Iris GleickeSPD - Kulturtourismus in den Regionen
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich zunächst beim Parlament und ausdrücklich bei den Mitgliedern des Tourismusausschusses für das gute Miteinander bedanken, das auch in dieser Debatte wieder deutlich wird. Wir gehen sehr pragmatisch an die Sache heran. Ich bedanke mich als Tourismusbeauftragte der Bundesregierung sehr herzlich für das gute Miteinander und die konstruktive, aber auch kritische Begleitung, die wir im Ausschuss miteinander pflegen.
Ich bin froh über den Antrag der Koalitionsfraktionen „Kulturtourismus in den Regionen weiterentwickeln“. Und Frau Kassner, Sie können sich darauf verlassen: Die bitten mich nicht nur. Die Kollegen sind alle sehr selbstbewusst und tragen ihre Bitten mit ordentlichem Nachdruck vor; das ist keine Frage.
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Wir auch!)
– Sie auch, natürlich. – Ich will einfach noch einmal darauf hinweisen – Sie wissen das aus Ihrer langjährigen Erfahrung genauso gut wie ich –: Der Bund sitzt nun einmal leider in der zweiten Reihe. Ich wünschte mir – was auch Sie bezüglich der Finanzierung angemahnt haben –, dass ganz klar ist, dass der Tourismus einer der wichtigsten Wirtschaftszweige ist, der zwar sehr kleinteilig daherkommt, aber ein großes Potenzial hat. Das muss sich im Endeffekt natürlich auch in der Wirtschaftsförderung in den Ländern, aber auch in den Landkreisen, in den Kommunen widerspiegeln. Deshalb sage ich auch, dass dieser Antrag zur richtigen Zeit kommt.
Wir haben im Tourismus Boomzahlen; wir hören das immer wieder. Frau Hiller-Ohm hat es angesprochen: Die europäischen Kunst- und Kulturliebhaber haben Deutschland zum beliebtesten Reiseziel auserkoren. Wir haben auch eine ganze Menge zu bieten: Kulturgüter, historische Denkmale, Musikfestivals oder auch die Kasseler Documenta und, und, und. – Jetzt habe ich wenigstens Hessen noch hineingebracht; das hat, glaube ich, in der Aufzählung noch gefehlt. Aber man muss ein wenig Wasser in den Wein gießen – das ist schon deutlich geworden –; denn der Kulturtourismus findet hauptsächlich in den Städten statt. In den Städten gibt es natürlich ein geballtes kulturelles Angebot, und entsprechend viele Touristen fahren deshalb dorthin.
Auf der anderen Seite zeichnet sich das Reiseland Deutschland dadurch aus, dass wir in der Fläche jede Menge Kultur zu bieten haben. Wir brauchen bloß in unserer Heimatregion zu schauen, wo die Schlösser und Burgen sind. Sie sind sehr häufig in oder bei ganz kleinen Orten, zum Beispiel die Burgen und Schlösser an der Saale. Auch Thüringen hat hier eine Menge zu bieten. Insofern muss es an dieser Stelle darum gehen, die Potenziale zu nutzen.
Der Tourismus hat eine ganz wichtige Funktion als Entwicklungsstütze und -motor für strukturschwache Regionen, die sich nicht in der Nähe von Ballungszentren befinden. Hier kommt dem Tourismus eine ganz besondere Rolle zu. Deswegen, Herr Kollege Tressel, sind wir dabei, die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ neu auszurichten. Durch die vorgesehene Weiterentwicklung der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ zu einer Gemeinschaftsaufgabe „Ländliche Entwicklung“ können wir mehr als die Landwirtschaft fördern. Solche Gespräche sind schwierig; das wissen Sie. Aber wir arbeiten mit Nachdruck daran. Wir brauchen entsprechend Zeit, damit eine qualitativ gute Diskussion entsteht. Die Punkte, die in diesem Antrag stehen, werden in der Debatte sicherlich eine Rolle spielen.
Mir ist wichtig, darauf hinzuweisen – Frau Lanzinger hat es bereits gesagt; sie hat ein wenig vorgearbeitet –, dass das Projekt „Tourismusperspektiven in ländlichen Räumen“ an den Kulturtourismus andockt. Mir geht es darum, nicht noch eine Urkunde für einen Wettbewerb zu verteilen oder ein weiteres Gutachten zu bekommen. Das verstaubt in den Schubladen oder geht in den Weiten des Internets verloren. Ich möchte, dass wir schauen, wo Potenziale und pfiffige Ideen sind, und diese dann umsetzen, indem wir diese Ansätze in ausgewählten Modellregionen unterstützen. Das ist eine praktische Hilfe, um bei den Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern etwas anzustoßen.
Aber, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die besten Berater, die besten Anträge und die besten Konzepte nützen nichts, wenn Deutschland nicht als weltoffenes Land wahrgenommen wird.
(Beifall im ganzen Hause)
Wir müssen aufpassen auf Pegida, Legida, Sügida und wie sie alle heißen; denn eines ist klar: Glaubt irgendjemand, dass es eine gute Werbung für das Reiseland Deutschland ist, wenn Hunderte oder Tausende irgendwelchen rechten Populisten, Rassisten oder zum Teil richtig harten Neonazis hinterherlaufen? Ich hoffe immer noch, dass diejenigen, die den Organisatoren auf den Leim gehen und angeblich für die Verteidigung abendländischer Werte demonstrieren, gar nicht genau wissen, was sie tun. Sie versetzen Menschen in Angst und Schrecken, die bei uns Schutz vor Krieg und Terror suchen. Ich finde das erbärmlich.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie beschädigen auch den guten Ruf ihrer Heimat, die ihnen doch angeblich so wichtig ist. Das finde ich dumm und töricht. Aber es ist sehr ermutigend, wie viele Menschen in Dresden, Leipzig und Suhl auf die Straße gehen und ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus setzen. Deutschland hat sich spätestens mit der Fußball-WM 2006 zu Recht den Ruf erworben, ein weltoffenes und freundliches Land zu sein. Genau das wollen wir bleiben.
In diesem Sinne: Herzlichen Dank fürs Zuhören.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für die CDU/CSU-Fraktion spricht nun die Kollegin Daniela Ludwig.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4555044 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 86 |
Tagesordnungspunkt | Kulturtourismus in den Regionen |