25.02.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 87 / Zusatzpunkt 1

Gitta ConnemannCDU/CSU - Aktuelle Stunde zum Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wahrheit und Klarheit, das wünschen sich und verdienen unsere Verbraucher, gerade wenn es um das Thema dieser Stunde geht, den Einsatz von Gentechnik. Wenn man Umfragen glauben will, lehnt der Großteil unserer Bevölkerung Gentechnik ab.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

Umso wichtiger sind Wahrheit und Klarheit von Wissenschaft, Wirtschaft, Medien, NGOs und natürlich von uns, der Politik.

Zur Wahrheit gehört erstens: In Deutschland gibt es keinen einzigen Landwirt, der Genmais oder Genkartoffeln pflanzen würde. Der Deutsche Bauernverband rät generell jedem Bauern davon ab, übrigens auch aus Haftungsgründen. Das ist die Wahrheit.

Zur Wahrheit gehört zweitens: Das deutsche Gentechnikgesetz gehört zu den strengsten auf der ganzen Welt.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dank Renate Künast!)

Bei Verstößen drohen drakonische Strafen. Gehaftet wird übrigens auch ohne Schuld. Für dieses Risiko findet sich keine Versicherung. Und wer hat es erfunden? Es waren nicht die Grünen, sondern die Union.

(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Zur Wahrheit gehört drittens: Die EU kann den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen zulassen; das hat sie in drei Fällen getan. Für das Inverkehrbringen von gentechnisch veränderten Lebens- und Futtermitteln gibt es inzwischen sogar rund 60 Zulassungen.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat MON810 zugelassen? Seehofer!)

An dieser Zulassung durch die EU wird sich auch nichts ändern. Neu ist: Die Mitgliedstaaten sollen die Möglichkeit erhalten, in bestimmten Fällen den Anbau von Genpflanzen zu verbieten.

Zur Wahrheit gehört viertens: Die Richtlinie der EU ist noch gar nicht in Kraft. Trotzdem hat der Minister gehandelt und einen Gesetzentwurf vorgelegt.

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was machen Minister sonst? – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist übrigens sein einziges Vorhaben!)

Respekt, lieber Christian Schmidt!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Unser Minister handelt; andere reden und schwadronieren, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen. Sofort muss eine Aktuelle Stunde her. Dabei steht der Entwurf doch erst ganz am Anfang.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Das ist ja das Spannende!)

Ein Schelm, der Böses dabei denkt!

Besonders stört Sie die angedachte Entscheidungskompetenz für unsere Länder.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, der mangelnde Wille, selber Verantwortung zu übernehmen!)

Sie entwerfen Horrorszenarien – wir konnten es gerade hören –: Chaotische Situationen würden entstehen, ein Flickenteppich unterschiedlichster Regelungen. Sie fordern mit den Ländern eine bundeseinheitliche Regelung. Höre ich da richtig? Sind das dieselben Länder, die sonst immer nach Öffnungsklauseln und Mitbestimmung rufen? Es heißt aktuell bei der Umsetzung der EU-Nitrat-Richtlinie: Wir wollen mitentscheiden. – Es heißt aktuell bei der Bundeskompensationsverordnung: Wir wollen mitentscheiden. – Und jetzt heißt es auf einmal: „Wir wollen nicht entscheiden; der Bund soll es machen“?

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man muss ausschließlich an der Sache orientiert argumentieren!)

Was die Flickenteppiche angeht: Die Länder könnten gemeinsame Wege gehen; das ist ihnen unbenommen. Flickenteppiche wären dann schon eher 16 Schulgesetze, jeweils anders gestrickt,

(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Das ist auch falsch!)

oder 30 000 Wasserschutzgebiete mit den unterschiedlichsten Bewirtschaftungsauflagen usw. usf. Das nennt sich Föderalismus,

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist bei der Gentechnik anders! – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Worum geht es? Geht es um Föderalismus, oder geht es um die Verbraucher?)

und den wollen Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, ja wohl nicht abschaffen.

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein, wir wollen, dass die Verbraucher geschützt werden!)

Nur Mut! Trauen Sie auch Ihren eigenen Agrarministern in den Ländern durchaus etwas zu!

(Beifall bei der CDU/CSU – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Denen trauen wir alles zu!)

Zur Wahrheit gehört: Wir wollen rechtssichere Anbauverbote, und dafür brauchen wir laut EU zwingende Gründe. Manche Gründe sind eben nicht in allen Regionen gleich zwingend. Was am besten vor Ort entschieden werden kann, das muss auch vor Ort entschieden werden. Deshalb verbieten sich übrigens generelle bundesweite Anbauverbote.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die verbieten sich sogar?)

Das haben uns führende Rechtswissenschaftler bestätigt,

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der Anwalt bei der Sachsen-Anhalt- Klage?)

und das hat uns auch Renate Künast bestätigt. Ich darf aus einer Presseerklärung der damaligen Bundesministerin vom 11. Februar 2004 zitieren:

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt haben wir aber ein neues EU-Recht! Es gibt jetzt eine neue Freisetzungsrichtlinie!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen, Sie sehen mich jetzt etwas irritiert. Ist die Rechtslage immer davon abhängig, wer gerade Minister oder Ministerin ist? Ich glaube, das darf nicht sein.

(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt ist die Rechtslage anders, Frau Connemann! Sie müssen mal die Rechtslage nach 2004 betrachten!)

Wir halten etwas von Rechtssicherheit, übrigens auch bei Verfassungsrecht und EU-Recht. Deshalb ist es gerechtfertigt, dass Herr Minister Schmidt die Entscheidung auf die Länder übertragen will. Dafür sind wir dankbar.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn sich die Rechtslage ändert, muss man auf die geänderte Rechtslage reagieren! – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Welt ist keine Scheibe! Die hat sich weitergedreht!)

Wahrheit und Klarheit,

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wahrheit und Klarheit wären gut!)

das verdienen unsere Verbraucher. Dazu gehört übrigens auch eine bittere Erkenntnis: Die Gentechnikfreiheit in Deutschland ist ein Mythos. Auch wenn unsere Bauern keine Genpflanzen anbauen,

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie importieren ohne Ende!)

ist Gentechnik heute Alltag. In deutschen Krankenhäusern werden Patienten mit gentechnisch hergestellten Medikamenten und Impfstoffen behandelt.

Frau Kollegin Connemann, denken Sie bitte an die Zeit.

Gentechnik wird viel bei Lebensmitteln verwendet; ich nenne Aminosäuren, Vitamine etc. pp. Lassen Sie uns ernsthaft, wahr und klar darüber sprechen! Wir als Union sind dazu bereit und freuen uns auf diese klare und wahre Auseinandersetzung mit Ihnen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Danke schön. – Ich darf noch einmal daran erinnern, dass die Redezeit in der Aktuellen Stunde mit unserem gemeinsamen Einverständnis auf fünf Minuten pro Rednerin und Redner begrenzt wurde, und bitte Sie, diese auch einzuhalten. Das darf jetzt Eva Bulling-Schröter für die Fraktion Die Linke vormachen.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4656177
Wahlperiode 18
Sitzung 87
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zum Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen
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