Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt heute einen guten Anlass, aber es ist gleichzeitig auch etwas traurig, dass wir 14 Jahre nach Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes immer noch über Lücken und bestehende Ungleichheiten zwischen Lebenspartnerschaften und Heteroehen diskutieren müssen.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Der Grund dafür – das ist heute wieder sehr klar geworden – hat im Wesentlichen drei Buchstaben: CDU.
(Beifall bei der LINKEN – Johannes Kahrs [SPD]: Nicht die CSU diskriminieren!)
– Okay: CDU und CSU tragen aus meiner Sicht die Verantwortung. Denn sie sitzen es mit Rücksicht auf ihre vermeintlich konservative Wählerschaft einfach aus, die Benachteiligung von Lebenspartnerschaften gegenüber der Ehe endlich abzuschaffen, und überlassen das geflissentlich dem Bundesverfassungsgericht. Aber, meine Damen und Herren, es ist doch unsere Aufgabe, für die Gleichstellung von Lebenspartnerschaften und Ehen zu sorgen. Das darf die CDU nicht länger behindern.
(Beifall bei der LINKEN)
Wir unterstützen den vorliegenden Gesetzentwurf. Das ist schon gesagt worden. Lebenspartnerschaften in allen gesetzlichen Regelungen der Ehe gleichzusetzen, muss doch selbstverständlich sein.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Auch der Koalitionsvertrag benennt dieses Ziel.
Mit Verlaub, liebe Grüne: So richtig der Gesetzentwurf ist, so banal ist er auch. So hätte er auch von der Koalition kommen können.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Alles muss man selber machen!)
Ich finde, Sie können sich jetzt die Fleißarbeit in den Amtsstuben sparen und dem Gesetzentwurf einfach zustimmen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aus unserer Sicht wäre es viel einfacher und konsequenter gewesen, unserem Vorschlag zu folgen, den wir – auch in dieser Legislaturperiode – mehrfach eingebracht haben, nämlich die Ehe für Lesben und Schwule zu öffnen. Es mag vor 14 Jahren nicht anders durchsetzbar gewesen sein, als ein Sondergesetz für Lesben und Schwule zu schaffen; heute ist das nicht mehr zeitgemäß. Wir müssen die Ehe für Lesben und Schwule öffnen. Das wäre das Einfachste.
(Beifall bei der LINKEN)
Meine Damen und Herren, ich kann überhaupt nicht verstehen, warum CDU und CSU sich mit Händen und Füßen dagegen wehren. Vorhin wurde das Stichwort „Kindeswohl“ genannt. Ich bitte Sie: Entscheidend ist nicht, ob die Eltern hetero- oder homosexuell sind. Entscheidend ist vielmehr, wie liebevoll und verantwortungsbewusst sie mit ihren Kindern umgehen. Darauf kommt es an.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es könnte so einfach sein. Denn gleiche Rechte für Lesben und Schwule schaden niemandem. Fällt Ihnen ein Zacken aus der Krone, wenn die Lesben und Schwulen in Ihrer Nachbarschaft, in Ihrer Partei und vielleicht auch in Ihrer Fraktion genauso eine Ehe eingehen wie Sie selbst? Welche Heteroehe oder welches Kind ist in Gefahr, wenn Lesben und Schwule, seien es Kollegen an Ihrem Arbeitsplatz oder jemand aus der Nachbarschaft, ebenfalls heiraten dürfen? Das könnte Ihnen doch völlig egal sein. Ich finde, wir haben im Bundestag überhaupt nicht zu bewerten, welcher Lebensentwurf der höherwertige ist.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es wird gerne – auch das ist bereits angeklungen – das Grundgesetz mit dem besonderen Schutz von Ehe und Familie bemüht. Es steht aber nirgendwo geschrieben, dass das eine heterosexuelle Ehe oder eine heterosexuelle Familie sein muss. In Artikel 3 Grundgesetz heißt es: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“ Ich finde, es ist an der Zeit, das endlich umzusetzen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, hätten Sie gedacht – diesen Aspekt möchte ich noch erwähnen –, dass etwa im Sprengstoffgesetz oder in der Approbationsordnung für Zahnärzte auf Eheleute Bezug genommen wird? Das ist im Grünen-Gesetzentwurf en détail nachzulesen. Ich hätte damit allenfalls in der Verfahrensordnung für Höfesachen gerechnet.
Abschließend möchte ich erwähnen, dass es immer mehr Menschen, egal welcher sexueller Orientierung, gibt, die sich dafür entscheiden, nicht zu heiraten. Sie leben ohne Trauschein zusammen, als alleinerziehende Väter oder Mütter, als selbstbewusste Singles oder in WGs. Sie leben, wie sie wollen, und eben nicht so, wie sie nach Auffassung der CDU/CSU möglicherweise leben sollen.
Deswegen sage ich: Die Gleichstellung von Lebenspartnerschaft und Ehe oder – besser noch – die Öffnung der Ehe für alle kann nur ein erster Schritt sein. Die Gleichstellung aller Lebensweisen muss unser Ziel bleiben.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vielen Dank, Kollegin Lay. – Wir haben uns im Präsidium gerade die Frage gestellt, was es eigentlich mit dem Sprengstoffgesetz auf sich hat. Vielleicht kann uns das einer der folgenden Redner erklären. Wir hier oben wissen es auf jeden Fall nicht.
(Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Entnehmen Sie es der Drucksache!)
Vielleicht macht es Frau Dr. Katarina Barley. Sie ist die nächste Rednerin in dieser Debatte für die SPD.
(Beifall bei der SPD)
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Electoral Period | 18 |
Session | 88 |
Agenda Item | Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft |