27.02.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 89 / Tagesordnungspunkt 17

Frank SteffelCDU/CSU - Kleinanlegerschutzgesetz

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Herr Präsident, vielen Dank. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben seit 2008 – das habe ich gerade noch einmal nachgelesen – 40 Maßnahmen und Gesetze zur Regulierung und zur Stabilisierung der Finanzmärkte beschlossen, insbesondere zum Schutz der Menschen, die am Ende die Zeche bezahlen. Insofern bin ich, sind wir sehr dankbar, dass uns – Herr Maas hat das eben vorgetragen, der Parlamentarische Staatssekretär Meister hat das im Detail ergänzt – endlich der Entwurf eines Gesetzes vorliegt, durch das die Kleinanleger, die am Grauen Kapitalmarkt investieren, geschützt werden.

Was heißt Kleinanlegerschutz? Es geht um Menschen, die nicht wissen, was sie mit ihrem Geld machen sollen, oder überlegen, wie sie eine vernünftige Verzinsung erzielen und sagen: Jetzt versuchen wir mal mit irgendwelchen innovativen Produkten vielleicht etwas für die Alterssicherung, vielleicht etwas für die Verzinsung zu erreichen. – Und insofern sind wir dankbar, dass auch der Graue Kapitalmarkt nunmehr reguliert ist.

Herr Schick hat darauf hingewiesen: Wir müssen in der parlamentarischen Beratung einige Balanceakte vollführen. Wir müssen dafür sorgen, dass wir Genossenschaften weiterhin ermöglichen bzw. innovative Produkte, alternative Projekte, wie Wohnprojekte, die sich entwickelt haben, nicht zerstören. Diese Entwicklung ist übrigens eine Reaktion auf die Finanzkrise. Das ist eine Gelegenheit, sich bei den 80 Millionen Menschen in Deutschland Geld zu beschaffen. Gleichzeitig müssen wir Menschen in die Lage versetzen, darüber zu entscheiden, wo sie ihr Geld investieren.

Es gilt der alte Satz: Kaufe kein Produkt, das du nicht verstehst! Die Menschen, die die Debatte hier von der Tribüne oder von zu Hause aus verfolgen, sollen die Botschaft mitnehmen: Wenn man Geld anlegt, dann muss man wissen, was man tut. Wenn 10 oder 15 Prozent Rendite versprochen werden, dann ist relativ sicher, dass das Produkt ein entsprechendes Risiko birgt. Insofern müssen wir einerseits gemeinsam darauf achten, dass wir Aufklärung und Produktinformation ermöglichen – das ist ein ganz wesentlicher Block –, andererseits müssen wir es den Menschen selbst überlassen, Entscheidungen zu treffen.

Auch spekulative Anlagen – das will ich ausdrücklich sagen – müssen möglich sein. Wenn jemand der Meinung ist, er möchte 500 Euro spekulativ in ein Start-up- Unternehmen investieren – und die Investition in dieses kleine Unternehmen ist mit einem hohen Risiko verbunden –, dann soll er das tun. Wir müssen nur darauf achten, dass der Kleinanleger weiß, was er tut, und dass insbesondere derjenige, der die Entscheidung trifft, nicht in existenzielle Schwierigkeiten gerät; denn dafür müsste dann wieder die Solidargemeinschaft zahlen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich bin Ihnen sehr dankbar, Herr Schick, dass Sie in einem sehr sachlichen und zielführenden Beitrag das Thema Millionengrenze angesprochen haben. Auf europäischer Ebene – in England, Frankreich und anderen Ländern – scheint sich in dem angesprochenen Segment eine Fünf-Millionen-Grenze als Maßstab zu etablieren. Wir müssen prüfen, ob wir den Standort Deutschland möglicherweise schädigen bzw. bestimmte Innovationen schwieriger machen, wenn wir die Grenze zu tief ansetzen. Wenn wir die Grenze aber erhöhen, dann müssen wir darauf achten, dass derjenige, der investiert, nicht zu viel investiert. Auch das ist – so vermute ich – weitestgehend Konsens.

Es gibt viele – ich gehöre auch dazu –, die uns raten, sehr genau zu überlegen, ob das scharfe Schwert eines Werbeverbots wirklich das angemessene Mittel ist. Man muss wissen: Für die meisten innovativen Finanzprodukte ist ein Werbe- oder Akquiseverbot, also ein Vertriebsverbot, am Ende eigentlich ein Produktverbot. Wenn ein Crowdinvestor nicht die Chance hat, im Internet bei potenziellen Investoren dafür zu werben, dass sie sich mit 100, 200 oder 300 Euro beteiligen, dann ist das schlecht, weil er die Menschen auf anderem Wege nicht erreichen kann.

Wir müssen gut überlegen, ob das, was die Verleger im Bereich der Printmedien erreicht haben, wirklich hinreichend ist. Ich halte es für eine gewisse Ungleichbehandlung, wenn wir bestimmte Werbung im Printbereich zulassen, aber in anderen Medien, beispielsweise im Bereich Fernsehen oder Radio, komplett verbieten. Das ist im Übrigen ein neuer Ansatz in der Bundesrepublik Deutschland. Bisher haben wir uns mit Werbeverboten – wie ich finde, aus gutem Grund; wenn wir den Bereich des Kinder- und Jugendschutzes und gesundheitsschädliche Produkte einmal außen vor lassen – sehr schwer getan. Insofern sollten wir intensiv miteinander darüber beraten, was der angemessene Weg ist, um die Verbraucher zu schützen.

Richtig ist, dass die BaFin tätig wird. Richtig ist, dass wir Produkte verbieten müssen. Richtig ist auch, dass der Verbraucher auf bestimmte Produkte Zugriff haben muss. Aber ich möchte am Ende nicht erleben, dass man für innovative Bürgeraktivitäten und -projekte kein Geld bekommt. Das war – wenn ich das sagen darf, Frau Kollegin Karawanskij von den Linken – ein grundsätzlicher Fehler in Ihrem Beitrag. Das Ziel mag uns einen, aber wer glaubt, dass man bei einer Verzinsung von 0 Prozent Investoren findet, der irrt. Nicht nur für die bösen Finanzinvestoren, sondern auch für die Verbraucher gilt: Wer 500 oder 1 000 Euro investiert, der möchte wenigstens eine kleine Rendite erzielen.

Wenn wir die Projekte erhalten wollen, dann müssen wir auf Transparenz und Regulierung achten. Wir müssen darauf achten, dass die Produkte geprüft werden und dass die Finanzwächter ihren Job machen können. Der Bürger soll entscheiden können, aber es soll am Ende nicht um die Existenz gehen. Wir brauchen nicht noch mehr Menschen, die in Insolvenz geraten. Davon haben wir mittlerweile viel zu viele. Das betrifft übrigens insbesondere junge Menschen und junge Familien. Da ist ein Leasingvertrag manchmal genauso gefährlich wie ein Produkt vom Grauen Kapitalmarkt. Deshalb ist das ein umfassendes Thema.

Ich freue mich auf die Beratung und bin sicher: Am Ende steht mehr Verbraucherschutz. Am Ende setzt die Koalition um, was im Koalitionsvertrag steht. Wir wollen gemeinsam versuchen, Transparenz und eine bessere Aufklärung der Menschen zu erreichen, damit möglichst niemand in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät, der eigentlich sinnvoll investieren wollte.

Herzlichen Dank.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4667462
Wahlperiode 18
Sitzung 89
Tagesordnungspunkt Kleinanlegerschutzgesetz
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