Brigitte PothmerDIE GRÜNEN - SGB IV optimiertes Meldeverfahren
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Birkwald hat recht: Dieses Omnibusgesetz enthält ein ganzes Konglomerat von unterschiedlichen Regelungen. Ich will hier zu zwei Punkten etwas sagen: erstens zur assistierten Ausbildung und zweitens zur Pille danach.
Frau Schmidt, wir halten die assistierte Ausbildung für ein sinnvolles Instrument. Deswegen werden wir diesem Gesetzentwurf auch zustimmen. Ich will hier aber betonen: Angesichts von 1,5 Millionen Menschen unter 35 Jahren ohne berufsqualifizierenden Abschluss ist die assistierte Ausbildung in dem angestrebten Umfang natürlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein und kann nicht ausreichen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Angesichts der Tatsache, dass wir in den Betrieben eine historisch niedrige Ausbildungsquote haben, ist es das Minimum, was Sie tun müssen. Aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Sie haben jetzt – nicht auf Ihre eigene Initiative hin, Frau Schmidt, sondern nach einer massiven Kritik der Sachverständigen bei der Anhörung – jedenfalls formal eine Ausweitung der Zielgruppe vorgenommen. Das finden wir richtig. Ich finde es richtig, dass jetzt nicht nur sozial benachteiligte oder lernbehinderte Jugendliche davon profitieren, sondern dass es eine Ausweitung auf die Gruppe gibt, deren Angehörige aufgrund besonderer Lebenslagen, wie Sie es nennen, Schwierigkeiten haben, eine Ausbildung durchzuhalten oder zu beginnen.
Warum aber setzen Sie dann die Hürden so verdammt hoch? Die Voraussetzungen für die Angehörigen dieser Gruppe, dass sie von diesem Instrument profitieren, sind: Erstens. Sie müssen in einem Bundesland leben, das ein eigenes Landeskonzept hat, welches diese besonderen Lebenslagen konkretisiert. Zweitens. Es muss eine eigene Landeskonzeption für diese assistierte Ausbildung geben. Drittens. Es muss einen Dritten geben, der mindestens 50 Prozent gegenfinanziert. Meine Damen und Herren, jetzt seien Sie doch einmal ehrlich: Das ist eher ein Verhinderungsprogramm, als dass es tatsächlich mehr Jugendliche in die Ausbildung bringt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Was ich – auch nach Ihrem Beitrag, Frau Schmidt – überhaupt nicht verstehe: Warum sollen Jugendliche, die eine vollzeitschulische Ausbildung machen, davon nicht profitieren? Das ist ein Drittel aller Auszubildenden. Glauben Sie wirklich, dass es in dieser Gruppe keine sozial Benachteiligten, keine Lernbehinderten oder keine Jugendlichen gibt, die sich in besonders schwierigen Lebenslagen befinden? Also, es macht wirklich keinen Sinn, so hohe Hürden zu setzen und diese Gruppe auszuschließen. Das kritisiere ich noch einmal ausdrücklich.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Ich habe es schon in der Ausschussberatung gesagt: Bitte legen Sie an dieses Instrument nicht die Ausschreibungsregelung der BA an. Wenn Sie das tatsächlich machen, werden Sie in der assistierten Ausbildung weder Qualität noch Kontinuität sicherstellen. Damit machen Sie ein sinnvolles Instrument kaputt.
Jetzt noch ein paar Sätze zu der Pille danach. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU/CSU – Herr Birkwald hat es schon gesagt –: Zehn Jahre lang haben Sie aus rein ideologischer Verbohrtheit verhindert, dass Frauen auch in Deutschland – wie in anderen europäischen Ländern – nach einer Verhütungspanne oder – viel schlimmer noch – nach einer Gewaltanwendung einen schnellen und unkomplizierten Zugang zu der Pille danach bekommen. Sie haben damit das Selbstbestimmungsrecht der Frau behindert.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN)
Frau Hiller-Ohm, Sie brauchen es sich überhaupt nicht an die Brust zu heften, dass sich das jetzt ändert. Das haben die Frauen nicht etwa einem Sinneswandel der Großen Koalition zu verdanken – da hat die CDU/CSU nämlich eine interessensgeleitete Einsichtsbarriere –,
(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Sehr schön!)
sondern das haben Sie ausschließlich der Europäischen Kommission zu verdanken.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich sage Ihnen: Wie gut, dass Deutschland ein Teil Europas ist; denn wenn sich die Frauen auf Sie verlassen müssten, dann wären sie verlassen.
Ich danke Ihnen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank. – Für die SPD-Fraktion erhält jetzt Michael Gerdes das Wort.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4662715 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 88 |
Tagesordnungspunkt | SGB IV optimiertes Meldeverfahren |