27.02.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 89 / Zusatzpunkt 7

Erika SteinbachCDU/CSU - Deutsches Institut für Menschenrechte

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Koenigs, was Sie hier eben gemacht haben, ist eine glatte Unverschämtheit. Sie sind nicht der einzige Mensch auf der Welt, der für Menschenrechte ist,

(Beifall bei der CDU/CSU)

zumal Sie in Ihren jüngeren Jahren einmal einem blutrünstigen Regime Millionenbeträge gespendet haben. Trotzdem sind Sie ein halbwegs anständiger Mensch geworden. Sprechen Sie anderen nicht den Anstand ab, dass sie sich für Menschenrechte einsetzen! Das dürfen Sie hier nicht machen. Sie können es zwar machen, aber Sie diskreditieren sich damit selbst. Ich habe Sie einmal eigentlich für einen vernünftigen Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung gehalten. Aber die Überheblichkeit, mit der Sie hier sprechen, lassen wir uns als Union nicht gefallen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Ulla Schmidt [Aachen] [SPD])

Wir wollen als CDU/CSU-Fraktion gemeinsam mit unserem Partner, der SPD, das Deutsche Institut für Menschenrechte stärken. Da haben wir noch einige Gespräche vor uns, die wir gemeinsam auf den Weg bringen. Wir sind in Verhandlungen und werden sie auch fortführen. Ich bin überzeugt: Wir kommen zu einem guten Ergebnis.

Dieses Institut ist seinerzeit mit Stimmen aller in diesem Hause ins Leben gerufen worden. Meine Fraktion – wir „Menschenrechtsfeinde der CDU/CSU-Fraktion“, wenn Sie es wissen wollen – war auch dabei. Aber die Anforderungen, die an dieses Institut gestellt werden, sind nicht in vollem Umfang gemäß den Pariser Prinzipien. Es fehlt formal an einer gesetzlichen Grundlage. Es mangelt aber auch an einem weiteren wesentlichen Kriterium, an der notwendigen Breite der gesellschaftlichen Basis.

Dennoch erhielt dieses Institut im Jahr 2001 durch den Akkreditierungsausschuss des ICC – einem Zusammenschluss der nationalen Menschenrechtsinstitutionen –erstaunlicherweise den A-Status, der eigentlich eine volle Übereinstimmung mit den Pariser Prinzipien voraussetzt. Im Nachgang wurden dann Forderungen erhoben, das zu heilen. Zu dem Zeitpunkt, als diese Forderungen erhoben wurden, 2008, hatte dieses Institut ganze 14 Mitglieder. Auch heute scheint mir die angesprochene Breite noch nicht so zu sein, wie es nach unserem Dafürhalten erforderlich ist.

Wir wollen als CDU/CSU-Fraktion dem Deutschen Institut für Menschenrechte eine Grundlage schaffen, die den Pariser Prinzipien voll und ganz entspricht.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dieses Institut wirbt seit geraumer Zeit mit Nachdruck für eine Beibehaltung seiner bestehenden Vereinsstruktur. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat sich diese Haltung bislang zu eigen gemacht. Eine solche Lösung halten wir nicht für verfassungskonform; das sind unsere Bedenken. Der Gesetzgeber darf nach Artikel 9 des Grundgesetzes eingetragenen Vereinen keine dauerhafte Regelung zur gesetzlichen Vorgabe machen, da so die Mitgliederversammlung des Vereins in ihrer Gestaltungsfreiheit eingeschränkt würde. Da müssen wir sehen, wie wir einen Weg finden, die Inhalte und die Form kompatibel zu machen.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo steht das denn, Frau Steinbach?)

Um dieses Problem zu vermeiden, haben wir eine andere Rechtsform vorgeschlagen. Vielleicht gibt es aber auch noch andere Wege, die Dinge zu lösen; das will ich gar nicht ausschließen.

Das dänische Menschenrechtsinstitut ist übrigens an das Außenministerium angegliedert, ohne dass dies durch das ICC kritisiert worden wäre. In Frankreich untersteht das Menschenrechtsinstitut dem Premierminister. Eine formale Angliederung an ein Ministerium bedeutet also prinzipiell keine unzulässige Einschränkung der Unabhängigkeit des Instituts im Sinne der Pariser Prinzipien.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Natürlich, natürlich!)

Sonst dürfte das dänische Institut ja nicht den A-Status haben; schließlich ist es dort beim Außenministerium angesiedelt.

Wir schlagen das Auswärtige Amt deshalb vor, weil dort bereits der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung angesiedelt ist. Somit könnte auch die Kompetenz im Bereich der Menschenrechte dort zusammengeführt, gebündelt werden.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie lange wollen Sie denn noch prüfen?)

Aber wir sind darauf nicht festgelegt. Grundsätzlich wäre es für uns auch vorstellbar, das Institut an den Deutschen Bundestag, an das Bundeskanzleramt oder auch an ein anderes Ministerium anzugliedern. Da ist eine Bandbreite vorhanden, über die man sich unterhalten kann.

Im Übrigen sind wir der Auffassung, dass man die Menschenrechtssituation in Deutschland nur zutreffend bewerten und konstruktiv kritisieren kann, wenn man die nationale Situation mit der internationalen in eine Beziehung setzt. Das entspricht im Übrigen durchaus der Satzung des Deutschen Instituts für Menschenrechte. Dort heißt es in § 2 Ziffer 1:

Man hat in der Satzung gleich zu Beginn festgelegt, dass beides zusammengehört, und so ist es ja auch.

Uns ist wichtig: Wir wollen die erforderliche Unabhängigkeit der Institution im Gesetz ausdrücklich festschreiben. Kein Mensch will dieses Institut bevormunden; niemand, auch wir nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Warum machen Sie es dann nicht einfach?)

Die Basis der Mitglieder muss pluralistisch zusammengesetzt sein, sodass sich die Breite der Zivilgesellschaft am Ende dort auch wiederfinden kann. Das Verfahren für die Aufnahme in diesen Kreis muss auch transparent sein und transparent gestaltet werden.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Seit September letzten Jahres verhandeln wir darüber!)

Im Einrichtungsbeschluss für das Institut, den alle Fraktionen im Jahr 2000 mitgetragen haben, heißt es wörtlich:

Mancher regt sich darüber auf, dass wir sagen: Auch die Bundesregierung kann dort Aufträge erteilen, wenn sie etwas wissen möchte. – Das entspricht voll unseren eigenen Vorstellungen.

Noch eine Bemerkung zum Schluss. Die Statusübersicht des ICC, das übrigens keine völkerrechtlich anerkannte Organisation ist – entgegen dem, was man landauf, landab leider viel zu häufig lesen kann; entgegen dem, was rechtlich, formal vorhanden ist –, sondern lediglich ein Zusammenschluss nationaler Menschenrechtsinstitutionen, zeigt, dass der Status am Ende keinerlei Rückschlüsse auf die Menschenrechtslage in dem betreffenden Land zulässt.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sagen Sie jetzt noch etwas zum Zeitplan?)

So sind zum Beispiel, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Institutionen Afghanistans, Nigerias, Venezuelas, Aserbaidschans und Russlands, um nur einige Beispiele zu nennen, mit dem A-Status akkreditiert. Nigeria! „ Boko Haram“, sage ich da nur.

(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Boko Haram ist doch nicht die Regierung von Nigeria! Das ist selbst unter Ihrem Niveau!)

Das macht doch deutlich, dass die Situation eines Landes bezogen auf die Menschenrechte nicht am Status eines Instituts zu messen ist. Die Institutionen von Österreich, Belgien, Schweden und Norwegen haben den B-Status, und die Institution der Schweiz hat den C-Status.

Über den Erhalt des deutschen A-Status entscheiden aktuell übrigens

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann soll das sein?)

Vertreter der nationalen Menschenrechtsinstitutionen aus Kanada, aus Palästina, aus Mauretanien und aus Frankreich. Man könnte natürlich ironisch sagen, dass damit faktisch die Hamas die Arbeit unseres Deutschen Instituts für Menschenrechte bewertet, und das will ich gar nicht weiter kommentieren.

(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ja hanebüchen, was Sie hier vortragen! Wissen Sie eigentlich, worüber Sie reden? – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Die CDU sitzt einfach so da und hört sich das an!)

Wir streben nach wie vor eine zeitnahe Einigung an und sind gesprächsbereit. Wir wollen das Institut auf eine gute, sichere Grundlage, auf der es frei arbeiten kann, stellen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Frau Steinbach, auf welchen Irrweg haben Sie sich eigentlich verlaufen?)

Als nächste Rednerin hat Annette Groth von der Linken das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4667629
Wahlperiode 18
Sitzung 89
Tagesordnungspunkt Deutsches Institut für Menschenrechte
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