ihrer Forderung nach einer Evaluierung der Ausbildungs- und Studiengänge – das alles gibt und gab es schon – und mit der Forderung nach Anpassung des Seelotsgesetzes die Anzahl der Schiffe, die unter deutscher Flagge fahren, erhöhen? Ich glaube, das ist wirklich zu kurz gesprungen.

Deshalb möchte ich jetzt an dieser Stelle einmal einen kleinen Schwenk in die Geschichte machen. Einige von Ihnen wissen: Ich komme aus dem schönen Lübeck. Bei „Lübeck“ klingelt es vielleicht auch, und man denkt an Schifffahrt und Maritimes.

(Dr. h. c. Hans Michelbach [CDU/CSU]: Hansestadt Lübeck! So viel Zeit muss sein!)

Lübeck, auch genannt „Königin der Hanse“, ist untrennbar mit dem Aufstieg des deutschen Handels und der deutschen Seefahrt verbunden. Daran sollten wir uns immer erinnern. Auf Kooperation ehrbarer Kaufleute zum Wohle der Städte fußend, ist diese Hanse – das meine ich ganz bewusst – bis heute ein Vorbild für die maritime Wirtschaft.

Ein Merkmal damals war die Verflechtung der unterschiedlichen maritimen Kompetenzen in den damaligen Hansestädten – wohlgemerkt: bis zu 200 –: Kaufleute, Seefahrer, Schiffbauer, sie alle waren auf engem Raum mit ihrem städtischen Heimatstandort verbunden. Sie waren gemeinsam aktiv unterwegs, um sich den Herausforderungen von außen, die sich im Zuge der Zeit immer wieder geändert haben, zu stellen. Das sind Herausforderungen, die vielleicht schon ein bisschen in die heutige Zeit reichten. Auch damals haben sie sich nämlich zusammengetan und gesagt: Wie können wir uns gegenüber der wachsenden Konkurrenz aus anderen Staaten aufstellen? Und sie organisierten auch damals schon die Ausbildung ihres Nachwuchses.

Ich denke, meine Damen und Herren, dass die Schifffahrt damals und heute so international aufgestellt war und ist wie kaum eine andere Branche. Aber es gibt ein ganz entscheidendes Kennzeichen, wenn wir über Ausbildung nachdenken, nämlich: In keiner anderen Branche orientieren sich die Berufe so stark an internationalen Standards und an einem internationalen Regelwerk wie in der maritimen Branche. Wohlgemerkt: In einem internationalen Regelwerk sind auch die Ziele der Ausbildung festgelegt. Dadurch entsteht ein völlig anderer Einfluss auf den internationalen Wettbewerb selber, dem wir uns stellen müssen; wir haben heute Abend schon einiges darüber gehört.

Ich gebe auch gerne zu, liebe Frau Wilms: Die Zukunft sieht im Moment, was die maritime Wirtschaft und den Nachwuchs angeht, nicht so ganz leicht aus.

(Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles ist anders! Das ist diametral anders! – Zuruf der Abg. Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der Nachwuchsmangel ist spürbar und vor allem auch für die Zukunft absehbar, wenn wir nicht etwas tun. Wer ist „wir“? Genau darum geht es. Ihr Antrag – das sagte ich zu Beginn – greift zu kurz. Die Lösung des Problems finde ich nicht in Ihrem Antrag.

(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo ist sie denn?)

Anstatt ganz klar einen Kurs zu markieren, vertun Sie sich in einem Klein-Klein oder in Punkten, die bereits abgearbeitet sind,

(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann sagen Sie einen Punkt!)

wie wir eben von der Kollegin

(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nennen Sie doch einen Punkt, wenn es den gibt!)

bezüglich der Überarbeitung bei den Schiffsmechanikern gehört haben. Sie sprechen von einem bedarfsorientierten maritimen Ausbildungskonzept. Das ist Ihr Text.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was tun Sie denn? Erzählen Sie doch mal!)

Aber Sie sagen nicht dazu, wie Sie das verstehen. Was ich vermisse, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen: Wo bleibt denn Ihr Bekenntnis zur Zukunftsperspektive der deutschen maritimen Wirtschaft?

(Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch von der Vergangenheit geredet, davon, wie es früher mal in Lübeck war! – Zuruf der Abg. Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wo ist sie im Bereich der Technologie, im systemischen Bereich, aber auch im personellen Bereich? Die Sache ist eben komplizierter, als Sie uns mit Ihrem Antrag suggerieren wollen.

Der Bund hat einige Vorleistungen erbracht; sie wurden genannt. Wir unterstützen die Ausbildung im maritimen Bereich. Aber ich muss an dieser Stelle sagen: Gute Ausbildung, berufliche Perspektiven können wir nicht allein mit Geld kaufen. So funktioniert es nicht. Der Schlüssel ist, diese Herausforderungen, vor denen wir in der maritimen Wirtschaft stehen, wirklich zunächst einmal zu identifizieren, um dann alle zusammen in ein Boot zu holen

(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Die Reeder müssen nur dazu verpflichtet werden! Dann muss man nicht lange suchen!)

und gemeinsam zu überlegen, wie wir das maritime Know-how Deutschlands sichern können.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das schließt die Länder genauso ein – wir haben es gehört – wie auch Hochschulen und andere Ausbildungsstätten sowie die Reeder und auch uns als Bund. Deshalb, meine Damen und Herren: In meinen Augen werden wir weder mit neuen Vorschriften noch mit neuen zentralen Vorgaben die Zukunft unseres maritimen Ausbildungsstandorts Deutschland entscheidend beeinflussen oder gar sichern.

(Zuruf von der LINKEN: Sie wollen ihn also gar nicht mehr haben! – Bärbel Höhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben keine Vorschläge! – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Es geht alles unter!)

Deshalb werden wir Ihren Antrag ablehnen.

Die maritime Wirtschaft ist eine Zukunftsbranche und für Deutschland als Exportnation unverzichtbar.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht mit Ihrer Politik!)

Unser Ziel muss es deshalb sein, dass wir alle gemeinsam daran arbeiten, unsere jahrhundertealte maritime Wirtschaft in dieser sich verändernden globalen Welt in ihrer Wettbewerbsfähigkeit zu stärken.

Kollegin, achten Sie bitte auf die Zeit.

Nur dann, wenn uns das gelingt, werden wir auch morgen noch Ausbildungsplätze und Auszubildende, Studienplätze und Studierende in der maritimen Wirtschaft haben.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4550260
Wahlperiode 18
Sitzung 85
Tagesordnungspunkt Maritime Ausbildung
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta