26.02.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 88 / Tagesordnungspunkt 4

Andreas JungCDU/CSU - UN-Nachhaltigkeitsziele

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal darf ich mich der Kollegin Dr. Kofler anschließen, die bemerkt hat, dass es doch sehr gut ist, dass diese Debatte über nachhaltige Entwicklung heute in der Kernzeit stattfindet, weil es für unsere Nachhaltigkeitsdebatten nicht selbstverständlich ist; das will ich bestätigen. Gut, dass wir diese Fragen heute quasi in der Herzkammer der politischen Debatte behandeln! Oft ist es so, dass wir Nachhaltigkeitsdebatten bei Mondschein führen; das mag auch etwas für sich haben. Ich erinnere mich aber an die letzte Debatte, als kurz vor meinem Redebeitrag die letzten Besucher von der Besuchertribüne verschwunden sind.

(Heiterkeit)

Das mag auch mit mir zu tun gehabt haben. Es waren aber schon zuvor nicht viele da.

Es ist wichtig, dass wir diese Debatte hier und heute führen, weil in der Tat, wie schon gesagt wurde, das Jahr 2015 ein entscheidendes Jahr für Nachhaltigkeit und Klima ist, vielleicht das Entscheidungsjahr. Deshalb will ich auf das zurückkommen, um das es eigentlich geht.

Wir erinnern uns alle an die Konferenz in Rio im Jahr 1992. Damals war es zum ersten Mal so, jedenfalls zum ersten Mal in dieser Breite, dass man Umwelt und Entwicklung global zusammengedacht hat. Man hatte nach der Überwindung des Ost-West-Konflikts, nachdem diese Konfrontation beendet war, die Hoffnung, dass man sich gemeinsam der globalen Fragen von Umwelt und Entwicklung annehmen kann und dass man global in gemeinsamer Verantwortung Fortschritte erzielt. Es war so etwas wie Euphorie da. Es war Aufbruchstimmung da, und die Menschen haben daran Anteil genommen.

Wenn man sich fast 25 Jahre später fragt: „Was ist erreicht worden?“, dann muss man sagen: Natürlich gibt es Fortschritte, natürlich gibt es Initiativen, natürlich gibt es Entwicklungen in vielen Bereichen. Es ist nicht an Deutschland gescheitert. Deutschland hat hier immer eine drängende, eine Vorreiterrolle gespielt. Aber im globalen Maßstab, gemessen an der Herausforderung, ist beschämend wenig für Entwicklung und Klima erreicht worden. Ich glaube, das gehört zur Ehrlichkeit dazu. Gerade deshalb aber sind diese Initiativen so notwendig, in einer Zeit, wo ein Rückfall droht, der Rückfall in eine Ost-West-Konfrontation. Es ist richtig und notwendig, dass die Bundesregierung Menschenmögliches tut, um für Frieden einzutreten und diese Konfrontation zu verhindern. Genauso wichtig und notwendig ist es, dass sie international für Entwicklung und Klimaschutz eintritt. Besonders wichtig ist, dass in diesem Jahr die Konferenz für Nachhaltigkeit in New York und die Konferenz für Klimaschutz in Paris stattfinden werden. Ob die Konferenzen in New York und Paris gelingen, hängt auch von Berlin ab. Deshalb ist es richtig, wichtig und notwendig, dass Kanzlerin und Bundesregierung gesagt haben: Diese Themen machen wir zu einem Kernbereich der G-7-Präsidentschaft, um unserer globalen Verantwortung gerecht zu werden.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kollegin Roth, Sie haben natürlich recht, wenn Sie anmahnen, dass es keine technische Diskussion bleiben darf. Wir müssen die Köpfe und Herzen erreichen. Deshalb finde ich es richtig, dass Minister Dr. Müller nicht nur von einem Post-2015-Prozess gesprochen hat, sondern von einem Weltzukunftsvertrag, von einer neuen globalen Partnerschaft, von fairem Handel, von gemeinsamer Verantwortung. Er hat zusammen mit der Bundesregierung bei einem Kongress mit breiter Beteiligung der Zivilgesellschaft die Zukunftscharta auf den Weg gebracht. Es ist vorgesehen, dies in alle Bundesländer weiterzutragen und mit Veranstaltungen und Aktionen die Menschen zu erreichen und sie zu begeistern, und es ist richtig, dass dies auf konkrete Initiativen heruntergebrochen wird. Er hat gesagt, dass den Menschen in Entwicklungsländern durch eine Ausbildungspartnerschaft Perspektiven geboten werden können. So soll zum Ausdruck gebracht werden, worum es im Kern geht: um ein Leben in Würde. Das ist Armutsbekämpfung. Es geht aber auch weit darüber hinaus, und zwar in die Bereiche Bildung und Perspektiven. Es geht um eine gemeinsame Verantwortung. Die Initiative für faire Textilien soll uns alle ermahnen, uns als Verbraucher, aber auch unsere Wirtschaft. Mit dem, was wir tun, übernehmen wir direkte Verantwortung für die sozialen Umstände bzw. Missstände in den Entwicklungsländern. Wir müssen gemeinsam mehr Verantwortung übernehmen. Für diesen Kurs haben Sie, Herr Minister, unsere Unterstützung.

Weiter geht es darum – auch das ist angemahnt worden –, dass wir konkret werden und unserer Vorreiterrolle, die wir nicht nur in Deutschland, sondern auch in Europa in Anspruch nehmen, gerecht werden. Deshalb kann es nicht sein – ich spreche als Vorsitzender des Nachhaltigkeitsbeirats im Namen aller Fraktionen –, dass die Nachhaltigkeitsstrategie in der Europäischen Union aufgegeben, dass sie nicht fortgeschrieben werden soll, dass sie als Fußnote in der Strategie „Europa 2020“ aufgehen soll. In dieser Woche haben wir mit dem Vizepräsidenten Timmermans Gespräche geführt. Wir erhoffen von der neuen Kommission, dass sie Nachhaltigkeit institutionell und materiell verankert. Wenn wir dies in Europa nicht voranbringen, wird es kein anderer machen. Daran müssen wir uns messen lassen.

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Neben diesen institutionellen Fragen haben wir natürlich eine finanzielle Verantwortung; auch das ist gesagt worden. Wir haben als Bundesrepublik Deutschland Zusagen im Bereich der Entwicklungsfinanzierung gemacht. Die müssen – da gibt es kein Vertun – eingehalten werden. Deshalb ist klar, dass es besondere Mittel zur Erreichung dieser Nachhaltigkeitsziele geben muss. Es geht nicht nur um Geld, aber es geht auch um Geld. Das muss klar sein. Auch in diesem Bereich müssen wir in diesem Jahr Fortschritte erzielen.

Wir befinden uns in diesem Jahr auch im Bereich Klimaschutz in einer besonderen Phase; das ist bereits mehrfach angesprochen worden. Es geht darum, in Paris endlich einen Durchbruch zu erreichen. Auch hier hängt viel an Deutschland und Europa, und wir müssen unsere Hausaufgaben machen. Das bedeutet, dass wir unsere eigenen Klimaziele erreichen müssen. Wir diskutieren zurzeit das Paket, das die Bundesumweltministerin vorgelegt hat. Unsere Lücke muss geschlossen werden, damit wir glaubwürdig auftreten können. Dann müssen wir gemeinsam mit der Europäischen Union mehr Ehrgeiz entwickeln. Darüber haben wir in dieser Woche im Wirtschafts- und Energieausschuss mit dem zuständigen Kommissar gesprochen. Hier muss noch mehr erreicht werden als bisher. Dann wird es gemeinsam gelingen, mit unseren Partnerstaaten und in unserer Vorreiterrolle in Paris einen Abschluss zu erreichen. Es gibt in diesem Jahr also große Herausforderungen. Wir müssen sie gemeinsam angehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Als nächstem Redner erteile ich das Wort dem Abgeordneten Matthias Ilgen, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4661659
Wahlperiode 18
Sitzung 88
Tagesordnungspunkt UN-Nachhaltigkeitsziele
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