27.02.2015 | Deutscher Bundestag / 18. WP / Sitzung 89 / Tagesordnungspunkt 20

Metin HakverdiSPD - Umsetzung der EU-Bilanzrichtlinie

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Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Bevor ich beginne, möchte ich von dieser Stelle aus dem Geburtstagskind Christian Lange, dem Parlamentarischen Staatssekretär, alles Gute zum Geburtstag wünschen. Ich wünsche ein schönes Wochenende. Feiere gut!

(Beifall)

In der Sache haben wir schon viel Richtiges gehört. Mit dem vorliegenden Entwurf eines Umsetzungsgesetzes soll die EU-Bilanzrichtlinie aus dem Juni 2013 umgesetzt werden. Wir sind bei der Umsetzung in nationales Recht unter Zeitdruck; das wurde hier schon gesagt. Bis zum 20. Juli dieses Jahres muss die Richtlinie umgesetzt worden sein.

Mit dieser Richtlinie wird eine weitere Harmonisierung des Rechtsrahmens der Rechnungslegung im europäischen Binnenmarkt vorgenommen. Die Umsetzung erfordert, dass zahlreiche Gesetze, insbesondere das Einführungsgesetz zum Handelsgesetzbuch, geändert werden. Mit dieser Gesetzesänderung wird den kleinen und mittelständischen Unternehmen in unserem Land das Leben erleichtert.

Ein wesentlicher Baustein dieser Gesetzesänderung ist die Anhebung von Schwellenwerten bei der Klassifizierung der Größenklassen nach Handelsrecht. Die Kapitalgesellschaften werden im Handelsgesetzbuch nach Größenklassen, nämlich in kleine, mittelgroße und große Unternehmen, unterteilt. Die Eingruppierung als kleine, mittelgroße oder große Kapitalgesellschaft hat Auswirkungen auf den bürokratischen Aufwand, der bei Aufstellung und Prüfung der Bilanz zu beachten ist. Vereinfacht gesagt: Die Anforderungen an die Aufstellung und Prüfung der Bilanzen nehmen zu, je höher die Kapitalgesellschaft eingruppiert wird.

Angehoben werden die Schwellenwerte – das ist hier schon gesagt worden – für diese Eingruppierung in die drei Größenklassen hinsichtlich der Merkmale Bilanzsumme und Umsatzerlöse. Für kleine Kapitalgesellschaften wird der Schwellenwert bei der Bilanzsumme von 4,84 Millionen Euro auf 6 Millionen Euro erhöht, für mittelgroße Kapitalgesellschaften auf 20 Millionen Euro. Die Schwellenwerte für das Merkmal Umsatzerlösewerden für kleine Kapitalgesellschaften von 9,68 Millionen Euro auf 12 Millionen Euro erhöht und für mittelgroße Kapitalgesellschaften auf 40 Millionen Euro.

Die Schwellenwerte für die Befreiung von den Konzernrechnungslegungspflichten werden ebenfalls angehoben. Das Merkmal Bilanzsumme wird dort auf 20 Millionen bzw. 24 Millionen Euro erhöht, das Merkmal Umsatzerlöse auf 40 Millionen bzw. 48 Millionen Euro.

Diese Anhebung der Schwellenwerte führt im Ergebnis dazu, dass circa 7 000 Unternehmen, die bisher als mittelgroß eingestuft wurden, nunmehr als kleine Kapitalgesellschaften gelten. Für diese Unternehmen bedeutet das eine erhebliche Entlastung. Zum Beispiel müssen kleine Kapitalgesellschaften – das ist hier ebenfalls bereits gesagt worden – ihren Jahresabschluss anders als mittelgroße Kapitalgesellschaften nicht extern von einem Wirtschaftsprüfer prüfen lassen. Das ist eine große Erleichterung. Im Übrigen sind auch die Offenlegungspflichten kleiner Kapitalgesellschaften generell geringer.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Anhebung von Schwellenwerten beschränkt sich also nicht bloß auf die Änderung von Zahlenwerten. Es handelt sich um eine handfeste Mittelstandsförderung. Die kleinen und mittelständischen Unternehmen werden hinsichtlich ihrer Bilanzierungspflichten signifikant entlastet.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Mittelstand, also die kleinen und mittelständischen Unternehmen, sind tragende Säulen unserer Wirtschaft. Wirtschaftspolitik – ob nun auf europäischer Ebene oder auf Bundesebene – muss bei der Gesetzgebung besonders auf die Interessen des Mittelstandes achten. Die wirtschaftliche Prosperität unseres Landes hängt maßgeblich vom Erfolg unserer kleinen und mittelständischen Unternehmen ab.

Der bürokratische Aufwand, der den Unternehmen im Allgemeinen und den kleinen und mittelständischen Unternehmen im Besonderen aufgebürdet wird, muss in einem angemessenen Verhältnis zum bezweckten Ziel stehen. In diesem Sinne ist der vorhandene Rechtsrahmen immer wieder zu evaluieren und gegebenenfalls auch anzupassen.

Abschließend will ich auf eine sehr wichtige Neuerung hinweisen, die hier auch schon angesprochen wurde. Dabei geht es um die Korruptionsbekämpfung innerhalb der Europäischen Union. Unternehmen aus Europa beziehen Mineralien, Öl oder Holz zumeist aus Entwicklungs- und Schwellenländern. Für den Abbau dieser Rohstoffe werden an die jeweiligen Regierungen Zahlungen geleistet, und zwar in Form von Steuern, Konzessionsabgaben oder Lizenzabgaben. In einigen dieser Länder versickern diese Einnahmen jedoch durch Korruption und Steuerflucht oder werden sogar zur Finanzierung von militärischen Konflikten genutzt. Das führt dazu, dass der vorhandene Rohstoffreichtum der Bevölkerung des jeweiligen Landes nicht zugutekommt.

Durch diese Richtlinie wird – das ist im Entwurf des Umsetzungsgesetzes berücksichtigt worden – eine Informationspflicht für Unternehmen geschaffen, die im Bereich der Mineralgewinnung – das sind vor allem die Bereiche Erdöl- und Erdgasförderung sowie Bergbau – tätig sind. Nach Angaben des Bundesministeriums für Justiz und Verbraucherschutz sind in Deutschland circa 60 Unternehmen betroffen. Die betroffenen Unternehmen müssen einen jährlichen Zahlungsbericht erstellen. Darin sind Zahlungen ab 100 000 Euro aufzuführen, die an staatliche Stellen geleistet wurden. Der Zahlungsbericht ist nach Staaten zu gliedern und projektbezogen zu prüfen.

Durch diese Offenlegungspflicht werden den Menschen in den ressourcenreichen Ländern Informationen zur Verfügung gestellt, mit denen sie vor Ort Korruption aufdecken können. Sie können aber auch die Regierung dazu verpflichten, die Einnahmen aus dem Geschäft mit den Rohstoffen für Entwicklungsförderung einzusetzen. Zumindest müssen die jeweiligen Stellen erklären können, was mit dem Geld aus dem Rohstoffhandel passiert ist.

Das Gesetz wird langfristig gute Regierungsführung und verantwortungsvolles wirtschaftliches Handeln von Unternehmen in Entwicklungsländern fördern. Mit dem Umsetzungsgesetz wird damit auch ein wichtiger Beitrag in der Entwicklungshilfepolitik geleistet.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)

Herzlichen Dank. – Ich schließe die Aussprache.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/4667803
Wahlperiode 18
Sitzung 89
Tagesordnungspunkt Umsetzung der EU-Bilanzrichtlinie
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