06.02.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 86 / Tagesordnungspunkt 19

Daniela LudwigCDU/CSU - Kulturtourismus in den Regionen

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Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher auf unseren Tribünen! Kultur ist – das wissen wir längst – ein Standort- und Wirtschaftsfaktor für nahezu jede Gemeinde, für jedes Bundesland, für ganz Deutschland. Das kulturelle Angebot einer Region ist für viele Reisende ausschlaggebend bei der Wahl ihres Urlaubsziels. Kultururlaub als solcher steht bei ausländischen Gästen an zweiter Stelle der Urlaubsgründe, die sie angeben. Die Bundesrepublik ist Kulturreiseland Nummer eins in Europa, deutlich vor Italien und Frankreich. Diesen Reisetrend sollten wir in Deutschland noch besser nutzbar machen, als es bis dato schon geschieht.

Von dem Verbesserungspotenzial, das wir insbesondere im ländlichen Raum heben können, ist heute schon viel die Rede gewesen. Wir alle wissen, dass Hamburg, Berlin und München millionenfach absolute Publikumsmagnete sind; aber die Kunst wird nun sein, die Menschen, die unsere Großstädte besuchen und sich dort gerne aufhalten, mit unterschiedlichsten Mitteln dazu anzureizen, das Umland dieser Ballungsgebiete aufzusuchen und dort festzustellen, dass wir auf dem flachen Land Tausende Museen, mehr als 800 Theater und Opernhäuser sowie viele Musik-, Theater- und Schauspielfestivals anzubieten haben.

In meinem Wahlkreis, in Rosenheim, gibt es den „Lokschuppen“. Rosenheim hat 60 000 Einwohner. Der Lokschuppen ist unter den Top Ten der deutschen Ausstellungshäuser. Das ist für solch eine mittelgroße Stadt relativ beachtlich. Nachdem wir 1988 den Lokschuppen eröffnet hatten, überrannten uns in Rosenheim gleich 180 000 Besucher, die die erste Ausstellung besucht haben. Mittlerweile pendelt sich die Zahl der Besucher unserer Ausstellungen bei 210 000 bis 220 000 ein. Natürlich mag man annehmen, dass so etwas nur in den großen Städten passiert; aber man kann schon sagen: Was in Rosenheim funktioniert, was am Bodensee in der touristischen Zusammenarbeit über viele Grenzen hinweg passiert, das lässt sich durchaus auf andere Regionen dieses Landes übertragen.

Letztlich ist es der Hintergrund unseres Antrags, das Augenmerk – Herr Tressel, Sie haben es völlig richtig gesagt; ich nehme es gerne als kleines Lob mit – nicht wieder auf die Ballungsgebiete zu richten, sondern wirklich auf die ländlichen Regionen.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Dass parallel dazu eine Ausschreibung des Bundeswirtschaftsministeriums um die Ecke kommt, nehmen wir als Kompliment für innovative Ideen aus dem Parlament, die auch sofort umgesetzt werden;

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

ich glaube, das kann man durchaus so sagen. Insofern ist hier bei aller Kritik, die ich gerne zulasse – ich freue mich sehr auf die parlamentarische Zusammenarbeit und auch Auseinandersetzung –, schon zu erkennen: Wir haben hier Ideen, die wir schon länger in uns tragen, zu einem ausgesprochen wichtigen Thema ausgearbeitet, das im Trend liegt.

Ich habe es schon gesagt: Die UNESCO führt eine Liste des Welterbes mit schützenswerten Kultur- und Naturerbestätten. Dazu gehört bei uns zum Beispiel der Kölner Dom, der sich wiederum in einem Ballungsgebiet befindet. Wenn man es auf die ländlichen Regionen herunterbricht, dann wird man feststellen, dass fast jede Gemeinde ein schützenswertes Denkmal – in Anführungszeichen –, eine Sammlung vorzuweisen hat, die einen Besuch lohnen.

Wir wissen, dass viele Touristen nach ihrem ersten Deutschlandbesuch, der sie meistens tatsächlich in die großen Städte führt, gerne wiederkommen und dann bereit sind, auf Entdeckungsreise zu gehen und im wahrsten Sinne des Wortes die ausgetretenen Pfade zu verlassen. Umso schöner ist es, dass sich die Deutsche Zentrale für Tourismus im Jahr 2015 mit ihren Themen auf die ländlichen Regionen konzentriert: „Deutschland kulinarisch“, „Gelebte Tradition“ sowie „Kunst und Handwerk“. Das ist im Prinzip genau das, was uns allen hier im Hause am Herzen liegt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Wenn wir bei der DZT sind: Im vergangenen Jahr haben wir die Kampagne „UNESCO-Welterbe – Nachhaltiger Kultur- und Naturtourismus“ erleben können. Hier sind die immerhin 39 Welterbestätten in Deutschland beworben worden, zum Beispiel die Klosteranlage Maulbronn oder der Muskauer Park; beide liegen nicht mitten in einem Ballungszentrum, sondern eher fernab. Ich finde es unglaublich wichtig, dass wir hier erkennen können: Wenn wir die DZT zu etwas anregen, dann wird das tatsächlich ordentlich umgesetzt. Das entspricht wirklich dem, was wir wollen.

Natürlich, Herr Tressel: Wir müssen dafür sorgen, dass die Stätten, die wir in den einzelnen Gemeinden vorfinden, erhalten und unterhalten werden. Da gehört natürlich auch Geld dazu. Ich teile durchaus Ihre Kritik, dass wir hier und beim Tourismus im Allgemeinen immer mit den Kompetenzen der Länder – ich sage es jetzt diplomatisch – in Berührung kommen. Aber ich glaube, wenn wir unser Land ganzheitlich vermarkten wollen, dann werden wir, was die Bundesländer angeht, die eine oder andere Denkschwelle in den Köpfen überwinden müssen; das ist meine feste Überzeugung. Ich nehme gerne das Angebot an, uns gemeinsam darüber Gedanken zu machen, wie wir das umsetzen können.

Wir haben in unserem Antrag aufgezählt, was es schon alles gibt. Für die Förderung von Innenstädten und Ortszentren sind 700 Millionen Euro vorgesehen. Wir haben ein neues Förderprogramm mit Förderschwerpunkt auf Denkmälern mit nationalem Rang aufgelegt; auch das sei hier nicht unerwähnt. Dass immer ein touristischer Hintergrund dahintersteckt, das erklärt sich fast von selbst. Wir haben ein Denkmalschutzsonderprogramm mit 29 Millionen Euro ausgestattet. Also, ganz so schlecht ist das alles nicht.

(Ingbert Liebing [CDU/CSU]: Das ist super!)

– Vielen Dank. – Wir sind auf einem guten Weg, noch mehr Anreize zu schaffen.

Eines verbinde ich aber auch mit dem Kulturtourismus und mit unserer Initiative heute dazu – wir haben es in den letzten Tagen oft gehört, und es ist ganz wichtig –: Das beliebteste Reiseland der Deutschen ist Deutschland.

(Barbara Lanzinger [CDU/CSU]: Ja!)

Hier sollten wir ansetzen; denn je besser wir unsere Heimat kennen – wir alle, auch die wir hier sitzen –, desto besser können wir sie bewerben. Das ist die nächste Brücke: Wir sollten nicht nur im Ausland, sondern auch bei uns im Inland für uns werben. Das wäre mir die liebste Wertschöpfung, die ich an dieser Stelle sehe.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Meine lieben Kollegen, Theodor Fontane hat es einmal so ausgedrückt:

In diesem Sinne, glaube ich, haben wir ein paar Arbeitsaufträge aufgezeigt und mit unseren Forderungen an die Bundesregierung sicher ein paar gute Ideen formuliert. Ich freue mich jetzt sehr auf die parlamentarische Auseinandersetzung, auch auf die vielen Ideen, die – da bin ich sicher – auch aus den beiden anderen Fraktionen kommen.

Vielen herzlichen Dank für das Zuhören.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4555045
Wahlperiode 18
Sitzung 86
Tagesordnungspunkt Kulturtourismus in den Regionen
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