26.02.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 88 / Tagesordnungspunkt 8

Tim OstermannCDU/CSU - Mitwirkungsrecht für Kommunen bei Gesetzgebung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein Blick in die Plenarprotokolle zeigt, dass dieser Antrag zum Evergreen-Repertoire der Linksfraktion gehört.

(Katrin Kunert [DIE LINKE]: Ja, und?)

In jeder Wahlperiode wird dieser Antrag aufs Neue ausgemottet und auf die Tagesordnung gesetzt. Quantität spricht allerdings nicht immer für Qualität, auch in diesem Fall nicht.

(Susanna Karawanskij [DIE LINKE]: Doch, weil er einfach gut ist!)

Zunächst einmal möchte ich Ihnen in Erinnerung rufen, dass die Kommunen keine dritte staatliche Ebene darstellen. Unser Bundesstaat ist zweistufig aufgebaut. Das heißt, dass die Kommunen, wie auch das Bundesverfassungsgericht mehrfach bestätigt hat, verfassungsrechtlich Teil der Länder sind. Daraus folgt, dass die kommunale Ebene nicht mitentscheidend in das Gesetzgebungsverfahren des Bundes einbezogen werden kann. Dies geht aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht. Denn eine solche Mitentscheidungsbefugnis wäre mit dem zweistufigen Staatsaufbau des Grundgesetzes nicht vereinbar. Gleichwohl hat der Bund den Kommunen verschiedene Möglichkeiten eingeräumt, damit sich diese in das Gesetzgebungsverfahren einbringen können – wohlgemerkt ergänzend zum Unterausschuss Kommunales.

(Zuruf von der LINKEN: Am Katzentisch! Ja!)

Bereits im Jahr 2012 hat der Bundestag unter der christlich-liberalen Koalition eine Verbesserung der kommunalen Mitspracherechte in den §§ 69 und 70 der Geschäftsordnung des Bundestages vorgenommen.

(Mahmut Özdemir [Duisburg] [SPD]: Auf Initiative von uns!)

Seitdem muss den kommunalen Spitzenverbänden eine Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt werden, sofern ein Ausschuss ein Gesetz berät, das wesentliche Belange der Kommunen berührt. Das ist gut und richtig.

(Kerstin Kassner [DIE LINKE]: Aber trotzdem nicht ausreichend!)

Trotz des von mir beschriebenen verfassungsrechtlichen Rahmens sollte der externe Sachverstand aus den kommunalen Verbänden in den Gesetzgebungsprozess mit einfließen. Das erhöht die Akzeptanz eines Gesetzes und erleichtert die spätere Umsetzbarkeit in der Praxis.

Des Weiteren hat die letzte Große Koalition im Zuge der Föderalismusreform im Grundgesetz ein Aufgabenübertragungsverbot normiert. Damit wurde die Übertragung von Aufgaben durch den Bund an die Kommunen unterbunden. Stattdessen sind nun die Länder Adressaten dieser Aufgabenzuweisungen. Gleichzeitig – dies ist ein überaus wichtiger und in der Praxis problematischer Punkt – müssen sie den Kommunen eine für diese Aufgaben adäquate Finanzausstattung zukommen lassen.

(Caren Lay [DIE LINKE]: Das ist ja interessant!)

– Wohlgemerkt, die Länder müssen den Kommunen eine adäquate Finanzausstattung mitliefern; das nur zur Klarstellung. – Die Mitsprachemöglichkeit und das Übertragungsverbot sind deutliche Signale. Der Bund schöpft damit die verfassungsrechtlichen Möglichkeiten im Sinne der kommunalen Ebene vollständig aus. Er macht das, was ihm rechtlich möglich ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Bund agiert aber auch in der Praxis überaus kommunalfreundlich.

(Zuruf von der LINKEN: Ach herrje!)

Hier nur einige wenige Beispiele dafür, was die Kommunen erhielten und erhalten: für die Grundsicherung im Zeitraum 2012 bis 2017 etwa 30 Milliarden Euro, zusätzlich für die Kosten der Unterkunft von 2011 bis 2017 nochmals etwa 5,4 Milliarden Euro, für Investitions- und Betriebskosten bei der Kinderbetreuung bis 2013 4 Milliarden Euro und ab diesem Jahr 845 Millionen Euro per annum. Hinzu kommen weitere finanzielle Leistungen in Milliardenhöhe:

(Katrin Kunert [DIE LINKE]: Die Kommunen wissen gar nicht, wohin mit dem Geld!)

Dazu zählen die finanzielle Entlastung der Kommunen von 2015 bis 2017 um jährlich 1 Milliarde Euro sowie weitere Entlastungen: bei der Eingliederungshilfe – hier reden wir über 5 Milliarden Euro –, beim weiteren Ausbau der Kinderbetreuung und bei Aufnahme, Unterbringung und Versorgung von Asylbewerbern; das sind, wie gesagt, nur einige wenige Beispiele.

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Sagen Sie uns doch, wie hoch die Kosten sind in den Kommunen dafür!)

Diese Unterstützung des Bundes für die Kommunen kommt nicht von ungefähr: Viele Bundestagskollegen kommen aus der Kommunalpolitik, und vielfach sind sie zusätzlich zu ihrer Tätigkeit hier im Parlament auch noch auf kommunaler Ebene tätig. Für mich selbst gilt dies auch. Ich kann Ihnen sagen, Frau Kollegin Kassner, dass beispielsweise der AG Kommunalpolitik der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion 179 Abgeordnete und damit 57 Prozent der Fraktionsmitglieder angehören.

(Caren Lay [DIE LINKE]: Und was habt ihr erreicht? – Kerstin Kassner [DIE LINKE]: Jetzt ran!)

Das heißt, wir gehen da mit sehr gutem Beispiel voran.

(Caren Lay [DIE LINKE]: Was ist denn das Ergebnis?)

Ich animiere Sie, es uns gleichzutun. Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Verwurzelung in der Kommunalpolitik ist die beste Gewähr für die Berücksichtigung der kommunalen Belange; da kann keine gesetzliche Vorschrift mithalten.

Ich darf daher zusammenfassen: Ihr Vorschlag ist verfassungsrechtlich bedenklich. Es bestehen derzeit schon genügend Regelungen, die eine Mitwirkung der Kommunen gewährleisten. Und vor allem – das ist für die Kommunen der wichtigste Punkt –: Der Bund hilft den Kommunen darüber hinaus bei der Finanzierung ihrer Aufgaben und tut dabei erheblich mehr, als er eigentlich tun müsste. Darum wird es Sie nicht verwundern, wenn wir auch in diesem Jahr und in dieser Legislaturperiode Ihren Antrag ablehnen werden.

(Beifall bei der CDU/CSU – Kerstin Kassner [DIE LINKE]: Dann stellen wir ihn wieder neu!)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat die Kollegin Katja Keul das Wort.

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Katja, jetzt gib’ mal Feuer!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4662211
Wahlperiode 18
Sitzung 88
Tagesordnungspunkt Mitwirkungsrecht für Kommunen bei Gesetzgebung
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