Thorsten FreiCDU/CSU - Bundeswehreinsatz in Mali (EUTM Mali)
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Frau Präsidentin, ich versuche, Sie nicht zu enttäuschen.
Wenn wir den Blick auf Mali richten – wir haben das schon in einigen Beiträgen gehört –, dann sehen wir sehr viel Schatten, aber doch auch ein wenig Licht. Viel Licht ist beispielsweise die Vereinbarung der vergangenen Woche, in der immerhin sechs Kriegsparteien einen Waffenstillstand vereinbart haben. Ich weiß, dass schon zwei solcher Waffenstillstände gebrochen worden sind; aber vielleicht ist das jetzt ein erster Schritt auf dem Weg zu einem umfassenden Friedensvertrag für die Region.
Licht ist auch, dass viele internationale Partner im Land sind: die Vereinten Nationen, die Europäische Union, aber beispielsweise auch regionale Akteure wie ECOWAS. Und ich glaube, wichtig ist auch, dass im Jahr 2013 Parlamentswahlen stattgefunden haben, die immerhin den Weg zurück zu einer verfassungsmäßigen Ordnung gezeichnet haben.
Trotzdem, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist Mali ein gescheiteter Staat. Das zeigen gerade auch die jüngsten Ereignisse wie die Schüsse auf UN-Blauhelme im Januar, der Rücktritt der Regierung oder auch die Scharmützel in Tabankort.
Ich bin davon überzeugt, solange die Verhältnisse so sind, wie sie sind, solange islamistische Terroristen in der Region eine Basis haben – egal ob sie al-Qaida oder Ansar Dine heißen oder wie auch immer –, solange territoriale politische Konflikte nicht gelöst, Versöhnungsprozesse nicht initiiert sind, aber auch die Nahrungsmittelversorgung nicht gewährleistet ist, so lange wird die Lage prekär bleiben.
Die Mischung aus diesen unterschiedlichen Problemen, die Gemengelage aus schwacher Staatlichkeit auf der einen Seite und inneren ethnischen, sozialen und politischen Konflikten auf der anderen Seite, verbunden mit islamistischem Terrorismus, der das ausnutzt, führt zu einer Situation, die nicht nur ein Land, sondern auch eine ganze Region destabilisieren kann. Ich glaube, das ist der Grund, warum wir hier weitergehen müssen auf dem Weg, den wir in den vergangenen Jahren beschritten haben.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Auch wenn Mali nicht im Fokus des öffentlichen Interesses ist: Mali und die Region bleiben der südwestliche Ausläufer des Krisenbogens rund um Europa. Deshalb ist es, glaube ich, in unserem ureigenen Interesse, die dortige Situation, die geprägt ist durch Terrorismus, Kriminalität und Verarmung, zum Besseren zu wenden. Auch wenn die Flüchtlingsströme aus der Region nicht ganz so zahlreich sind wie beispielsweise aus Irak und Syrien, auch wenn uns der islamistische Terrorismus dort nicht ganz so gefährlich zu sein scheint wie der des sogenannten „Islamischen Staates“: Durch diese Region führt eine wesentliche Route, auf der Drogen aus Südamerika nach Europa gebracht werden, und sie ist Kreuzungspunkt und Schnittstelle des internationalen Waffenhandels und -schmuggels. Diese Erkenntnis muss dazu führen, dass wir uns in diesem Bereich engagieren.
Lassen Sie mich zwei weitere Gründe benennen:
Es geht auch um Glaubwürdigkeit. Deutschland war bis 2012 nichtständiges Mitglied des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen. Wir haben dort die Resolutionen 2071 und 2085 unterstützt und die internationalen Partner zu Hilfe und Unterstützung aufgerufen. Wie könnten wir jetzt aufhören an einer Stelle, an der die Rahmenbedingungen sich noch nicht grundlegend verändert haben?
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Schließlich geht es auch darum, dass wir Strategien formuliert haben. Zum Beispiel haben wir einen Aktionsplan zur zivilen Krisenprävention verabschiedet, die Bundesregierung eine Afrika-Strategie und zusammen mit den europäischen Partnern eine Strategie für Sicherheit und Entwicklung im Sahelraum. All das würden wir letztlich konterkarieren. Ich glaube, uns muss klar sein: Hier bedarf es eines langen Atems. Mali ist kein Sprint. Mali ist eher ein Marathonlauf. Dazu brauchen wir den umfassenden Ansatz, den wir hier gewählt haben.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Umfassender Ansatz meint erstens EUTM Mali als Ausbildungsmission für die malischen Streit- und Sicherheitskräfte, zweitens die EU Capacity Building Mission, die unter deutscher Führung mit zehn Polizisten und zivilen Instruktoren stattfindet und die wichtig ist, um Staatlichkeit aufzubauen, und drittens – auch darauf ist meine Vorrednerin eingegangen – einen umfassenden entwicklungspolitischen Ansatz. Wir reden heute über den ersten Punkt. Aber alle drei Punkte sind notwendig, um den Menschen Perspektiven zu geben, um etwas gegen die schleichende Entstaatlichung in diesem Bereich zu tun und vor allen Dingen auch Rahmenbedingungen für einen Aussöhnungsprozess zu liefern. Das, was wir im Bereich der Entwicklungspolitik machen, hat etwa das sechsfache finanzielle Volumen von dem, was EUTM Mali kostet. Ich glaube, das muss man deutlich machen, damit wir dieses Engagement nicht auf einen militärischen Einsatz reduzieren und auch nicht dieser Eindruck entsteht.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Ganz zum Schluss möchte ich noch einen Aspekt erwähnen und den Blick zurückwerfen in die Jahre 2012 und 2013. Damals, im Herbst 2012, hat der malische Präsident die internationale Gemeinschaft um Hilfe und Unterstützung gebeten. Europa war nicht in der Lage, eine Antwort zu geben. Es ist Frankreich zu verdanken, dass der Kollaps des Landes und eine humanitäre Katastrophe verhindert werden konnten. Ich habe große Hoffnung, was den Europäischen Rat im Juni des nächsten Jahres anbelangt, dass es tatsächlich gelingt, das Instrumentarium, das wir zur Verfügung haben, nämlich die EU Battlegroups, auch entsprechend zum Einsatz zu bringen. Es ist schlimm, dass wir es in all den Jahren nie geschafft haben, dass das eine Zukunft hat. Eine Gemeinsame Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik setzt auch voraus, dass wir durch Akzeptanz und Funktionsfähigkeit den Einsatz ermöglichen.
Ich bitte Sie um Zustimmung zum Antrag der Bundesregierung.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4662024 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 88 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Mali (EUTM Mali) |