Gabriele SchmidtCDU/CSU - SGB IV optimiertes Meldeverfahren
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bürokratieabbau, Rechtsklarheit, Rechtssicherheit und vor allem Entlastung für die Arbeitgeber – das ist nicht wenig, was wir mit dem SGB-IV-Änderungsgesetz vorhaben.
Das Formular- und Meldewesen durchdringt die tägliche Arbeit aller Unternehmen bis zur kleinsten Firma. Das ist kein Wunder bei den schon geschilderten 400 Millionen Meldevorgängen jährlich im Bereich der sozialen Sicherung. Die Informationspflichten sind da, müssen auch weitestgehend sein. Aber durch optimierte und vereinfachte Meldeverfahren wollen und werden wir die Arbeitgeber entlasten. Das steht in diesem Gesetz und den Änderungsanträgen.
Die Verbesserung technischer und organisatorischer Abläufe in den elektronischen Meldeverfahren zwischen Sozialversicherungsträgern und Arbeitgebern wird die Bürokratiekosten im dreistelligen Millionenbereich senken.
(Karl Schiewerling [CDU/CSU]: Hört! Hört!)
Der vorliegende Gesetzentwurf fußt auf den Ergebnissen der gemeinsamen Projektarbeit OMS, an der sich alle beteiligten Praktiker und Anwender eingebracht haben.
Welche konkreten Änderungen und Verbesserungen gibt es, die von der CDU/CSU-Fraktion und dem Koalitionspartner angestoßen worden sind? Den täglichen Datenabgleich, der von meinem Kollegen Strengmann-Kuhn in der ersten Lesung kritisiert worden ist, haben wir in eine wöchentliche Abruffrist umgewandelt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gut so!)
Die kleinen Arbeitgeber werden dadurch sinnvoll entlastet. Die wöchentliche Abruffrist führt auch nicht zu einer Verschlechterung des Meldewesens.
(Karl Schiewerling [CDU/CSU]: Wichtig für die Betriebe! Richtig!)
Überaus wichtig und richtig sind die Änderungen im Rentenrecht, zum Beispiel die Angleichung des Waisenrentenrechts an das Steuer- und Kindergeldrecht, Herr Schiewerling. Der Wegfall der Einkommensanrechnung führt bei volljährigen Waisen definitiv zur Verwaltungsvereinfachung. Ich erinnere mich gut: Wie Kollegin Hiller-Ohm habe auch ich zwei Waisenkinder, die als Studenten gearbeitet haben, was einen ziemlichen Papierkrieg zwischen dem Schwarzwald und der Berliner Rentenzentrale ausgelöst hat.
Weitere Änderungen gibt es beim elektronischen Lohnnachweis. Anstatt einer anlassbezogenen Sozialversicherungsmeldung erstellt der Unternehmer einen jährlichen Lohnnachweis und übermittelt die Daten direkt an den Unfallversicherungsträger. Ob das mit einem einfachen Mausklick getan ist, wage ich zu bezweifeln. Es wird aber auf jeden Fall ein vereinfachtes Verfahren sein. Diese Methode beugt natürlich Fehlern vor und reduziert den zeitlichen und damit finanziellen Aufwand für die Arbeitgeber ganz erheblich.
Beim Omnibusgesetz – unabhängig davon, ob das beliebt ist oder nicht – habe ich noch weitere Änderungen zu kommentieren. Ein aktuelles Thema, das die ganze Welt in Atem hält, ist die Ebolafieberepidemie in Westafrika, bei der es bereits über 9 000 Tote gegeben hat. Hier haben sich viele freiwillige Helfer aus Deutschland bereitgefunden, ehrenamtlich helfend einzugreifen. Für diese stillen Helden wollen wir den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz ausweiten, bis zur geplanten Schaffung einer UVB-eigenen Auslandsversicherung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Die Pille danach ist auch schon erwähnt worden. Sie ist aufgrund einer Entscheidung der EU-Kommission nicht mehr verschreibungspflichtig. Es soll aber die Kostenübernahme durch die Krankenkassen für junge Frauen im Alter bis zu 20 Jahren fortgeführt werden. Ein Werbeverbot soll eingeführt werden. Das halte ich für vollkommen richtig.
(Brigitte Pothmer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn Sie könnten, würden Sie die auch weiterhin verbieten!)
Auch der Deutsche Apothekerverband und der GKV- Spitzenverband haben bei einer Anhörung im Februar die Sinnhaftigkeit dieses Werbeverbots bestätigt. Wir wollen der Gefahr einer unsachgemäßen Selbstmedikation entgegenwirken. Das Selbstbestimmungsrecht von jungen Frauen wird nicht tangiert. Das respektieren wir, aber es geht um die Gesundheit von jungen Frauen. Die Pille danach ist eine Notfallverhütung und soll es auch bleiben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Die letzte wichtige Änderung ist die Einführung des Instruments der assistierten Ausbildung. Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, Chancen der assistierten Ausbildung zu nutzen. Sie ist ein wichtiger Baustein neben den sogenannten ausbildungsbegleitenden Hilfen. Mit dem neuen, befristeten Instrument der assistierten Ausbildung sollen lernbeeinträchtigte und sozial benachteiligte junge Menschen eine individuelle und kontinuierliche Unterstützung erhalten und zum erfolgreichen Abschluss einer betrieblichen Berufsausbildung im dualen System geführt werden.
Ja, das ist ein Instrument, das für die Ausbildung im dualen System in Betrieben eingerichtet wird, wo die weit überwiegende Zahl der Berufsausbildungen stattfindet. Selbst auf eine Ausbildung in einer Vollzeitschule, etwa bei Erzieherinnen und Erziehern, bei Altenpflegerinnen und Altenpflegern, folgt – jedenfalls in meinem Bundesland Baden-Württemberg – zwingend eine Anerkennungszeit in einer entsprechenden Einrichtung. Diese Ausbildungen sind also auch dual.
Das Instrument soll in besonderer Weise den Arbeitgebern dienlich sein. Wir wollen auch den Arbeitgebern Unterstützung zur Seite stellen, nicht nur den jungen Menschen. Damit werden die Erfolgschancen für beide Seiten verbessert. Die Betriebe sind wichtig für den Erfolg; das dürfen wir nicht vergessen. Wir wollen auch neue Betriebe ermuntern, ihrer Verantwortung und ihrem Ausbildungsauftrag gerecht zu werden. Daher haben wir uns auf die duale Ausbildung konzentriert.
Der Paritätische Gesamtverband sammelt seit Jahren Praxiserfahrungen mit der assistierten Ausbildung in meinem Bundesland Baden-Württemberg, von 2004 bis 2008 im Rahmen des Projekts „diana“, seit 2008 im darauffolgenden, umfassenderen Projekt „carpo“. Beide Projekte wurden von CDU-geführten Landesregierungen initiiert. Bei der bundesweiten gesetzlichen Verankerung können wir jetzt von dieser langjährigen Praxiserfahrung profitieren.
Noch eine Stimme aus der Praxis: Norbert Sedlmair, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit in Lörrach, die für einen Teil meines Wahlkreises zuständig ist, hat mir bestätigt, dass assistierte Ausbildung eine sinnvolle Ergänzung des bereits vorhandenen Instrumentariums ist, und das in einem Bezirk, der seit Jahren die zweitniedrigste Jugendarbeitslosigkeit in ganz Deutschland hat.
Dank der Bemühungen und des Einsatzes der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird der Personenkreis nun erweitert, was wir für sehr sinnvoll erachten.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Der Wunsch nach einer Erweiterung der Zielgruppe wurde übrigens in der schon erwähnten Anhörung auch vom DGB geäußert.
(Kerstin Griese [SPD]: Ja, und die SPD fand das auch gut!)
– Und die SPD findet es auch gut. Sehr gut, wir sind uns einig.
Unser erstes Ziel ist die Erweiterung der Zielgruppe um junge Menschen mit einem Abschluss und ältere Jugendliche mit Vermittlungshemmnissen und sogenannter geringer Affinität zur Berufsausbildung. Dies betrifft junge Menschen, bei denen vielleicht ein Elternteil gestorben ist, eine Beziehung in die Brüche gegangen ist oder es einen Drogenabsturz gab; selbst alleinerziehende Frauen und Männer sind davon betroffen. Vielleicht muss eine zweite Ausbildung gemacht werden. All diejenigen werden jetzt von diesem Programm erfasst. Sie können eine betriebliche Ausbildung beginnen, fortsetzen oder erfolgreich zu Ende bringen, sofern Landeskonzeptionen existieren und Dritte sich mindestens mit 50 Prozent an der Förderung beteiligen; ich komme gleich darauf zu sprechen.
Unser zweites Ziel ist die Schaffung eines angemessenen und offen gestaltbaren konzeptionellen Rahmens, um auf individuelle Lebenslagen, Unterstützungsbedarfe und Vermittlungshemmnisse eingehen und mit jeweils adäquaten Angeboten flexibel reagieren zu können. Auch dieses Ziel wird erreicht.
Das dritte Ziel ist die Öffnung der Gestaltungs- und Finanzierungsoptionen für Dritte. Ich meine, die Länder und Kommunen haben genauso wie wir ein vitales Interesse daran, dass kein Jugendlicher verloren geht. Die Wirtschaft wird sich ebenfalls an der assistierten Ausbildung beteiligen – sie sucht doch händeringend nach Fachkräften. Einige IHKs und Handwerkskammern haben hier bereits entsprechende Signale gesetzt. Das sollten bitte auch Sie zur Kenntnis nehmen, Herr Kollege Birkwald.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Kerstin Griese [SPD])
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stellen die assistierte Ausbildung auf solide Füße; das wollen wir mit diesem Gesetz erreichen. Der Start erfolgt bereits zum nächsten Lehrjahr 2015/16.
Mein letzter Punkt. Eine weitere Änderung – darüber freue ich mich besonders; ich möchte es hervorheben – ist die Aufnahme der assistierten Ausbildung in den Leistungskatalog des § 115 SGB III. Dort geht es um die Förderung der Berufsausbildung und damit Teilhabe junger Menschen mit Behinderung am Arbeitsleben. Die assistierte Ausbildung stellt eine weitere wichtige Möglichkeit zur Förderung inklusiver Berufsausbildung im Betrieb für Menschen mit Behinderung dar. Sie ist damit eine Alternative zu einer außerbetrieblichen Ausbildung oder zur beruflichen Bildung in Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Damit greifen wir ein ganz wichtiges Ziel des Nationalen Aktionsplans der Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention auf.
Alles in allem ist das ein gelungener Abschluss eines Gesetzgebungsverfahrens. Ich bitte Sie alle um Ihre Zustimmung.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Vielen Dank. Das war eine punktgenaue Landung. – Nächste Rednerin ist Brigitte Pothmer, Bündnis 90/Die Grünen.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4662652 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 88 |
Tagesordnungspunkt | SGB IV optimiertes Meldeverfahren |