26.02.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 88 / Tagesordnungspunkt 8

Volker UllrichCDU/CSU - Mitwirkungsrecht für Kommunen bei Gesetzgebung

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vom ehemaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss stammt der Satz: Ohne Städte ist kein Staat zu machen. – Dieser Satz umschreibt sehr plastisch nicht nur die Garantie der kommunalen Selbstverwaltung in unserem Grundgesetz, sondern auch die Verpflichtung aller staatlichen Ebenen, bei ihren Gesetzgebungsvorhaben und der politischen Beurteilung vor allem die Ebene im Blick zu haben, bei der diese gesetzgeberischen Maßnahmen ankommen und von der sie konkret vollzogen werden müssen; das ist gar keine Frage. Die Union ist eine Partei, die in den vergangenen Jahrzehnten die Frage der kommunalen Selbstverwaltung und die Wesensgehaltsgarantie dieser Vorschrift zu ihrem Markenkern gemacht hat. Trotzdem sei angemerkt, dass es bei der Frage einer möglichen Mitwirkung der Kommunen auf Bundesebene auch um unser Grundgesetz und die verfassungsgemäße Ordnung geht. Angemahnt sei, dass wir eine gewisse Sorgsamkeit gegenüber dem Gesetzgebungsprozess haben. Der Gesetzgebungsprozess in Deutschland ist sehr wohl austariert zwischen dem Bund und den Ländern – mit klaren Mitwirkungsrechten dort, wo die Länder tangiert sind, und der Möglichkeit des Einspruches dort, wo ausschließlich der Bund die Kompetenz hat. Ich warne davor, dieses im Grunde genommen konsensuale und gut funktionierende System ohne Not aufzubrechen und die Kommunen in den Gesetzgebungsprozess einzubeziehen, ohne konkret zu sagen, wie es denn funktionieren soll? Wie sollen sich die Kommunen im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses intern einigen, wenn sich Hunderte von Landkreisen, kreisfreien Städten und Bezirken auf eine Meinung festlegen müssen? Deswegen ist der viel bessere Ansatz, dass die Kommunen bei der Gesetzgebung auf Landesebene beteiligt werden. In einigen Bundesländern sind die entsprechenden Vorschriften so weit fortgeschritten, dass dort ohne Kommunen tatsächlich kein Staat zu machen ist.

Ein weiterer entscheidender Punkt ist die finanzielle Ausstattung der Kommunen. Das scheint mir für die Funktionsfähigkeit der Städte und Gemeinden entscheidend zu sein. Es sind hier diejenigen Länder angesprochen, etwas mehr für die Kommunen zu leisten, bei denen das noch nicht ausreichend der Fall ist, wo beispielsweise die Leistungen für Asylbewerber und Flüchtlinge nicht spitz abgerechnet werden, sondern die Kommunen nur pauschal Anteile bekommen und damit auf einem Teil ihrer Kosten sitzen bleiben. Der Bund hat in den letzten Jahren in diesem Bereich die Hausaufgaben gemacht. Mit den Entlastungen bei der Grundsicherung, bei den Betriebskosten für die Kinderbetreuungseinrichtungen, aber auch im Bereich der Wiedereingliederungshilfe ist so viel für die Kommunen getan worden, dass die Kommunen insgesamt zufrieden sein können.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Mahmut Özdemir [Duisburg] [SPD]: Das ist ein Anfang!)

Meine Damen und Herren, es gibt aber auch einen Bereich, der rechtlich gar nicht abschließend geregelt werden kann. Bei der Frage von gesetzgeberischen Wertentscheidungen geht es auch um Respekt und Verständnis. Wir alle sind aufgerufen, im Bereich unserer Gesetzgebung Respekt und Verständnis für die Aufgaben der Kommunen zu haben, sich in sie hineinzuversetzen und zu hinterfragen, wie die Norm auf kommunaler Ebene ankommt. Deswegen ist es gut, dass viele Kolleginnen und Kollegen hier im Bundestag aus der kommunalen Schule stammen, und es ist auch richtig und zielführend, wenn sich – wie in der Union – über die Hälfte der Abgeordneten ganz konkret zu kommunalpolitischen Zielen bekennen.

Respekt und Verständnis für die Aufgaben der Kommunen lassen sich nicht allein durch rechtliche Regelungen verordnen, sondern muss man im Sinne eines funktionierenden Gemeinwesens im Herzen tragen. Deswegen heißt unser Leitspruch: Suchet der Stadt Bestes!

Vielen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4662294
Wahlperiode 18
Sitzung 88
Tagesordnungspunkt Mitwirkungsrecht für Kommunen bei Gesetzgebung
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