26.02.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 88 / Tagesordnungspunkt 3

Philipp MurmannCDU/CSU - Pkw-Maut

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf den Tribünen! Natürlich ist die Infrastruktur eines unserer wichtigsten Themen. Man muss immer wieder feststellen: Für den Mittelstand ist die Infrastruktur so etwas wie der Blutkreislauf, der das Funktionieren unserer vielen kleinen Unternehmen gewährleistet, die eben nicht alle auf engem Raum konzentriert, sondern in vielen unterschiedlichen Regionen unserer Republik angesiedelt sind. Um das Ganze am Laufen zu halten, ist es eine unserer wichtigsten politischen Aufgaben, für die Infrastruktur mehr zu tun.

Ich denke, die Initiative unseres Bundesministers ist genau der richtige Weg, um eine neue Möglichkeit der Finanzierung auf die Beine zu stellen. Sie beinhaltet natürlich auch einen finanzpolitischen Teil, nämlich das mit einem schönen Namen versehene sogenannte Zweite Verkehrsteueränderungsgesetz, das auf der einen Seite die Grundlage für die Infrastrukturabgabe bildet, auf der anderen Seite aber natürlich auch eine Entlastung der Kfz-Halter beinhaltet, die ihr Fahrzeug in Deutschland angemeldet haben.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau das wird nachher in Europa versenkt!)

Das sind zum Teil auch Kfz von ausländischen Bürgern. Insofern ist es absolut falsch, von Ausländerhetze zu reden.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was sind denn Gebietsfremde? Erklären Sie mir mal, was gebietsfremde Kfz sind!)

Diesen Vorwurf müssen wir natürlich deutlich zurückweisen.

Darüber hinaus gibt es noch einen anderen wesentlichen Punkt, nämlich die Zweckgebundenheit. Da Sie immer auf die CSU schimpfen, möchte ich den Grünen auch einmal sagen: Wenn Sie sich Ihre eigene Fraktion einmal anschauen, dann werden Sie feststellen, dass diese nur ein kleines bisschen größer als die Landesgruppe der CSU ist,

(Daniela Ludwig [CDU/CSU]: Ja! Genau!)

die hier sitzt. Die CSU hat es immerhin über viele Jahre geschafft hat, ein Bundesland zu regieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das sollte Ihnen ein bisschen Respekt abnötigen. Sie sollten hier nicht nur rumtrompeten.

(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir denken hier aber über Landesgrenzen hinweg! Das ist der Unterschied!)

Jetzt kommen wir wieder zum Thema zurück. Es geht darum, eine zweckgebundene zusätzliche Finanzierung von Infrastruktur hinzubekommen. Das Zweite Verkehrsteueränderungsgesetz soll verhindern, dass eine Doppelbelastung entsteht. Es soll natürlich auch einige technische Änderungen geben. Deswegen, Kollege Hartmann und Kollegin Wilms: Eine Reduzierung der Kfz-Steuer kommt nur dann zustande, wenn auch die Infrastrukturabgabe erfolgt. Es gibt also eine direkte Verbindung. Insofern kann man da gar nicht die Sorge haben, dass, wenn das eine nicht käme, das andere dennoch käme. Das ist in dem Gesetz so vorgesehen. Wenn Sie sich das durchlesen, dann werden Sie feststellen, dass wir gemeinsam dafür gesorgt haben, dass das dann auch so umgesetzt wird.

Es sind eben auch noch einige technische Änderungen in diesem Gesetz vorgesehen, die daraus resultieren, dass ja inzwischen der Zoll für das Eintreiben und die Verwaltung der Kfz-Steuer zuständig ist und nicht mehr die Steuerverwaltungen der Länder. Diese technischen Änderungen wollen wir natürlich auch umsetzen. Insofern ist uns schon daran gelegen, dieses Verkehrsteueränderungsgesetz auf den Weg zu bringen. – Das war ein langer Satz.

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Aber notwendig! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erklären Sie den noch mal!)

Ich denke, es ist notwendig, dass wir auf diesen Punkt noch einmal hinweisen.

Jetzt kommen wir zu den Aspekten, die hier immer genannt werden und die zum Inhalt haben, dass das europarechtlich ziemlich kritisch sei usw., dass da die Ausländer diskriminiert würden. Wenn Sie sich das genau anschauen, dann stellen Sie fest, dass natürlich im Wesentlichen die Deutschen zur Finanzierung der Infrastrukturkosten herangezogen werden. Die Ausländer werden nur einen ganz kleinen Teil der Kosten tragen. Bei den Lkws ist das heute schon so, und bei den Pkws wird das in Zukunft auch so sein.

In meinem Heimatland Schleswig-Holstein betrifft das die A7. Sie ist sozusagen die Kernader des Verkehrs von Norden nach Süden. Sie muss jetzt von vier auf sechs und zum Teil auch auf acht Spuren erweitert werden. Das ist nicht nur deshalb notwendig, weil wir Schleswig-Holsteiner so viel fahren, sondern im Wesentlichen auch, weil wir natürlich ein hohes Verkehrsaufkommen an Pkws haben, die von den nordischen Ländern nach Süden fahren. Insofern ist es doch absolut in Ordnung und fair, diese nun, wenn auch nur zu einem kleinen Teil, an den Kosten der Infrastruktur zu beteiligen.

Das Ganze kostet 1,80 Euro pro 100 Kubikzentimeter, wenn Sie einen Benziner haben, der nach Euro 6 zugelassen ist. Das heißt, wir haben das auch an den CO 2 - Ausstoß gekoppelt. Wenn man sich überlegt, dass für einen Hubraum von 100 Kubikzentimeter – das entspricht etwa dem Volumen einer Streichholzschachtel – 1,80 Euro pro Jahr zu entrichten sind, dann würde ich einmal sagen, dass man darüber nicht stöhnen kann. Auch für Ausländer ist das sicherlich verkraftbar. Da kommen dann bei einem Polo pro Jahr 21,60 Euro heraus. Das ist genau der Betrag, der dann bei der Kfz-Steuer wieder abgezogen wird. Insofern ist das für die Kfz, die in Deutschland zugelassen sind, eine Eins-zu-eins-Regelung, die aus meiner Sicht absolut fair und in Ordnung ist.

Die Kritik an den Kosten ist natürlich ein Teil der Diskussion. Natürlich kostet es am Anfang der Umstellung. Im Finanzbereich sind das etwa 77 Millionen Euro über die ersten drei Jahre,

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber nur 250 Planstellen!)

die sich im Wesentlichen daraus ableiten – lassen Sie mich einmal zu Ende reden! –, dass wir natürlich eine IT einführen müssen, dass wir entsprechend der Anzahl der Kfz circa 43,5 Millionen Bescheide verschicken müssen. Das kostet am Anfang Geld, ist aber im Wesentlichen eine Einmalausgabe. Über die Strecke gesehen sind es dann relativ kleine Beträge, die da noch anfallen. Insofern glaube ich, dass die Kritik an den Kosten nicht wirklich standhält

(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Insgesamt 455 Millionen! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kleine Beträge? Welches Maß haben Sie denn?)

und dass auf jeden Fall das positive Element, in eine nutzerfinanzierte Infrastrukturfinanzierung einzusteigen, bei Weitem überwiegt.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie rechnen nur in Milliarden, oder wie?)

Wenn ich das noch zum Schluss sagen darf:

(Volker Kauder [CDU/CSU]: Aber selbstverständlich!)

Wir bekommen natürlich auch die Chance, über die Infrastrukturabgabe zusätzliche Projekte zu generieren. Ich habe schon die A 7 erwähnt. Das ist ein ÖPP-Projekt.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau darum geht es!)

– Klar, es hat auch ÖPP-Projekte gegeben, die nicht so erfolgreich waren,

(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Fast alle! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gescheitert! Sehr gut, dass Sie das einmal sagen!)

aber es hat eben auch einige gegeben, die waren sehr erfolgreich. Ich glaube, an denen sollten wir uns orientieren. Es ist eben auch eine Chance für institutionelle Anleger –

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)

wir haben ja, wie wir alle wissen, eine Niedrigzinsphase –, zusätzliche Projekte zu finanzieren und damit Einnahmen zu generieren.

Der Kritikpunkt, der da lautet „Warum sollte der Staat denn jetzt bei niedrigen Zinsen ÖPP-Projekte auf den Weg bringen?“, greift natürlich zu kurz, weil uns die Betreiber damit auch komplett das Risiko abnehmen.

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Quatsch! Da hat der Bundesrechnungshof etwas anderes gesagt! – Zuruf der Abg. Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wenn Sie sich das A-7-Projekt angucken, dann wissen Sie: Da gibt es einen Betreiber, da gibt es einen Finanzierer, und da gibt es einen Planer. Die tragen am Ende das Risiko, denn die werden nur dann bezahlt, wenn sie eine qualitativ hochwertige Straße bei uns abliefern. Das ist ein wesentlicher Vorteil solcher Systeme.

(Herbert Behrens [DIE LINKE]: Das ist bei jedem Bau so!)

Diese Finanzierungsform können Sie für solche Projekte nur generieren, wenn Sie eben auch den entsprechenden Cashflow haben.

Auch insofern bin ich der Meinung, dass die Nutzerfinanzierung für die Infrastruktur eine echte Chance bietet. Ich bitte Sie, dieses Vorhaben mit zu unterstützen, auch wenn es der kleinen grünen Partei an der einen oder anderen Stelle vielleicht schwerfällt. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir in solch ein neues Finanzierungsmodell eintreten. Sorgen Sie mit dafür, dass die Verkehrsinfrastruktur insbesondere für unseren Mittelstand

(Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der ist aber gerade dagegen!)

weiterhin in einem sehr guten Zustand bleibt!

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Andreas Schwarz das Wort.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4661075
Wahlperiode 18
Sitzung 88
Tagesordnungspunkt Pkw-Maut
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta