Steffen BilgerCDU/CSU - Pkw-Maut
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach der Nockherberg-Fortsetzung von gerade eben
(Katrin Göring-Eckardt [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nein! Das war Dobrindt!)
ist es an der Zeit, zum Inhalt der heutigen Debatte zurückzukommen, zur Diskussion über die Infrastrukturabgabe und zu den beiden vorliegenden Gesetzentwürfen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Im ersten der beiden vorliegenden Gesetzentwürfe geht es um die Einführung der Infrastrukturabgabe, die gleichermaßen von Haltern von im Inland wie von Haltern von im Ausland zugelassenen Pkws und Wohnmobilen für die Nutzung von Bundesfernstraßen zu entrichten ist. Im zweiten Gesetzentwurf geht es um die Steuerentlastung der Halter von in Deutschland zugelassenen Fahrzeugen, die bereits – das sollte man immer wieder betonen – über die Zahlung der Kraftfahrzeugsteuer ihren Beitrag zur Finanzierung des Bundesfernstraßennetzes leisten.
(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Und zur Rente!)
Die Einführung der Infrastrukturabgabe ist dabei nur eine Maßnahme eines Gesamtpaketes zur besseren Finanzierung unseres Bundesstraßennetzes durch die Nutzer. Die große Linie ist: Wer Straßen ab- und benutzt, der bezahlt.
(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Das stimmt doch gar nicht!)
Im Übrigen spiegelt sich dieses Prinzip im Weißbuch Verkehr der EU-Kommission wider: Das Verursacherprinzip soll gestärkt werden; die Nutzer sollen stärker an der Infrastrukturfinanzierung beteiligt werden.
(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Aber Verursacherprinzip ist keine Pkw-Maut! – Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Aber alle Nutzer!)
Der größte Beitrag zur Infrastrukturfinanzierung kommt dabei von denen, die unsere Straßen am meisten beanspruchen, nämlich von den Lkws. So weiten wir – ich habe den Eindruck, dass das in dieser Debatte über die Pkw-Maut immer wieder untergeht; deswegen will ich das noch einmal betonen – die Lkw-Maut auf 7,5- bis 12-Tonner aus, und auch alle vierspurigen Bundesstraßen werden zusätzlich zu den Autobahnen bemautet. 2018 folgen alle anderen Bundesstraßen. Damit sichern wir, neben den zusätzlichen Mitteln aus dem Bundeshaushalt, die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Hinzu kommt die Infrastrukturabgabe. Die zusätzlichen Einnahmen aus dieser werden zu einer größeren Unabhängigkeit von der Haushaltslage des Bundes und zu mehr Planungssicherheit bei der Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur beitragen.
Ich bin sehr froh, dass das Thema Infrastrukturfinanzierung endlich in den Fokus der Öffentlichkeit geraten ist. Noch bis weit in die letzte Wahlperiode hinein war die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur weitgehend ein Nischenthema für Spezialisten. Leider erst durch drastische Maßnahmen wie Brückensperrungen und Schlagworte wie „die Bröckel-Republik“ geriet die Verkehrsinfrastruktur stärker in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Für uns Verkehrspolitiker war schon lange das Problem der Unterfinanzierung klar. Endlich ist dieses Thema auch im Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit angekommen. Es war höchste Zeit dafür; denn wir brauchen definitiv mehr Geld für unsere Infrastruktur, meine Damen und Herren.
Letztendlich ist die Infrastrukturabgabe und damit die Beteiligung der ausländischen Fahrzeughalter an der Finanzierung unserer Straßen für uns aber auch eine Frage der Gerechtigkeit; denn während es bereits nahezu in ganz Europa Mautsysteme für Pkws gibt, haben wir in Deutschland bisher darauf verzichtet. Auch das ist ein Punkt, der in der Debatte meines Erachtens bisher zu kurz kommt.
Welche Kritikpunkte wurden in unseren Diskussionen über die Pkw-Maut in den vergangenen Monaten besonders häufig angeführt? Ich habe mir mit Interesse das Protokoll der Sitzung des Bundesrates vom 6. Februar 2015 durchgelesen. Man sieht: Auch in den Debatten dort kann es durchaus zur Sache gehen. Keine Frage: Argumente können ausgetauscht werden. Das haben wir heute auch schon gemacht. Aber wir werden bei diesem Thema am Ende wahrscheinlich nicht zu einem Konsens kommen. Dass aber Winfried Hermann im Bundesrat die Infrastrukturabgabe als „Pegida-Maut“ bezeichnet hat – dieses Stichwort wurde hier gerade auch schon genannt –, das ist wirklich völlig daneben und hat mit Sachargumenten nichts mehr zu tun.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Herbert Behrens [DIE LINKE]: Nein! Weil die Einführung auch nicht mit Sachargumenten begründet war, sondern mit Ressentiments!)
Wer aus der Einführung einer Maut den Vorwurf der Ausländerfeindlichkeit konstruiert, dem, meine Damen und Herren, ist wirklich nicht mehr zu helfen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ins Gesetz gucken!)
Doch besser zurück zur sachlichen Auseinandersetzung: Ein Kritikpunkt, der auch heute schon genannt wurde, ist der mangelnde Datenschutz. Von der Opposition, insbesondere von den Grünen, kommt gerne der Vorwurf, die vorliegende Version der Pkw-Maut sei eine Datenkrake und Ähnliches. Dabei haben gerade die Grünen immer wieder den Inbegriff der Datenkrake gefordert, nämlich die streckenabhängige Pkw-Maut. Bei der von uns vorgeschlagenen Infrastrukturabgabe gilt der Grundsatz der Datensparsamkeit. Bei einer entfernungsabhängigen Maut würden wir genau das Gegenteil von Datensparsamkeit bekommen.
(Beifall des Abg. Michael Donth [CDU/CSU])
Es passt gut, dass gerade grüne Landespolitiker zurzeit immer wieder auf ein anderes, unter Datenschutzgesichtspunkten schwieriges Thema zu sprechen kommen. Es geht um die sogenannte Section Control, um Abschnittskontrollen zur Geschwindigkeitsüberwachung. Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein würden das gerne machen. Niedersachsen testet das bereits. Hier werden auf einem Straßenabschnitt schlicht alle Fahrzeuge fotografiert, um überprüfen zu können, ob Autofahrer auf längeren Abschnitten im Durchschnitt zu schnell gefahren sind. Es ist schon eine Frage der Glaubwürdigkeit, wenn Sie bei der Infrastrukturabgabe mangelnden Datenschutz kritisieren, aber dann, wenn es darum geht, die Autofahrer zu kontrollieren, sie vielleicht auch abzuzocken, ist der Datenschutz plötzlich überhaupt kein Problem. Das ist nicht glaubwürdig, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Kirsten Lühmann [SPD]: Bitte? Na ja!)
Ein anderer Kritikpunkt, der gerne genannt wird, ist die mangelnde Lenkungswirkung der Infrastrukturabgabe. Gestern haben wir im Verkehrsausschuss über Elektromobilität diskutiert. Eine Forderung der Grünen – sie wird auch in dem Antrag, über den wir gestern diskutiert haben, erhoben – ist die stärkere steuerliche Belastung von Autos mit höherem CO 2 -Ausstoß. Konsequent, meine Damen und Herren, wäre es, wenn Sie begrüßen würden, wie unser Mautsystem aufgebaut ist.
(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach was! Überhaupt keine Lenkungswirkung! Keine!)
Umweltfreundliche Autos zahlen nämlich deutlich weniger als umweltschädliche. Als Berichterstatter meiner Fraktion für Elektromobilität freue ich mich darüber, dass Elektroautos unbefristet von der Infrastrukturabgabe befreit sind. Damit wird ein wichtiger zusätzlicher Anreiz gesetzt, um umweltfreundliche Elektrofahrzeuge in den Markt zu bekommen und mehr von ihnen auf den deutschen Straßen zu sehen. Es handelt sich vor allem um ein weiteres wichtiges Signal, dass wir die Elektromobilität auf allen Ebenen vorantreiben.
Ein weiteres Thema, das die Opposition in dieser Diskussion immer wieder umtreibt, ist die EU-Rechtskonformität. Ich glaube, die Argumente dazu wurden in den vergangenen Wochen hinreichend ausgetauscht. Die Mitglieder des Verkehrsausschusses werden nächste Woche in Brüssel die Gelegenheit haben, mit Europapolitikern über diese Fragen zu diskutieren. Den ersten Austausch mit der neuen EU-Verkehrskommissarin bei uns im Verkehrsausschuss haben wir alle als sehr konstruktiv empfunden.
Meine Damen und Herren, die Union begrüßt und unterstützt die vorliegenden Gesetzentwürfe der Bundesregierung. Liebe Kollegen von der SPD, wir freuen uns auf die Beratungen in den nächsten Wochen. Wir werden die Einführung einer Infrastrukturabgabe mit Ihnen sicherlich mindestens genauso intensiv wie die Gesetzentwürfe zum Mindestlohn beraten und dieses Vorhaben dann zu einem guten Ergebnis führen.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Sabine Leidig ist die nächste Rednerin für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4659042 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 88 |
Tagesordnungspunkt | Pkw-Maut |