27.02.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 89 / Zusatzpunkt 7

Tom KoenigsDIE GRÜNEN - Deutsches Institut für Menschenrechte

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Deutsche Institut für Menschenrechte arbeitet seit 15 Jahren gut.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Der Bundesjustizminister Heiko Maas hat am zweiten Berliner Menschenrechtstag im September vergangenen Jahres über das DIMRG gesagt: Es arbeitet kritisch, unbequem und, wenn nötig, auch lautstark. – Ich würde hinzufügen: Es arbeitet sachlich, professionell und nah dran, nah dran an den Opfern von Menschenrechtsverletzungen, an den Menschenrechtsverteidigern, den Menschenrechten im In- und Ausland, am Menschenrechtsrat in Genf und der Zivilgesellschaft hier, die ich auf der Tribüne begrüße.

(Beifall im ganzen Hause)

15 Jahre gut gearbeitet, das heißt: Wir wollen, dass das so weitergeht, allerdings auf gesetzlicher Grundlage; denn das Koordinationsgremium der nationalen Menschenrechtsinstitute hat Prinzipien beschlossen, die Pariser Prinzipien, die die Generalversammlung der Vereinten Nationen übernommen hat, die einen gesetzlichen Status erfordern, um die Unabhängigkeit dieses Instituts zu garantieren. So ist das Institut zunächst im Jahr 2000 provisorisch akkreditiert worden, es wurde gesagt: Das Institut erhält den A-Status – im Zweifel für das Institut – 2008 wurde aber angemahnt, eine gesetzliche Regelung zu schaffen. Fünf Jahre später gab es noch immer keine gesetzliche Regelung, obwohl wir sie schon beantragt hatten. 2013 hat man sich entschuldigt: In Deutschland war Wahl. Im Oktober 2014 kam die letzte Mahnung. In einem Brief des Justizministers wurde gebeten, dies noch einmal zu vertagen. Das ICC hat das bis zum März vertagt. Die Sitzung findet vom 16. März bis 20. März dieses Jahres statt.

Am 14. September vorigen Jahres haben wir einen Antrag eingebracht, der zum Ziel hat, eine entsprechende gesetzliche Grundlage herzustellen. Fünf Monate bzw. zehn Sitzungswochen hat die Koalitionsmehrheit das verschoben – zehn Sitzungswochen lang. Sechs Geschäftsordnungsdebatten haben wir geführt. Immer hieß es: Haben Sie Geduld, haben Sie Vertrauen. – Die Geduld ist zu Ende. Das Vertrauen haben wir nicht mehr.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wir haben nun einen Gesetzentwurf eingebracht, der, abgesehen von der Jahreszahl, im Vergleich zum Referentenentwurf des Bundesjustizministers keine einzige Änderung enthält. Jetzt fragen wir uns natürlich, nachdem überhaupt nicht sachlich argumentiert wurde, warum nichts geschehen ist.

Dann gibt es die Diskussion, da sagt mir jemand: Der Vereinscharakter ist das Problem. – Das Deutsche Institut für Menschenrechte hat aber 15 Jahre gut gearbeitet, und seine Unabhängigkeit ist gerade durch den Vereinscharakter gewährleistet. Das sagen nicht nur das Forum Menschenrechte und das Institut selber, sondern auch der Deutsche Richterbund und die Bundesrechtsanwaltskammer, die uns deswegen geschrieben haben.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nur halt die Steinbach nicht!)

Der zweite Kritikpunkt lautet, dass sich dieses Institut nicht so sehr mit innerdeutschen Angelegenheiten befassen soll. Die Pariser Prinzipien besagen aber nun ganz explizit, dass sich die nationalen Menschenrechtsinstitute mit den inneren Angelegenheiten befassen sollen und die Regierungen auf Fälle von Menschenrechtsverletzungen im jeweiligen Land aufmerksam machen sollen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)

Wenn nun das Argument angeführt wird, damit solle sich das Institut nicht befassen, dann ist das genau das, was die Pariser Prinzipien verhindern wollen, nämlich die Einflussnahme vonseiten der Politik oder von anderer Seite. Das sollte man nicht tun.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Mechthild Rawert [SPD] – Michael Brand [CDU/CSU]: Nein, wir wollen ein unabhängiges Institut!)

Wenn ich mich nun frage, was los ist, dann blicke ich auf das Kabinett. Der Bundesjustizminister hat sich geäußert. Herr Steinmeier wird in Genf blamiert. Am Dienstag will er dort reden. Herr Gröhe ist einer der Väter des Instituts. Deswegen haben wir ihn auch gefeiert.

Wir haben zwei Regierungsbefragungen und Fragestunden zu diesem Thema gehabt, aber keine Antwort kam. Präsident Lammert hat dann die Auskünfte zusammengefasst und gesagt – ich zitiere –:

Das wurde es aber nicht. Ich sage konkludent: Dann ist es der Regierung nicht so wichtig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn ich jetzt auf die Regierungsfraktionen blicke, dann stelle ich fest: Die CDU überlässt das Thema, übrigens das gesamte Menschenrechtsthema, der Kampfgruppe Steinbach,

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

verstärkt durch den Pegida-Versteher Vaatz. Der ist in einer Sitzung mit dem Forum Menschenrechte geradezu ausgeflippt, sodass Frau Steinbach dann sagen musste: Arnold, mach doch mal ruhig.

(Michael Brand [CDU/CSU]: Das ist Ihre ideologische Sicht! Die Wahrheit ist es nicht!)

Wenn die CDU, die das Wort „christlich“ im Namen trägt und die die westlichen Werte immer hochhält, die Menschenrechte von ihrem rechten Rand vertreten lässt, dann viel Vergnügen mit der AfD.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Michael Brand [CDU/CSU]: Das ist aber eine Methusalemrede!)

Herrn Kauder, Herrn Tauber, der Fraktion der CDU/ CSU bedeutet das Deutsche Institut für Menschenrechte nichts und das Thema Menschenrechte auch nicht.

(Michael Brand [CDU/CSU]: So ein Unsinn! Eine Unverschämtheit!)

– Ja, Sie ärgern sich, aber es ist so, Herr Vorsitzender.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wenn Sie die Menschenrechte vom rechten Rand vertreten lassen, dann kommt genau das heraus.

(Dr. Bernd Fabritius [CDU/CSU]: Das ist eine Frechheit!)

Herr Kollege Koenigs, der Kollege Ullrich hätte noch eine Zwischenfrage.

Bitte sehr, bevor ich zur SPD komme, die Zwischenfrage.

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. – Herr Kollege Koenigs, Sie haben gerade gesagt, dass der Kollege Peter Tauber von Menschenrechten nichts hielte.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat er nicht gesagt! Richtig zitieren!)

Wie kommen Sie auf diese absurde Behauptung, und woher haben Sie dieses Zitat?

Ich habe konkludent geschlossen, wie es der Präsident des Bundestages vorgegeben hat.

(Zurufe von der CDU/CSU: Oh! – Michael Brand [CDU/CSU]: Das war ein Kurzschluss!)

Wenn sich diese Partei und die Fraktion von ihrem rechten Rand vertreten lassen, und zwar der Fraktionsvorsitzende und der Generalsekretär, dann kann es doch nur so sein, dass sie das Thema nicht interessiert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Jetzt zur stolzen Volkspartei SPD. Wenn die Dobrindt-Maut, die von niemandem gewollt wird, außer von einer kleinen, radikalen Minderheit, zur Abstimmung steht, dann werden Sie alle auf die Knie gehen und zustimmen, weil sie im Koalitionsvertrag vereinbart ist. Die gesetzliche Grundlage für das DIMR zu schaffen, steht aber auch im Koalitionsvertrag. In diesem Fall setzen Sie sich aber gegen eine kleine, radikale Minderheit nicht durch – trotz Koalitionsvertrag. Ich frage mit der Bundeskanzlerin: Wie viel kleiner will sich die SPD eigentlich noch machen?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Johannes Fechner [SPD]: Wir machen das gerade nicht! – Dr. Rolf Mützenich [SPD]: Das war ein Bärendienst für das Thema! – Michael Brand [CDU/CSU]: Das war eine Rede von vorgestern, aus den 70er-Jahren!)

Herr Kollege Vaatz, Sie erhalten die Gelegenheit zu einer Kurzintervention.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4667622
Wahlperiode 18
Sitzung 89
Tagesordnungspunkt Deutsches Institut für Menschenrechte
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