Sabine Sütterlin-WaackCDU/CSU - Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute in erster Lesung einen Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen „zur abschließenden Beendigung der verfassungswidrigen Diskriminierung eingetragener Lebenspartnerschaften“.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
54 Gesetze und Verordnungen – wir haben es eben gehört – sollen damit geändert werden. Viele Änderungen sind lediglich redaktionelle Anpassungen im Zivil- und Verfahrensrecht, in denen Ehe und Lebenspartnerschaft unterschiedlich behandelt werden. Dem kann man sicherlich zustimmen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Wer kann schon etwas dagegen haben, wenn es in § 7 Absatz 2 der Verordnung über die Laufbahn, Ausbildung und Prüfung für den gehobenen technischen Dienst bei der Eisenbahn-Unfallkasse unter der Überschrift „Einstellung in den Vorbereitungsdienst“ künftig heißen soll:
– und jetzt, meine Damen und Herren, aufgepasst: neu! –
So weit, so gut – zumal CDU/CSU und SPD im Koalitionsvertrag vereinbart haben,
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann? – Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es waren aber anderthalb Jahre Zeit!)
Bevor Sie, werte Kollegen der Opposition, mir diese Sätze um die Ohren hauen, erlauben Sie mir bitte zwei Anmerkungen zu den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag:
Derzeit wird im BMJV ein Referentenentwurf erarbeitet, ein Artikelgesetz, in seiner Art vergleichbar mit dem Gesetz zur Anpassung steuerlicher Regelungen an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, das wir im letzten Jahr verabschiedet haben.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben auch ein Artikelgesetz!)
Wir arbeiten also an dem Thema. Der Referentenentwurf ähnelt Ihrem Gesetzentwurf – den Titel einmal beiseitelassend – in vielen Punkten,
(Zuruf von der LINKEN: Na dann!)
aber in wesentlichen Punkten weicht er von ihm ab:
Erstens. Über eine Änderung von § 9 Lebenspartnerschaftsgesetz haben wir – viele von Ihnen werden sich erinnern – schon im Rahmen der Regelung zur Sukzessivadoption im Frühjahr 2014 diskutiert. Schon damals wollten Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, regeln, dass für die Annahme eines Kindes durch Lebenspartner die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Annahme eines Kindes durch Ehegatten entsprechend anzuwenden sind. Schon damals, vor nicht einmal einem Jahr, hat die CDU/CSU-Fraktion Ihren Antrag abgelehnt. Das tun wir auch heute, und zwar mit dem Hinweis darauf, dass es für niemanden ein Recht auf ein Kind gibt
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Darum geht es in der Regelung nicht! Das ist wirklich Volksverhetzung, was Sie da erzählen!)
und dass wir uns im Rahmen unserer staatlichen Wächterfunktion allein am Kindeswohl zu orientieren haben.
(Reinhard Grindel [CDU/CSU], an den Abg. Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] gewandt: Hey, das ist ja wohl kein parlamentarischer Begriff! – Weiterer Zuruf des Abg. Reinhard Grindel [CDU/CSU]: Also, Herr Präsident! – Dr. Volker Ullrich [CDU/ CSU]: Das ist eine Straftat! – Dr. Stephan Harbarth [CDU/CSU]: Eine schlimme Entgleisung von Herrn Beck!)
All das haben wir vor wenigen Monaten diskutiert und deshalb die Simultanadoption abgelehnt.
Fraglich ist, ob es wirklich eine verfassungsrechtliche Diskriminierung von eingetragenen Lebenspartnerschaften gibt. Die Grünen sehen das so und begründen ihre Ansicht mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Sukzessivadoption. In der CDU/CSU-Fraktion wird mehrheitlich die Meinung vertreten, dass dieser Rechtsstandpunkt der Verfasser des heutigen Gesetzentwurfes unzutreffend sei. Wir stützen uns dabei auf Gutachten, die im Rahmen der Anhörung im Rechtsausschuss erstellt worden sind, und auf die Kammerentscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Januar 2014, in der es wörtlich heißt:
Entgegen der Ansicht der Grünen hat der Gesetzgeber also hier Entscheidungsfreiheit.
Bei dem Verbot der Simultanadoption geht es nicht – hier drehen wir uns ja im Kreis – um die Diskriminierung von Menschen, die in eingetragenen Lebenspartnerschaften leben, sondern – ich weiß, liebe Kolleginnen und Kollegen aus der Opposition, Sie können es nicht mehr hören – es geht um das Kindeswohl.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Auch eine weitere wesentliche Änderung im Gesetzentwurf – damit komme ich zum zweiten Punkt – trifft nicht auf unsere Zustimmung. Es soll nämlich Artikel 17 b Absatz 4 des Einführungsgesetzes zum BGB gestrichen werden. Dort heißt es:
Diese sogenannte Kappungsregelung begrenzt die Wirkungen einer im Ausland eingetragenen Lebenspartnerschaft generell auf den Standard des deutschen Rechts.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und auch ausländische Ehen!)
Als Begründung führt der Gesetzentwurf an, dass es für die Regelung keinen Bedarf mehr gebe. Lebenspartner und Ehegatten würden nach den Plänen der Grünen durch den jetzt diskutierten Gesetzentwurf ja völlig gleichgestellt.
In der Begründung zum Entwurf heißt es weiter, dass ausländisches Recht zukünftig nicht schrankenlos anzuwenden sei, da auch künftig der allgemeine Ordre-public-Vorbehalt in Artikel 6 BGBEG sozusagen als Rettungsanker greifen würde. Danach ist ausländisches Recht nicht anwendbar, wenn seine Anwendung im Einzelfall mit wesentlichen Grundzügen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar wäre. Ob der Ordre- public-Vorbehalt hier allerdings wirklich greifen und die Durchsetzung deutschen Rechts im Zweifelsfall garantieren würde, wie es in der Begründung der Grünen steht, ist in der juristischen Literatur umstritten. Darüber kann man sicher diskutieren.
Möglicherweise könnte die Streichung von Artikel 17 b Absatz 4 BGBEG auch als Signalwirkung für die Rechtsprechung angesehen werden, ausländische Ehen nicht mehr als eingetragene Lebenspartnerschaften zu qualifizieren, sondern als Ehen anzuerkennen. Dies trifft nicht auf die Zustimmung unserer Fraktion, da wir uns der Definition des Bundesverfassungsgerichtes anschließen, wonach die Ehe die Verbindung zwischen Mann und Frau ist.
Die namentliche Abstimmung zum Änderungsantrag der Grünen zur Sukzessivadoption zeigt, dass die ganz große Mehrheit der Koalitionsfraktionen der Volladoption durch Lebenspartner kritisch gegenübersteht. Deshalb lehnen wir den Entwurf in der jetzigen Fassung folgerichtig ab.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in dieser Debatte ist eben ein Zwischenruf gefallen, den ich als unparlamentarisch zurückweise und rüge. Ich finde es auch im Hinblick auf das kollegiale Verhältnis nicht in Ordnung, dass einer Rednerin in einer derartigen Tonlage begegnet wird.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Als nächster Rednerin gebe ich der Kollegin Ulla Jelpke, Fraktion Die Linke, das Wort.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4661757 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 88 |
Tagesordnungspunkt | Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft |