Fritz FelgentreuSPD - Bundeswehr-Attraktivitätssteigerungsgesetz
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollegin Buchholz, was die Linke hier als Kritik an dem Gesetz vorträgt, kann nicht überzeugen.
(Michaela Noll [CDU/CSU]: Das stimmt! – Christine Buchholz [DIE LINKE]: Ich dachte, ich hätte Sie heute überzeugt! Schade!)
Dieses Gesetz regelt lauter Dinge, für die sich die Linke an anderer Stelle, in anderen Ausschüssen vehement in die Bresche wirft. Wir kämpfen hier für bessere Regelungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Dienst, für soziale Standards für Soldatinnen und Soldaten, für verbesserte Teilzeitregelungen, für all die Dinge, die den Linken sonst wichtig sind.
(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Dagegen habe ich auch nicht gesprochen!)
An dieser Stelle lehnen Sie sie ab. Verehrte Kollegin Buchholz, das kann nur daran liegen, dass der wahre Grund für Ihre Ablehnung ist, dass Sie keine attraktive Bundeswehr wollen.
(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Keine attraktive Einsatzarmee!)
Wer keine attraktive Bundeswehr will, der will gar keine Bundeswehr.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Bei Ihnen ist das Bekenntnis zur Landesverteidigung nur ein Lippenbekenntnis, nicht mehr. Sie können ohne eine Armee das Land nicht verteidigen. Wenn Sie behaupten, Sie wollten das dennoch tun, dann muss das falsch sein. Letztlich geht es Ihnen darum, das Land ohne eine Bundeswehr bündnisunfähig und wehrlos zu machen.
(Christine Buchholz [DIE LINKE]: Reden Sie doch zur Sache!)
Meine Damen und Herren, ich freue mich, dass wir mit unserer Debatte heute auf der Zielgeraden sind. Wir werden in wenigen Minuten ein Gesetz beschließen, das es für junge Menschen deutlich attraktiver machen wird, sich für den Soldatenberuf zu entscheiden als bisher. Das ist zunächst einmal und vor allen Dingen ein Grund zur Freude. Dazu haben viele beigetragen. Die Grundlage dafür ist ein guter, solide durchdachter Gesetzentwurf aus dem Bundesverteidigungsministerium.
Aber wie das so ist: Obwohl es sich um einen guten Gesetzentwurf handelt, hat es sich die Koalitionsmehrheit auch in diesem Fall nicht nehmen lassen, für die zweite Lesung noch die eine oder andere Verbesserung vorzunehmen. Zur Begründung will ich an dieser Stelle nicht auf kleinere Details eingehen, sondern zwei Punkte ansprechen, die im Zentrum unserer gesetzgeberischen Ziele stehen.
Ein Hauptthema des Attraktivitätssteigerungsgesetzes ist die Vereinbarkeit von Familie und Dienst. In der parlamentarischen Beratung haben wir in diesem Zusammenhang festgestellt, dass der Gesetzentwurf die letzten Verbesserungen bei der Planung der Elternzeit noch nicht nachvollzieht, die der Bundestag im vergangenen Jahr zusammen mit der Einführung des ElterngeldPlus beschlossen hat. Ab dem 1. Juli werden nämlich Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer 24 Monate der Elternzeit auch zwischen dem dritten und dem achten Lebensjahr ihres Kindes nehmen können, zum Beispiel um das Kind in den ersten beiden Schuljahren auf dem Weg in die Schule ein bisschen enger zu betreuen und zu begleiten. Das gleiche Recht müssen Soldatinnen und Soldaten natürlich auch haben. Deshalb fügen wir in den Gesetzentwurf einen zusätzlichen Artikel ein und regeln bei dieser Gelegenheit gleich mit, wie wir damit umgehen, dass eine Soldatin während ihrer Elternzeit erneut schwanger wird. Es ist logisch, dass die Elternzeit unterbrochen werden muss, wenn der Mutterschutz einsetzt.
Das andere große Thema ist die soziale Absicherung der Bundeswehrangehörigen. Schon bei der ersten Lesung hat die SPD-Fraktion gefordert, die Basis für die Nachversicherung der Zeitsoldaten nach ihrem Ausscheiden um mehr als die im Gesetzentwurf vorgesehenen 15 Prozent anzuheben. Die Experten haben in der Anhörung unsere Einschätzung einhellig bestätigt. Deshalb sind wir besonders froh darüber, dass es uns gelungen ist, die Kolleginnen und Kollegen, die im Haushaltsausschuss mit Argusaugen über die schwarze Null wachen, davon zu überzeugen, dass der Bund hier in der Pflicht ist.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Franz Josef Jung [CDU/CSU])
Mit unserem Änderungsantrag erhöhen wir die vorgesehene Steigerung der Berechnungsgrundlage von 15 Prozent um ein Drittel auf 20 Prozent. Damit kommen wir bei der Altersvorsorge für Soldatinnen und Soldaten auf Zeit einen großen Schritt weiter.
Meine Damen und Herren, die Fachleute für Sicherheit und Verteidigung in der Koalition hätten sich auch beim Versorgungsausgleich und bei den Hinzuverdienstgrenzen für pensionierte Angehörige der Bundeswehr noch mehr vorstellen können als die Gleichstellung mit den Beamten der Bundespolizei.
(Michaela Noll [CDU/CSU]: Ja, viel mehr! Das ist ein großer Wurf! Aber ein bisschen mehr wäre eigentlich schon angemessen gewesen!)
Die Anhörung am Montag hat jedoch gezeigt: Weitere Verbesserungen werfen Fragen auf, die den öffentlichen Dienst auch außerhalb der Bundeswehr betreffen. Diese Fragen können deshalb nur in einem Gesamtkonzept und im Einklang mit der Innenpolitik gelöst werden. Die Koalition hat sich vorgenommen, in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode auch dazu Vorschläge zu machen. Für die Soldatinnen und Soldaten bringt das heute beschlossene Gesetz gegenüber dem bisherigen Zustand schon jetzt große Verbesserungen und wird deshalb einen wichtigen Beitrag zu mehr Arbeitszufriedenheit und einer positiven Stimmung in der ganzen Truppe leisten.
Ein Wort zu den Änderungsanträgen der Grünen, die viele gute Anregungen enthalten, mit denen sich der Verteidigungsausschuss sicherlich intensiver befassen wird. Ich möchte heute als Beispiel nur die Freiheit der Wahl zwischen Trennungsgeld und der Vergütung der Umzugskosten herausgreifen. In diesem Punkt ist die Koalition derselben Auffassung wie die Grünen. Wir haben die Einführung der Wahlfreiheit deshalb auch im Koalitionsvertrag beschlossen. Die SPD wird ihr Augenmerk darauf richten, dass wir hier in den nächsten Monaten zu Ergebnissen kommen. Die notwendige Überzeugungsarbeit, zum Beispiel beim Bundesministerium des Innern, braucht aber noch ein wenig Zeit. Eine Regierungsmehrheit muss ja über Fraktions- und Ressortgrenzen hinweg geschlossen und einig handeln und bei Gesetzentwürfen auch auf die nötige Genauigkeit achten.
(Dr. Tobias Lindner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Deshalb ist es schade, dass das BMI heute hier im Hause nicht anwesend ist!)
Deshalb greifen wir gerne auf, was die Grünen mit ihrem Änderungsantrag erreichen wollen. Dem Antrag selbst können wir uns heute aber nicht anschließen.
Meine Damen und Herren, das Attraktivitätssteigerungsgesetz bringt uns ein großes Stück weiter. Wir sollten aber nicht dem Missverständnis erliegen, alle Probleme seien damit gelöst. Damit die Bundeswehr wirklich die attraktivste Arbeitgeberin im Lande wird, bleibt viel zu tun. Wir müssen Kasernen sanieren. Wir müssen die Bedingungen für die Ausbildung und den Übergang in zivile Berufe weiter verbessern, und wir müssen vor allen Dingen die Ausrüstung auf einen Stand bringen, der der Bundeswehr unnötige Ausgaben und auch peinliche Berichterstattungen dauerhaft erspart. Unsere Armee bleibt vorerst eine spröde Schönheit. Die Freude darüber, dass wir ihrer Attraktivität heute beträchtlich aufhelfen können, wollen wir uns davon aber nicht verderben lassen.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Der Kollege Dr. Tobias Lindner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4662382 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 88 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehr-Attraktivitätssteigerungsgesetz |