06.02.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 86 / Tagesordnungspunkt 18

Karl-Heinz BrunnerSPD - Konversion der Rüstungsindustrie in zivile Wirtschaft

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Verehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollegin Kunert, ich frage mich schon: Können Sie die Energie, die Sie in Anträge wie diesen stecken, nicht sinnvoller einsetzen?

(Beifall bei der SPD – Stefan Liebich [DIE LINKE]: War doch sinnvoll! – Katrin Kunert [DIE LINKE]: Wenn Ihnen die Energie fehlt, ist das nicht unser Problem!)

Ich weiß, dass die Opposition Fragen stellen, Gegenentwürfe präsentieren und Alternativen entwickeln muss. Sie muss auch dann die Debatte vorantreiben, wenn die Regierungskoalition, wie es gerade der Fall ist, hervorragende Arbeit leistet; Außenminister Frank- Walter Steinmeier hat dies heute Morgen eindrucksvoll gezeigt.

(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Wie viel Zeit haben Sie denn in Ihre Rede gesteckt?)

Dass dies durchaus geht, zeigen manche Beiträge der Grünen; wobei der sehr flott vorgetragene Beitrag der Kollegin Dröge mich dann doch manchmal ein bisschen ins Zaudern gebracht hat.

Was heute aus der linken Ecke des Hohen Hauses dröhnt, bringt beim besten Willen niemanden weiter, weder in der Sicherheits- noch in der Verteidigungs- und Rüstungspolitik und schon gar nicht in der Friedenspolitik. Der Antrag, den Sie zu einer sogenannten Friedenswirtschaft vorlegen, ist nichts anderes als – so möchte ich es bezeichnen – ein selbstgefälliges, populistisches Potpourri Ihrer schlechten Laune in Bezug auf die Sicherheits- und Verteidigungspolitik dieses Landes.

(Katrin Kunert [DIE LINKE]: Bei Ihnen kann man nur schlechte Laune kriegen; das muss ich mal sagen! Ein bisschen Mühe hätten Sie sich inhaltlich geben können!)

Ihr Antrag spricht den wirklich für Frieden und Sicherheit engagierten Menschen dieses Landes einfach nur Hohn. Er schafft Unsicherheit und ignoriert die Leistungen und Bemühungen der Bundesregierung. Das könnte man ja noch gelassen hinnehmen. Jedoch ignoriert er nicht nur die Fakten, sondern auch die Bedürfnisse der Menschen dieses Landes.

Machen wir doch einmal einen kleinen Faktencheck:

Erstens. Sie fordern ein nationales Programm zur Umwandlung der Rüstungsindustrie in zivile Bereiche.

(Katrin Kunert [DIE LINKE]: Richtig!)

Das haben wir doch bereits. Konkret setzt sich das Wirtschaftsministerium dafür ein, dass Unternehmen des Verteidigungssektors ein zweites ziviles Standbein aufbauen, und zwar nicht nur mit Worten, sondern mit Geld. Unter anderem gibt es seit diesem Jahr ein zusätzliches Innovationsförderprogramm mit einem jährlichen Volumen von 7,5 Millionen Euro, das den Umstieg erleichtern soll. Nicht vergessen dürfen wir die gemeinsame Strategie des Auswärtigen Amts und des Verteidigungs- und Wirtschaftsministeriums, die gerade in Arbeit ist, um die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie in Deutschland zu stäken.

Zweitens. Sie fordern, ungenutzte Liegenschaften der Bundeswehr günstig zu verkaufen. Das tun wir bereits. Seit 2002 haben die Städte, Märkte, Gemeinden und Kreise ein Erstzugriffsrecht. Weil es manchmal hakte, wird man außerdem ab 2015 noch einen Schritt weitergehen. Die Veräußerungsrichtlinien der BImA werden so geändert – so sieht es der Haushaltsausschuss vor –, dass der verbilligte Verkauf an die Kommunen ermöglicht wird. Ich bin gespannt, ob die Linke dem dann zustimmen wird oder bei ihrer Phobie gegenüber allem, was von der Bundeswehr kommt, wieder die bekannten Reflexe zeigen wird.

Drittens. Sie fordern einen Branchenrat „Wehr- und Sicherheitstechnik“. Der Kollege Westphal hat dazu bereits ausgeführt, dass wir den bereits haben. Ich habe leider nur fünf Minuten Redezeit, deshalb lasse ich es bleiben, dies Punkt für Punkt vorzutragen.

Meine Kolleginnen und Kollegen, ich bin es irgendwie leid, die Linken aufzuklären. Es erzürnt mich, dass sie mit der Angst ihr Spiel treiben. Das Schüren einer diffusen Angst folgt dem Gedanken, dass alles, was die Bundeswehr macht, was von ihr kommt und was sie braucht, böse sei.

Wir brauchen aber eine ernsthafte Auseinandersetzung mit den konkreten Sicherheitsfragen unserer Zeit. Wir brauchen eine echte Debatte über Rüstungsexporte und Rüstungswirtschaft in Deutschland; dabei können wir nicht ignorieren, dass wir gemeinsam mit UNO und NATO in Verantwortung stehen. Wir können nun einmal sehr gute Gefechtsfahrzeuge herstellen, und unsere Raketenabwehr und unsere U-Boote leisten einen Beitrag, dieser Verantwortung nachzukommen.

Das heißt nicht, dass wir unsere Soldatinnen und Soldaten überall hinschicken. Für manche mag es überraschend sein: Aber gerade ein funktionierendes Militär kann Puffer sein, kann abschrecken, kann Konflikte verhindern und Frieden bewahren. Diese Wahrheit zu sagen, ist unsere Verantwortung. Dies zu vertreten, erwarten, glaube ich, die Menschen dieses Landes von uns.

Kolleginnen und Kollegen, merken Sie sich: Schlimmer als Lügen sind Halbwahrheiten, ist diffuse Angstmacherei. Dieser Antrag liest sich fast wie ein lustiger Trolleintrag voller Halbwahrheiten auf Facebook. Es fehlen nur noch die Bildchen von traurigen Kätzchen und den Links zu YouTube-Videos von Russia Today unter der Überschrift „Muss man wissen“.

Meine Kolleginnen und Kollegen, zu einer echten Debatte um Rüstungstechnologie und Rüstungsexporte sagen wir: Ja, gerne. – Zu diesem Antrag sagen wir Nein.

Vielen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4554875
Wahlperiode 18
Sitzung 86
Tagesordnungspunkt Konversion der Rüstungsindustrie in zivile Wirtschaft
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