Johannes FechnerSPD - Deutsches Institut für Menschenrechte
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! In der Tat leistet das Deutsche Institut für Menschenrechte seit über 15 Jahren wichtige Arbeit. Es liefert umfassende Berichte und wird von vielen gesellschaftlichen Organisationen geschätzt und respektiert. Dabei räume ich ein, dass die Berichte oft kritisch sind und ich nicht jeden Satz unterschreiben würde; aber immer – und das ist ja die Aufgabe des Instituts – sind es fundierte und lesenswerte Beiträge zu aktuellen Menschenrechtsthemen.
Gerade weil wir im Rahmen der Außenpolitik im Ausland von vielen Staaten die Einhaltung der Menschenrechte fordern, wäre es eine große Blamage, wenn ausgerechnet wir selbst den A-Status verlieren und das Institut in die zweite Menschenrechtsliga absteigen würde.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Lassen Sie uns diese Blamage alle gemeinsam verhindern.
Die SPD macht sich alles andere als klein, Herr Kollege Koenigs.
(Tom Koenigs [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Inschallah!)
Wenn Sie wüssten, zu welchen Tageszeiten und wie intensiv wir mit unseren Freunden von der Union hierüber verhandelt haben, dann wüssten Sie, dass wir schon eine Menge verhindert haben,
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kriegen Sie Nachtarbeitszuschlag? – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das tut uns auch leid, aber wir wollen Ergebnisse sehen!)
insbesondere das Modell der öffentlich-rechtlichen Anstalt.
Wir brauchen also ein Gesetz, das die staatliche Unabhängigkeit des Instituts garantiert. Ich finde, zu Recht hat der Deutsche Bundestag im Jahr 2000 das Deutsche Institut für Menschenrechte als Verein gegründet, und zwar mit Zustimmung aller Fraktionen im Bundestag.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wenn nun die Tätigkeit des Instituts von den Verbänden allseits gelobt wird, warum sollen wir dann diese Struktur, die sich in den letzten 15 Jahren bewährt hat, ändern?
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich finde, es ist geradezu logisch, die Vereinsstruktur beizubehalten. Deshalb war es richtig, dass in dem Gesetzentwurf des Justizministers vorgesehen war, das Institut als Verein fortzuführen. In der Ressortabstimmung hatten alle Minister keine Einwände und haben zugestimmt. Ich war überrascht und habe kein Verständnis dafür, dass dieser Gesetzentwurf im Kanzleramt gestoppt wurde.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Frank Schwabe [SPD] und Annette Groth [DIE LINKE])
Der Vorschlag der Union, eine Anstalt des öffentlichen Rechts im Auswärtigen Amt einzurichten, hilft nicht. Ich glaube, das wäre der direkte Weg in den Entzug des A-Status; denn dann wäre das Institut der Fach- und auch der Rechtsaufsicht unterworfen. Damit wäre es nicht mehr unabhängig, was der Fall sein muss, wenn wir die Pariser Prinzipien einhalten wollen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Hinzu kommt, dass wir für die von Ihnen gewünschte Schwerpunktverlagerung hin zur Auslandsbeobachtung der Menschenrechtssituation, was sicherlich eine wichtige Aufgabe ist, andere Stellen haben, zum Beispiel den Menschenrechtsbeauftragten im Auswärtigen Amt. Das Deutsche Institut für Menschenrechte soll ja gerade nicht nur die Menschenrechtssituation im Ausland beobachten, sondern seinen Schwerpunkt auf die Beobachtung der Menschenrechtssituation in Deutschland legen.
(Beifall bei der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich habe auch Zweifel, ob das Deutsche Institut für Menschenrechte, wie es heute aufgestellt ist, personell überhaupt in der Lage wäre, die von Ihnen gewünschten weiteren Aufgaben, was die Prüfung der Menschenrechtssituation im Ausland angeht, zu übernehmen. Sie müssten Vorschläge unterbreiten, wie Sie das Personal aufstocken wollen.
Insbesondere nicht nachvollziehen kann ich den Einwand, dass hier ein Verstoß gegen das Vereinsrecht vorliegen soll – mal ganz abgesehen davon, dass das seit 15 Jahren problemlos funktioniert –; denn im Gesetzentwurf heißt es ausdrücklich, dass der Verein die deutsche nationale Menschenrechtsinstitution ist,
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
wenn und solange der Verein die gesetzlich vorgegebenen Aufgaben wahrnimmt und die pluralistischen Vereinsstrukturen einhält. Das heißt, der Verein ist grundsätzlich frei. Er kann machen, was er möchte. Die Mitgliederversammlung kann beschließen, was sie will. Natürlich besteht das Risiko, dass Zuschüsse entzogen werden, wenn sich der Verein von den vom Gesetzgeber vorgesehenen Aufgaben abwendet. Aber ein Verstoß gegen die Vereinsfreiheit liegt hier auf keinen Fall vor.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Gerade weil wir von vielen Diktaturen in der Welt die Einhaltung von Menschenrechten fordern und gerade weil das Institut eine wichtige Funktion hat und von den Verbänden allseits geschätzt wird, wäre der Verlust des A-Status eine riesige Blamage für Deutschland. Ich appelliere deshalb an die Union, die Blockade aufzugeben – wir haben nicht mehr viel Zeit – und in den jetzt anstehenden Beratungen den Weg freizumachen für eine gesetzliche Grundlage für eine Institution, die seit vielen Jahren hervorragend arbeitet, die wertvolle Arbeit leistet, als staatlich unabhängiger Verein. Liebe Frau Steinbach, lassen Sie uns in diesem Punkt konservativ sein: Bewahren wir Bewährtes.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/4667707 |
Wahlperiode | 18 |
Sitzung | 89 |
Tagesordnungspunkt | Deutsches Institut für Menschenrechte |