26.02.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 88 / Tagesordnungspunkt 10

Tino SorgeCDU/CSU - Versorgung von Menschen mit Behinderung

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Klein-Schmeink, Sie haben ja dann das Ganze zum Schluss noch ein bisschen relativiert. Aber als ich Ihren Antrag gelesen habe, da dachte ich: Wir leben hier in einem Land, in dem gerade in dem Bereich, der Menschen mit Behinderungen betrifft, nur menschenunwürdige Zustände herrschen.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vorher lesen würde helfen!)

Sie haben es ja zumindest am Schluss noch ein bisschen relativiert. Ich fand die Überschrift bereits absolut deplatziert, weil Sie damit wieder ein Zerrbild entworfen haben, das absolut nicht der Realität entspricht.

(Thomas Stritzl [CDU/CSU]: Hört! Hört!)

Sie wissen ja auch, dass wir gerade unter CDU-geführten Bundesregierungen seit 2005 kontinuierlich Leistungen verbessert und zusätzliche Regelungen eingeführt haben, die gerade in diesem Bereich Verbesserungen herbeiführen sollen und auch schon herbeigeführt haben.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für die Behinderten ist der Fortschritt eine Schnecke!)

Die Initialzündung 2008 im Zusammenhang mit der UN-Behindertenrechtskonvention ist ja schon angesprochen worden. Sie wurde von allen Fraktionen unterstützt. Infolgedessen gab es ja den Nationalen Aktionsplan, den die damalige Arbeitsministerin Ursula von der Leyen auf den Weg gebracht hat. Sie wissen ja auch: Die Laufzeit von zehn Jahren bis 2021 muss man erst einmal wirken lassen. Bei allem Engagement, bei allen Anträgen, die Sie ja gern schreiben, haben Sie vielleicht übersehen, dass diese Maßnahmen auch Zeit brauchen, um zu wirken.

(Beifall bei der CDU/CSU – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum brauchen diese Maßnahmen so lange? – Weiterer Zuruf der Abg. Birgit Wöllert [DIE LINKE])

Das bedeutet für uns als Regierungskoalition natürlich, dass wir geeignete Maßnahmen umsetzen, damit Menschen mit Behinderung Zugang zu Gesundheitsdiensten einschließlich Rehabilitation haben, dass Gesundheitsleistungen angeboten werden, die speziell auf Menschen mit Behinderung zugeschnitten sind, und dass wir dafür sorgen, dass diese Gesundheitsleistungen eben auch wohnortnah erreichbar sind.

Das alles sind Themenbereiche, die wir alle hier kennen, und zwar nicht deswegen, weil darüber nicht gesprochen wird, sondern deswegen, weil die Bundesregierung von Anfang an hier tätig geworden ist und sich intensiv damit beschäftigt hat. Die Verbesserungen, die in diesen Bereichen erfolgt sind, hätten Sie ja auch einmal ansprechen können. Aber Sie haben hier wieder argumentiert nach dem Motto „Das Glas ist halb leer und nicht halb voll“. Sie haben nicht gesagt, was Sie wollen; Sie haben nur gesagt: Man sollte mal, man müsste mal, man könnte mal. – Konkretes haben Sie aber dazu nicht gesagt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Teile Ihrer Forderungen, insbesondere hinsichtlich ortsnaher Versorgung, stehen ja schon im Versorgungsstärkungsgesetz. Das hätten Sie doch einmal sagen können. Das haben Sie aber nicht gemacht. Das Beispiel der medizinischen Versorgungszentren haben Sie dann in einem Halbsatz angesprochen. All das sind doch Dinge, die bereits im Koalitionsvertrag vereinbart worden sind. Also können Sie doch hier nicht das Bild zeichnen, als würde überhaupt nichts getan.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie haben dann auch die Barrierefreiheit angesprochen: Natürlich ist es so, dass diesbezüglich viel Nachholbedarf besteht. Aber schauen Sie sich doch einmal die Zahlen an. Allein der Etat 2015 im Gesundheitsbereich

(Birgit Wöllert [DIE LINKE]: Mit dem Etat kommt aber keiner die Treppen hoch!)

weist – das wissen Sie doch auch – einen Anstieg um 9 Prozent auf 12 Milliarden Euro auf; in der Pflege sind das konkret 82 Millionen Euro mehr. Private Pflegeversicherung, Verbesserung der Leistungen der Pflegeversicherung, Kurzzeit- und Verhinderungspflege, Tages- und Nachtpflege, Ausbau der Wohnraumzuschüsse, Anschubfinanzierung für ambulant betreute Wohnformen sind doch Aspekte, die Sie nicht einfach negieren können. Da können Sie doch auch einmal sagen, dass das Verbesserungen sind, die allen zugutekommen, aber eben auch den Menschen mit Behinderung.

In diesem Zusammenhang will ich nur drei der 21 Punkte ansprechen, die Sie explizit in Ihrem Antrag formuliert haben.

Eine Forderung lautet, in § 43 a SGB XI eine Regelung hinsichtlich der Feststellung des Wohnortes im rechtlichen Kontext der Behindertenhilfe vorzulegen. Sie wissen: Wir werden das überprüfen. Wir werden schauen, dass Benachteiligungen, die eventuell existieren, abgebaut werden und dass der Zugang zu Leistungen der häuslichen Pflege erleichtert wird.

Ein weiterer Schwerpunkt, den Sie angesprochen haben, betrifft die Mitarbeiter in Gesundheitsberufen, das heißt Studentinnen und Studenten an Hochschulen und all diejenigen, die sich tagtäglich um Menschen mit Behinderungen kümmern. Ich wäre froh, wenn wir dahin gehend Konsens erzielen könnten, dass wir diesen Menschen gar nicht genügend Respekt, Dankbarkeit und gesellschaftliche Wertschätzung entgegenbringen können.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wollen Sie mir doch hoffentlich nicht absprechen!)

– Nein, ich rede ja nicht nur von Ihnen. Aber Sie sitzen da wie so ein Orgelpfeifengebirge und tun so, als sei überhaupt nichts passiert.

(Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja unverschämt!)

Sie müssen doch in dem Kontext auch einmal anerkennen, dass da viel passiert ist. Wir diskutieren ja hier auch über die gesellschaftliche Wertschätzung. Sie wissen doch selbst, dass wir aktuell Regelungen im Rahmen der Neuordnung der Pflegeberufe diskutieren. Bei der Reform des Medizinstudiums sind wir doch auf einem guten Weg.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir sprechen jetzt gerade über die Menschen mit Behinderung und deren Ansprüche!)

Also, dann können Sie hier doch nicht immer behaupten, dass nichts passiert. Deshalb ist Ihr Antrag in der Form absolut nicht zielführend und nicht wirklich hilfreich.

Dann noch zu dem Thema der Situation in den Arztpraxen. Frau Wöllert, Sie haben das angesprochen. Sie haben gesagt, dass natürlich gerade im Bereich der Barrierefreiheit mehr gemacht werden könnte.

(Birgit Wöllert [DIE LINKE]: Gemacht werden muss, nicht könnte!)

– Ja, ja, können, müssen, sollen. Okay. – Aber Sie könnten doch auch einmal sagen: Fast ein Viertel der Praxen ist barrierefrei.

(Birgit Wöllert [DIE LINKE]: „Fast ein Viertel“!)

Die Ärztinnen und Ärzte sind nicht dumm.

(Birgit Wöllert [DIE LINKE]: Das hat doch gar keiner gesagt!)

Die wissen doch auch, dass das ein Wettbewerbsvorteil ist. Die werden sich darum kümmern.

(Birgit Wöllert [DIE LINKE]: Dann hätten wir ja mehr, wenn das so vorteilhaft ist! – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Da jetzt immer so zu tun, als müsse man alles regulieren, das ist doch nicht zielführend.

Zur Wertschätzung gehört auch dazu, dass Sie nicht immer unterschwellig suggerieren, dass diejenigen, die in dem Bereich tätig sind, zu dumm seien, mit Menschen mit Behinderung zu sprechen,

(Birgit Wöllert [DIE LINKE]: Wer hat denn so etwas gesagt? Unglaublich! Unverschämtheit! Das finde ich jetzt eine Frechheit! – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer hat das gesagt?)

mit den Leuten, die sich darum kümmern, auch entsprechend umzugehen.

Dass bei der Krankenhausfinanzierung – die Bund- Länder-Arbeitsgruppe kennen Sie ja – viel passieren soll, wissen Sie ja auch.

Zu den Arztpraxen nur noch ein konkretes Beispiel: In der Bedarfsrichtlinie des G-BA ist, wie Sie wissen, seit 2014 ausdrücklich das Kriterium der Barrierefreiheit als wichtiges Zulassungskriterium geregelt.

Kollege Sorge, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kurth?

Ja natürlich, wenn er sich so schön meldet.

Bitte schön, Herr Kollege Kurth.

Herr Sorge, Sie haben gerade gesagt, es sei für die Ärzte ein Wettbewerbsvorteil, wenn sie ihre Praxen barrierefrei gestalten. Erkennen Sie an, dass die Wirklichkeit in den Arztpraxen ganz anders ist, dass nämlich Ärztinnen und Ärzte Probleme kriegen, wenn sie viele Menschen mit Behinderung behandeln, da diese einen erhöhten Zeitaufwand benötigen, aber in der Vergütung nicht mehr bringen? Erkennen Sie auch an, dass es im Gegenteil im Moment in unserem System leider eher einen Anreiz gibt, ab einer bestimmten Zahl von Menschen mit Behinderung, die in Behandlung sind, die dann noch kommenden Patientinnen und Patienten abzuwimmeln?

(Thomas Stritzl [CDU/CSU]: Nein, das widerspricht dem ärztlichen Ethos!)

Sehen Sie nicht, dass die Ärzte – wie kann man denen Dummheit unterstellen? – in der Aus- und Fortbildung nicht über adäquate Angebote verfügen, wie man zum Beispiel mit Menschen mit geistigen Beeinträchtigungen kommuniziert? Sehen Sie also nicht, dass faktisch diese Hürden, wie wir sie in unserem Antrag ansprechen, im System bestehen?

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)

Also, die eine Frage ist ja, dass man sie anspricht, und die andere Frage ist, welche konkreten Lösungsmöglichkeiten man entwickelt.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, genau! Setzt man sich überhaupt damit auseinander?)

Das, was Sie ganz konkret gemacht haben, ist ja, einfach zu behaupten, dass sie dazu nicht in der Lage seien. Die Darstellung der Probleme ist ja etwas anderes, als zu sagen, das ist so und es werde sich daran nichts ändern. Aber gerade bei Neubauten wird doch darauf hingewiesen, dass Barrierefreiheit ein wichtiges Thema ist.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Insofern ist das Beispiel, das Sie jetzt wieder konstruieren – ich will das nicht weiter kommentieren –, dass sich ein Arzt ganz bewusst in der ersten Etage Praxisräume sucht, damit bestimmte Patienten nicht zu ihm kommen, absolut neben der Sache. Das sind doch Zerrbilder, die Sie entwickeln.

(Beifall bei der CDU/CSU – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat doch gar keiner gesagt!)

Herr Kollege Sorge, Sie hätten jetzt noch einmal die Gelegenheit, auf eine Frage oder Zwischenbemerkung der Kollegin Wöllert zu antworten, sofern Sie ihr dies gestatten würden.

Ich schätze sie sehr, und natürlich darf sie das machen.

Bitte schön, Frau Kollegin Wöllert.

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Danke, Herr Sorge, dass ich Sie jetzt etwas fragen darf. Aber vielleicht gab es hier ein Missverständnis. Ich glaube, da spreche ich auch für Frau Klein-Schmeink. Keiner von uns hat die Arbeit der Menschen, die im Gesundheitswesen tätig sind, schlechtgeredet – an keiner Stelle. Da sollten Sie noch einmal das Protokoll lesen.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich unterstelle einmal: Sie haben da irgendetwas falsch verstanden, sodass da ein großes Missverständnis vorliegt.

Meine Nachfrage zielt ganz konkret auf Fragen des Wettbewerbs ab. Ich war gestern Abend beim Parlamentarischen Abend der ACHSE. Das ist ein Dachverband von Organisationen für Menschen mit sehr seltenen Erkrankungen. Kollege Hüppe war ebenfalls dort. Da kamen gerade solche Fragen, die wir hier heute erörtern, zur Sprache. Da kam zur Sprache, dass bei speziellen Behandlungen der große Aufwand nicht finanziert werden kann – so viel zum Wettbewerb – oder jetzt nicht finanziert wird.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist Selbstverwaltungssache!)

Was halten Sie – damit komme ich zu meiner Frage – von folgendem Vorschlag: Wir könnten uns vorstellen, neben dem Kriterium der Barrierefreiheit für die Zulassung von gesundheitlichen Einrichtungen auch zusätzliche Vergütungen einzuführen. Das heißt also, es könnte Zuschläge für Barrierefreiheit geben, indem die Menschen, die Menschen mit Behinderungen behandeln, zusätzliche Vergütungen erhalten, um einen Ausgleich für die aufgewandte Zeit zu schaffen, zum Beispiel wenn sie Türen öffnen, um jemanden weiterzuleiten. All das kostet Zeit. Könnten Sie sich vorstellen, dass wir gemeinsam versuchen, hier etwas auf den Weg zu bringen?

Liebe Frau Kollegin Wöllert, ich finde es immer schön, wenn wir gemeinsam Ideen entwickeln, und ich finde es vor allen Dingen schön, wenn mein Beitrag bei Ihnen zur mentalen Erhellung beigetragen hat. Zumindest habe ich das so empfunden.

(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was soll denn die Arroganz? Kommen Sie mal von Ihrem hohen Ross runter!)

Aber statt an weitere Reglementierungen, die Sie jetzt wieder vorschlagen, zu denken, wäre es schön, wenn Sie sich vielleicht dem Gedanken annähern könnten, auf die freie Entscheidung freiberuflicher Ärzte zu vertrauen.

(Birgit Wöllert [DIE LINKE]: Anreize! – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Anreize schaffen!)

– Anreize schaffen hat nicht nur etwas mit Reglementierung zu tun. – Entwickeln Sie doch auch einmal ein bisschen Vertrauen in die Betreiber der 130 000 Arztpraxen, statt ihnen alles vorschreiben zu wollen, von der Geschäftsausstattung bis zur Infrastruktur, und am besten danach noch zu fordern, dass der Bund all das finanziert.

Insofern ist es, glaube ich, gut, wenn wir gemeinsam an Lösungsvorschlägen arbeiten. Ich würde mich besonders freuen, wenn Sie dabei eine gewisse Konstruktivität an den Tag legen würden.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Union ist gerade mal wieder ziemlich unchristlich unterwegs!)

Herr Kollege Sorge, Sie haben so viel Begeisterung im Publikum ausgelöst, dass die Kollegin Schulz-Asche auch noch gerne die Gelegenheit zu einer Zwischenfrage oder Zwischenbemerkung hätte. Aber ich mache darauf aufmerksam: Wenn Sie dazu Ja sagen, dann wäre das die letzte, die ich in diesem Redebeitrag zulassen würde.

Ich glaube, das wäre der Frau Kollegin Schulz-Asche gegenüber ein bisschen unfair, ihre Zwischenfrage nicht zuzulassen.

Aber dann sollte sich keiner mehr melden. – Danke.

Ich weiß nicht, wie viel Redezeit ich jetzt noch zusätzlich habe.

Solange Sie antworten, wird Ihre Redezeit gestoppt. Deswegen haben Sie die Gelegenheit gehabt, Ihre Redezeit ungefähr fünf bis sechs Minuten zu verlängern; und das reicht dann.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Danke, Frau Präsidentin.

Herr Kollege Sorge, Sie können sich sicherlich vorstellen, dass gerade wir Grünen in der Vorbereitung eines solchen Antrags sehr viele Gespräche auch mit Menschen mit Behinderung führen, weil sie Experten in eigener Sache sind. Viele der Forderungen, die von diesen Menschen erhoben werden, sind auch in unseren Antrag eingeflossen. Glauben Sie, dass Sie mit der Arroganz, mit der Sie in dieser Diskussion auf die Themen eingegangen sind,

(Zuruf von der CDU/CSU: Hallo?)

den Menschen mit Behinderung in unserem Land einen Gefallen tun?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Kollegin Schulz-Asche, was Sie hier wieder unterschwellig suggerieren, entspricht absolut nicht den Tatsachen. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass gerade den Menschen mit Behinderung viel mehr gedient wäre, wenn Sie sagen würden, was Sie sich konkret vorstellen, statt immer nur Kataloge zu entwerfen, was man tun sollte, müsste oder könnte, ohne dabei auch die Realitäten im Blick zu behalten.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie sollten mal den Antrag lesen! Dann würden Sie das sehen!)

Sehr interessant ist auch – ich habe mir das einmal angeschaut – im Zusammenhang mit dem Thema Barrierefreiheit: Sie haben in NRW eine Gesundheitsministerin, Frau Steffens. Wenn sie das so gut findet, dann hätte sie das alles machen können. Aber sie ist seit 2010 im Amt, und ich habe nicht vernehmen können, dass sie eine wie auch immer geartete Zwangsbarrierefreiheitsverordnung oder irgendwas in der Richtung geschaffen hätte.

(Katja Dörner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja auch eine Frage der Zuständigkeiten!)

Deshalb fände ich es ehrlicher – Frau Klein- Schmeink, ich nehme Sie ausdrücklich davon aus –, in den Diskussionen auch zu sagen: Da ist schon etwas passiert. Weiterhin gibt es Dinge, die wir lösen müssen. – Aber dann machen Sie bitte auch einen konkreten Lösungsvorschlag, statt immer nur zu kritisieren und dann, wenn die Sprache auf Dinge kommt, die teilweise schon in Gesetzentwürfen enthalten sind, so zu tun, als gäbe es sie nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lesen hilft!)

So, das war die Antwort auf die dritte Zwischenfrage.

Jetzt beginnen Ihre letzten zwei Minuten zu laufen.

Die letzten zwei Minuten meiner Redezeit? – Gut.

Das Thema Versorgungsforschung ist auch angesprochen worden. In dem grünen Potpourri Ihres Antrags – ich weiß, Sie mögen die Bezeichnung nicht – haben Sie gefordert, auch da müsse mehr getan werden. Ich weiß nicht, ob die Regelungen im Innovationsfonds völlig an Ihnen vorbeigegangen sind. Von den jährlich zur Verfügung stehenden 300 Millionen Euro sind 75 Millionen Euro für Versorgungsforschung eingeplant.

Wenn Sie sich konkreter damit befasst hätten – ich unterstelle einmal, dass Sie das nicht getan haben –, dann hätte Ihnen auffallen müssen, dass das Bundesministerium für Bildung und Forschung schon einen Aktionsplan zur Versorgungsforschung vorgelegt hat. Es gibt also ein konkretes Maßnahmenpaket mit punktgenauen Forderungen zum Wohle der Patienten sowohl mit Behinderung als auch ohne. Da fließen zwischen 2015 und 2018 50 Millionen Euro. Das ist, glaube ich, keine kleine Summe.

Meine Damen und Herren, meine Kollegin Maria Michalk hat bereits konstatiert, dass sie zum Schluss wieder versöhnlicher wurde. Ich hoffe, dass ich nicht unversöhnlich gewirkt habe.

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Doch! Das haben Sie ganz klar!)

Natürlich möchte auch ich versöhnlich wirken. So möchte ich Ihnen von den Grünen zum Schluss wirklich ein ganz großes Kompliment machen.

(Zurufe von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh! Oh!)

Denn Sie bleiben sich zumindest treu: Sie fordern in Ihrem Antrag bzw. auf Ihrem Wunschzettel erneut die Einführung der Bürgerversicherung und stellen sie als Allheilmittel dar. Sie sollten eigentlich wissen, dass die Bürgerversicherung kein Allheilmittel ist, weder für Menschen mit Behinderung noch für Pflegebedürftige und auch nicht für andere Versicherte. Ich glaube, dass diese Strukturdiskussion vollkommen fehl am Platz ist.

Ich würde es begrüßen, wenn wir die Dinge konstruktiv auf den Weg bringen würden und wenn Sie abwarten würden, welche Wirkung der Nationale Aktionsplan im Realisierungszeitraum von zehn Jahren entfaltet. Insofern: Hören Sie doch bitte auf, pessimistisch schwarz- bzw. grünzumalen!

(Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das erzählen Sie einmal den Menschen mit Behinderung!)

Lassen Sie uns gemeinsam Lösungen erarbeiten! Ihr Antrag, den Sie heute gestellt haben, stellt jedenfalls kein passendes Mittel dar, um den Menschen mit Behinderung in unserer Gesellschaft zu helfen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt ist die Kollegin Helga Kühn-Mengel, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4662564
Wahlperiode 18
Sitzung 88
Tagesordnungspunkt Versorgung von Menschen mit Behinderung
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